Mit Trillerpfeifen dringen die Demonstranten bis ins Rathaus vor. Kölns Schuldezernent Robert Voigtsberger sagt Unterstützung für betroffene Familien zu.
Frust und WutProtest gegen Kölner Schulplatztombola – Demonstrierende dringen bis ins Rathaus vor
Nieselregen und unangenehme Temperaturen haben die Kölner Familien nicht abgehalten: Mehrere hundert Kinder und ihre Eltern machten ihrem Frust bei der Demonstration gegen die „Schulplatztombola“ und fehlende Schulplätze vor dem Rathaus mit ohrenbetäubendem Lärm und ganz viel Ausdauer Luft. „Jährlich grüßt das Murmeltier – Schulplatzmangel“, stand auf den riesigen Bannern oder „Frau Reker, fahren Sie unsere Pänz zur Schule!“ und „Alle über den Rhein? Nein!!“
Die aufgestaute Wut spiegelte sich in Zahl und Lautstärke der Trillerpfeifen und nahm eine bisher nicht gekannte Dimension an: Als die Schulpolitiker auf dem Weg zum Schulausschuss an den Demonstranten vorbeimussten, drangen Kinder und Eltern in das Erdgeschoss ein, skandierten durch den ganzen Bau: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“, bis sie vom Sicherheitsdienst daran gehindert wurden, die Treppe zum Ratssaal zu betreten. Auf Intervention von Maria Westphal (FDP) wurden die Protestierenden dann auf die Tribüne gelassen.
Fast 500 Kölner Kinder wurden an ihrer Wunschschule abgelehnt
493 Familien hatten eine Ablehnung an ihrer Wunschschule bekommen „Wir wollen hier deutlich machen, was dieser jahrelange Schulplatzmangel für uns als Familie bedeutet“, sagt Kira Wilke. Ihr Sohn Neo (9) hat eine Absage am Dreikönigsgymnasium in Bilderstöckchen bekommen. Jetzt bangen sie darum, dass es in der nächsten Runde zumindest mit einer Schule klappt, die nicht mehr als 40 Minuten Schulweg entfernt ist und zermartern sich den Kopf, wie wo sie wohl strategisch in der Lostrommel die größte Chance haben.
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„Was passiert, wenn es auch in der nächsten Runde nicht klappt? Diese Aussicht macht uns fertig“, ergänzt Simon Keuerleber, dessen Sohn am Albertus-Magnus-Gymnasium leer ausgegangen ist. Das Horror-Szenario für alle: Schulwege, die ihren Kindern einen Teil ihrer Kindheit rauben, wenn sie täglich über eine Stunde quer durch die Stadt müssen.
Vor dem Ausschuss bemühte sich Schuldezernent Robert Voigtsberger, die Wogen zu glätten: „Jedes Kind, das seinen erst und Zweitwunsch nicht erfüllt bekommen hat, ist eines zu viel ist. Das treibt mich um. Ich verstehe den Unmut“, sagte er. Er sicherte den Familien, die gegebenenfalls nach der zweiten Anmelderunde weiter keinen Schulplatz haben, zu, dass das Schulentwicklungsamt sie dann unterstütze. „Dann werden wir gemeinsam mit der Bezirksregierung nach Lösungen für einen angemessenen Schulplatz zu suchen.“ Jede Familie bekomme Hilfe dabei, eine Schule in Köln zu finden. „Und zwar die beste Option auf der Grundlage des Angebots“, ergänzte die Leiterin des Schulentwicklungsamtes Anne Lena Ritter.
Voigtsberger betonte jedoch, dass – abgesehen davon, dass es nicht in der Entscheidungskompetenz der Stadt liege, das Losverfahren abzuschaffen – kein noch so gutes Vergabefahren für Zufriedenheit sorge, solange es zu wenig Schulplätze gebe. Daran arbeite die Stadt mit Hochdruck. Schon im nächsten Jahre stehe die Gründung von zwei Gymnasien und voraussichtlich vier Gesamtschulen an. Außerdem hätten in diesem Jahr immerhin neun von zehn Kindern einen Platz an ihrer Wunschschule bekommen.
Viele Fragen blieben für die Eltern allerdings offen: Was die Stadt machen will, wenn es am Ende doch zu wenig Plätze sind, wurde ebenso wenig gesagt wie, was denn nun ein Schulplatz in angemessener Entfernung konkret sein soll. Auch für die Politik blieben noch viele Fragen offen: Neben der Frage der Zumutbarkeit sei völlig unklar, wie vor allem im Nordwesten der Stadt, wo der Mangel an Gymnasialplätzen besonders groß sei, die Kinder verteilt werden, sagte der Schulpolitische Sprecher der SPD, Oliver Seeck. Außerdem müsse dringend geklärt werden, ob es rechtlich möglich sei, statt weiterer Losrunden die Kinder zentral zu verteilen. „Linksrheinisch fehlen wohl 100 Plätze. Wo sollen die herkommen?“, fragte die Stadtschulpflegschaftsvorsitzende Nathalie Binz.
Forderung nach digitalisiertem Kölner Verfahren
Bärbel Hölzing (Grüne) forderte endlich Transparenz über die Zahl der Gymnasialplätze in den Nachbarkommunen, die für Kölner Kinder zur Verfügung stünden. Stefanie Ruffen (FDP) forderte, alle Schulplätze künftig in einer Runde in einem digitalisierten Verfahren zu vergeben. Klaus Zimmermann (CDU) und Heiner Kockerbeck (Linke) sehen das Übel in dem von Grund auf unfairen Losverfahren. Die Stadt müsse sich gegenüber dem Land dafür einsetzen, dass das Schulgesetz so geändert werde, dass andere Kriterien wie etwa Schulweglänge mehr berücksichtigt würden.
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