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EM in der Kölner InnenstadtJubel nach Deutschland-Sieg – aber noch keine Euphorie

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Jubel im Biergarten am Aachener Weiher

Köln – Die Erleichterung über den ersten Sieg der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der Europameisterschaft war nach dem Abpfiff geradezu spürbar. Aber offenbar hallte auch die Sorge nach, dass es wieder hätte schief gehen können. Natürlich strömte Jubel durch die Kölner Innenstadt, aber von Euphorie konnte keine Rede sein. Nun ja, ein Sieg in der Gruppenphase ist eben auch kein Titelgewinn.

Es waren viele Menschen auf den Ringen unterwegs. Die sonst üblichen Autokorsos mit hupenden Fahrern und aus den Fenstern hängenden Beifahrern gab es indes kaum. Auch eine viertel Stunde nachdem der 4:2-Sieg über Portugal besiegelt war, stand noch niemand Fahne schwingend auf dem Hohenzollernring.

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Viele Deutschland-Fans waren auf den Kölner Ringen unterwegs.

Vielleicht lag es auch an der hohen Polizeipräsenz. Viele Mannschafts- und Streifenwagen sowie Motorräder patrouillierten unübersehbar durch die Straßen. Die Ordnungskräfte hatten nach den Vorkommnissen an Hotspots wie dem Aachener Weiher, wo zuletzt hunderte Menschen feierten, als sei die Pandemie bereits vorüber, auch am Samstag ihre Personalstärke erhöht.Am Aachener Weiher saßen während des Spiels nur vereinzelt kleine Personengruppen. Die Reiterstaffel, die entspannt um den Weiher trabte, musste am frühen Abend nicht eingreifen. „Es ist zurzeit überall sehr ruhig“, sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage.

Biergarten am Aachener Weiher wie üblich voll

Im Biergarten am Aachener Weiher war es jedoch wie üblich voll. Die trübe Stimmung nach dem ersten Tor, das Portugals Fußballheiligtum Cristiano Ronaldo jemals gegen die Deutschen geschossen hatte, verflog nach den schnellen Treffern der Deutschen sofort. Die etwa 400 Menschen dort feierten ausgiebig und mit Sprechchören. Manche skandierten gar „1. Fußballclub Kööööln“, der aktuell nun mal so gar nichts mit der Nationalmannschaft zu tun hat. Wer weiß, vielleicht hilft es für die kommende Bundesliga-Saison.

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Im Biergarten am Aachener Weiher war es jedoch wie üblich voll. 

Auf dem Brüsseler Platz besprachen sich die acht „Vermittler“, die im Auftrag der Stadt die Feiernden an die immer noch geltenden Corona-Bestimmungen erinnern sollten. Sie bekamen vorerst wenig zu tun. Die Fans saßen in der Außengastronomie, die rege genutzt wurde. So auch in der Fußballkneipe Gottes Grüne Wiese. „Wir mussten leider reihenweise Leute wegschicken, weil kein Platz mehr frei war“, sagte Wirt Peter Ritter. Die, die Glück hatten, mussten sich zuvor einen Tisch reservieren. Bedingung: ein Pittermännchen kaufen. Das jedoch hätten die Menschen an den einzelnen Tischen ohnehin vertrunken.

Gemächlicher Jubel in der Kölner Altstadt

In der Altstadt ging es derweil gemächlicher zu. Es war voll, aber nicht überfüllt. An die Maskenpflicht in den Gassen hielt sich kaum jemand. Auch die meisten Wirte, die eigentlich dafür sorgen sollten, dass niemand von außen auf ihre Bildschirme mit der Fußballübertragung blicken können sollte, um ungeregelte Menschenansammlungen zu vermeiden, taten wenig, um diese Vorgabe der Stadtverwaltung zu erfüllen. Und das nicht nur in der Altstadt. Dafür läuteten kurz vor der Spielende die Glocken des Doms – mit dem Match dürfte das aber nichts zu tun gehabt haben.

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Am Stadtgarten spielte sich während der Übertragung seltsames ab. Während die Menschen im Biergarten schon über den zweiten Treffer des Deutschen Spielers Kai Havertz jubelten, zogen die Kneipen, die in Hörweite an der Venloer Straße sind, mit einigen Sekunden Verzögerung nach – offenbar hatten sie ein langsameres TV-Bild. Aber das EM-Fieber erreicht so langsam die Kölnerinnen und Kölner, soviel steht fest. In den Veedeln hatten manche ihren Fernseher einfach auf die Fensterbank gestellt, um mit Nachbarn auf Stühlen und Bänken auf dem Bürgersteig das Spiel zu verfolgen. Auch die Zahl der Menschen in Deutschland-Trikots steigt. Wenngleich sie noch meilenweit von der Zahl früherer Welt- oder Europameisterschaften entfernt ist.

Und die Portugiesen in Köln?

Und die Portugiesen in Köln? In der Stadt leben rund 5000 von ihnen. Etwa 80 davon verfolgten – meist in den roten Trikots ihres Teams - das Spiel auf einer Leinwand im Café Luso an der Liebig Straße. „Gegen Deutschland ist es immer schwer“, ahnte Inhaber Filipe Almeida schon im Voraus. Auch einige Meter weiter, im Restaurant Los Conquistadores, waren Antonio Tavares und Antonio Ribeiro vor Beginn skeptisch. „Es hat nun mal jeder die Chance zu gewinnen. Wenn wir es sind, freue ich mich natürlich. Wenn nicht, ist es auch ok“, sagte Tavares. „Wenn der bessere siegt, dann ist es in Ordnung“, meinte Ribeiro. Insofern dürfte sich seine Trauer in Grenzen halten. Zumindest nach dieser Partie.