Köln – „Jeder Mensch hat das Recht, den zu lieben, den er möchte“, sagt Lara Nowotny, Grafikdesignerin bei der Stadt und am Sonntag Teilnehmerin der Demonstrationsparade des 30. Kölner Christopher Street Day. Sie hat die Rikschas der Gruppe „Buntwerk“ gestaltet, des Netzwerks der LSBTI-Mitarbeitenden in der Stadtverwaltung Köln. „LSBTI“ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen, die insgesamt auch als „queer“ bezeichnet werden.
„Buntwerk“ war eine von rund 100 Gruppen, Vereinen und Organisationen, die bei Regenwetter von der Bayenstraße, Ecke Ubierring die Rheinuferstraße bis zum Heumarkt und weiter über die Deutzer Brücke bis zum Bahnhof Deutz zogen. Circa 10 000 Menschen marschierten mit. „Es ist toll, dass wir nach so langer Zeit alle zusammen auf der Straße stehen“, sagte Hugo Winkels, Sprecher des Kölner Lesben- und Schwulentags (Klust), der das Festival „Cologne Pride“ und als Herzstück dessen den dreitägigen CSD veranstaltet. Sein Vorstandskollege Jens Pielhau kritisierte „mit Wut im Bauch“, dass Oberbürgermeisterin Henriette Reker nicht dabei war, obwohl sie „Diversität propagiert“.
Für die Stadt sprach Bürgermeister Andreas Wolter, der Gäste aus Kölns Partnerstädten Kattowitz, Lille und Esch-sur-Alzette begrüßte. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne), Stammgast des Kölner CSD, sagte, dieser sei von Anfang an „nicht nur eine Party, sondern immer auch eine politische Ansage“ gewesen. Gerade in Zeiten zunehmender Gewalt gegen Minderheiten gelte es, ohne falsche Bescheidenheit „volle Rechte“ einzufordern.
Wie Wolter nannte sie Beispiele. Artikel 3 des Grundgesetzes müsse um das Merkmal der sexuellen und geschlechtlichen Identität ergänzt, das Blutspendeverbot für Schwule aufgehoben, die Ehe lesbischer Frauen gleichwertig behandelt und das Transsexuellengesetz durch ein „Selbstbestimmungsgesetz“ abgelöst werden. Doch im Bundestag habe die Mehrheit „gegen die Reformen gestimmt“. In Abwandlung eines Brecht-Worts schloss sie: „Ändere die Regierung, die Welt braucht es.“
Demo-Teilnehmer mussten geimpft, genesen oder negativ getestet sein, zudem herrschte Maskenpflicht. Im Zug waren Amnesty International und Pro Familia ebenso vertreten wie der Verband der Feuerwehren in NRW, Ford Globe oder die German Drag Queens & Friends. Dazu politische Parteien und Sport-Gruppen, etwa der 1. FC Köln und sein Fanclub „Andersrum rut-wiess“ sowie der SC Janus, der älteste schwul-lesbische Sportverein Europas. Mit eigenem Wagen nahm die Gruppe „Rosa Lëtzebuerg“ teil, deren Präsident Tom Hecker sagte: „Wir wollen zeigen, dass Luxemburg ein starker Vertreter der Menschenrechte ist.“ Es passte zum CSD-Motto: „Für Menschenrechte. Viele. Gemeinsam. Stark.“
Bis Sonntagabend ist an der Lanxess-Arena das „CSD-Veedel“ aufgebaut: Bühnen, Biergarten, eine Picknickwiese, Informations- und Verkaufsstände. Auf einer Podiumsdiskussion sprachen sich zwar Karl Lauterbach (SPD), Sven Lehmann (Grüne), Jens Brandenburg (FDP), Sandra von Möller (CDU) und Madeleine Eisfeld (Linke) gemeinsam dafür aus, Paragraf 3 des Grundgesetzes zu erweitern, das Blutspende-Verbot für Schwule aufzuheben und so genannte Regenbogenfamilien rechtlich zu stärken, aber es wurden auch Differenzen deutlich.
Lauterbach warf der Union vor, sie habe Reforminitiativen blockiert. Von Möller erwiderte unter anderem, die Union habe „angestoßen“, dass die Bundesärztekammer das Blutspende-Verbot überprüfe. Eisfeld, eine Trans-Frau, die sich als „Mehrfach-Diskriminierte“ bezeichnet, mahnte: „Wir müssen uns in Grundsatzfragen einig sein und Parteidifferenzen hintanstellen.“
Auf der Wiese trafen sich hochrangige Vertreter von Vereinen und Institutionen aus dem Sport, um ein Zeichen gegen Diskriminierung – besonders im Fußball – zu setzen. Im Rahmen des CSD-Empfangs, den das Queere Netzwerk NRW und die Aidshilfe NRW im VHS-Form gaben, wurde die Kampagne #ActOut, die sich für mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz queerer Menschen in der Kulturbranche einsetzt, mit der „Kompassnadel“ des Netzwerks ausgezeichnet.