Nach einem intensiven Wahlkampf feiert die Linke in Köln am Wahlabend ihren deutlichen Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde.
„Es ist abgefahren“Linke in Köln feiert historisches Wahlergebnis

Auf der Wahlparty der Kölner Linken kommen die Mitglieder aus dem Jubeln nicht mehr raus: Mit einem so guten Ergebnis habe man nicht gerechnet.
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Am Sonntagmorgen war Lea Reisner zwei Stunden mit Hund und ohne Handy im Wald spazieren. Die 36 Jahre alte Kölner Linken-Politikerin wollte noch mal durchatmen und einen „abgefahrenen Wahlkampf“ sacken lassen, in dem die Linken sich fulminant aus dem Unter-Fünf-Prozent-Nirwana herausgearbeitet haben. Später durfte die Krankenpflegerin und Seenotretterin dann über ein „irres Ergebnis“ jubeln.
In Köln holten die Linken mit 14,9 Prozent ihr historisch bestes Ergebnis. Ihre 11,5 Prozent von 2017 knackten sie deutlich. In den Stadtteilen Höhenberg, Humboldt-Gremberg, Kalk und Mülheim wurden sie sogar stärkste Kraft. „Das Ergebnis hat uns total überrascht, es ist einfach überwältigend“, sagte Nadine Mai, die Kreissprecherin der Kölner Linken. Sie schwärmte von einem „super Wahlkampf“ und „erfolgreichem Teamwork“.
Linken-Kandidatin Reisner zieht über NRW-Landesliste in Bundestag ein
Bundesweit lagen die Linken am späten Abend bei 8,6 Prozent, auch das wurde in Köln gefeiert. Denn für Reisner bedeutet das: Sie wird zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag einziehen, ihr dritter Platz auf der NRW-Landesliste macht es möglich. „Es ist abgefahren, ich bin völlig baff“, sagte Reisner.
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Damit, in ihrem Wahlkreis Köln II das Direktmandat zu holen, hatte Reisner ebenso wenig gerechnet wie die übrigen Kölner Direktkandidaten ihrer Partei: Kreissprecherin Nadine Mai (Köln III), Kalle Gerigk (Köln I) und Vedat Akter (Leverkusen/Köln IV). Der bisherige Bundestagsabgeordnete der Kölner Linken, Matthias Birkwald (63), trat nach knapp 16 Jahren im Bundestag nicht mehr an.
„Haben als einzige Partei nicht nach unten getreten“: Kölner Linke lobt Wahlkampf
Der Wahlkampf der Linken hatte vor allem in den vergangenen Wochen gezündet. Noch Anfang des Jahres lagen sie bundesweit bei mageren drei Prozent. Manch ein Umfrage-Institut gab ihnen nicht mal mehr einen eigenen Balken, sondern sortierte sie zu den sonstigen Parteien.

Direktkandidatinnen Lea Reisner und Nadine Mai feiern am Wahlabend den Erfolg der Linken auf Bundesebene und in Köln.
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Doch dann wetterte Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek, 36 Jahre alte Politikwissenschaftlerin mit Tattoos und gut 557.000 Followern bei Tiktok, wortgewaltig gegen den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz und die Abstimmung der CDU/CSU mit der AfD in Sachen Migrationspolitik. Ein Video davon wurde allein auf ihrem Tiktok-Kanal 6,8 Millionen Mal geklickt.
Und allein die Kölner Linken konnten ihre Mitgliederzahl in den letzten Monaten auf aktuell 2062 verdoppeln. „Es hat sich ausgezahlt, dass wir so konsequent bei unseren Themen geblieben sind“, sagte Reisner, „wir haben als einzige Partei nicht nach unten getreten“.
Ihrer Ansicht nach haben die Social-Media-Erfolge von Reichinnek für den Aufschwung der Linken eine wichtige Rolle gespielt. „Aber nicht nur“, betonte Reisner, „es war eine Kombination aus Social Media, Haustür- und Straßenwahlkampf und dem engagierten Mitmachen von vielen neuen Mitgliedern.“Das in Köln besonders gute Ergebnis für ihre Partei erklärt sie sich so: „Mer stonn zusamme – das haben wir hier in unserer Kölner DNA.“