Köln – Der Christopher Street Day ist neben Karneval die größte Party Kölns – und mindestens genauso bunt. Vor allem in der Innenstadt und auf der Schaafenstraße feiern drei Tage lang Homosexuelle und Transmenschen gemeinsam mit Fetischisten, Pansexuellen, Heterosexuellen und Menschen aller Couleur. Das Highlight des Wochenendes wird die große Demonstration am Sonntag. Doch auch die Eröffnung am Freitag lockte bereits tausenden Menschen nach Köln.
Gwendolyn reist jedes Jahr aus München an, um das CSD-Wochenende in der Domstadt zu verbringen. „Es ist immer etwas Besonderes – aber jetzt ist es noch schöner als letztes Jahr, als wegen Corona die Veranstaltungen im kleineren Rahmen rund um die Lanxess-Arena stattfinden mussten“, sagt die Trans*frau.
CSD in Köln: Party mit politischem Hintergrund
Sie hofft, dass die Ankündigungen wahr werden und tatsächlich mehr Menschen als noch 2019 am Sonntag bei der Parade mitlaufen. Damals waren es 1,2 Millionen. „Den politischen Hintergrund sollten wir nicht vergessen. Auch wenn es zu zwei Dritteln die größte und schönste Party ist.“
Der politische Hintergrund des CSD ist für Nika B. und Ale O. nicht wegzudenken. Beide identifizieren sich als bisexuell und sind erst vor knapp einer Woche aus Odessa nach Köln gekommen. Sie besuchten direkt den CSD in Düsseldorf, doch eine Szene wie auf der Schaafenstraße ist für sie noch neu und aufregend.
Ukrainische Besucher aus Odessa beim CSD in Köln
„Wir hatten auch in Odessa eine Pride-Demonstration“, sagt B. „Aber wir waren viel weniger und wurden rechts und links von langen Reihen von Polizisten beschützt.“ O. traute sich wegen der Anfeindungen nicht auf die Demonstration in Odessa. In Köln wollen sie an den drei Tagen jetzt möglichst viel sehen und erleben.
Tilman Schenk wird auch alle drei Tage unterwegs sein. Im engen schwarzen Latex-Outfit steht er in vor der Bühne am Heumarkt und stößt mit anderen an, die ähnlich gekleidet sind. Während die beiden Ukrainerinnen die queere Szene in Köln entdecken, prägt er sie seit acht Jahren mit. Alle zwei Monate veranstaltet er auf der Schaafenstraße eine „Rubber-Kneipentour“. Er zieht dann mit Menschen, die denselben Fetisch haben oder ihn ausprobieren wollen durch die Bars und Clubs. Teilweise kommen so mehr als 60 Menschen zusammen.
Fetisch frei ausleben
„Wir können dann oft ein Bingo spielen, denn es kommen immer dieselben Fragen: Schwitzt ihr nicht? Machst du das Outfit selber? Darf ich mal anfassen? So viele haben Interesse, aber nur wenige trauen es sich dann wirklich mal.“
Den Stoff anzufassen sei okay, aber nur, wenn vorher auch gefragt wurde, sagt Schenk. Der Fetisch habe nicht nur etwas mit der Sexualität zu tun. Er schaffe eine Gemeinschaft, heben einen ab von der Masse. Aber auch wie der Stoff riecht und wie er sich anfühlt spiele eine große Rolle.
Männer in Hundemasken
Auch andere Fetische sieht man unter den Tausenden Feiernden. Zwei Männer, die sich Doge und Astro nenne, tragen Hundemasken. Doge ist aus Tschechien angereist, Astro wohnt in Berlin und kommt aus den USA. Die Puppy-Szene sei in Köln die größte in Deutschland.
Vor einem Monat sei hier auch „Puppy Germany“ gewählt worden, ähnlich zur Mr. Oder Ms. Germany-Wahl. Die beiden freuen sich auf den eigenen Puppy-Wagen auf der Demo am Sonntag. Inofizielles Motto: Für Menschenrechte – und auch für Puppy-Rechte.
Party rund um den Friesenplatz
Auch vor der Boize-Bar in der Nähe des Friesenplatzes steigt eine CSD-Party. Die Bar hat sich zum gefragten Szenetreff entwickelt, insbesondere für queere Frauen. Die enge Straße ist voll mit Menschen, Autos fahren nur in Schrittgeschwindigkeit. Hier stehen Rebecca L. und Franzi M. aus München und diskutieren über den Charakter des Wochenendes.
Für M. ist es eine große Party, für L. hingegen ist der politische Aspekt mindestens genauso wichtig. Sie finden einen Kompromiss: Auch das Feiern ist politisch, denn so könne sich jeder zeigen, wie er oder sie ist oder sein will – ohne dafür diskriminiert zu werden.