Nicht alle Kölnerinnen und Kölner werden am Sonntag wählen gehen. Auch solche, die es eigentlich gerne würden.
„Ein Megastress“Fehlender Stimmzettel, nicht registriert – Kölner Pannen vor der Wahl
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Wahlurne am Direktwahlschalter in Kalk
Copyright: Arton Krasniqi
Die Bundestagswahl steht vor der Tür. Doch nicht allen eigentlich wahlberechtigten Kölnerinnen und Kölner wird das Wählen am Sonntag leicht gemacht. Den „Kölner Stadt-Anzeiger“ haben nach einem Bericht über fehlende Wahlunterlagen Meldungen über weitere ärgerliche Vorfälle erreicht.
„Ich bin aktuell nicht gemeldet im Wahlregister und habe keine Möglichkeit zur Wahl zu gehen“, sagt ein Mann, der seit fast zwölf Jahren in Köln wohnt und anonym bleiben möchte. Er habe schon problemlos an vielen Wahlen teilgenommen, zuletzt noch im Juni letzten Jahres an der Europawahl.
Kölner soll plötzlich nicht mehr im Wahlregister auftauchen
Als der Mann für die Bundestagwahl am Sonntag keine Wahlunterlagen zugeschickt bekam, habe er beim Wahlamt Briefwahl beantragt. Doch der Wahlbrief sei auch daraufhin nicht bei ihm eingetroffen.
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In einem städtischen Kundencenter habe man ihm mitgeteilt, dass er bereits am 6. Januar von seiner aktuellen Wohnadresse durch die Stadt abgemeldet worden sein soll. „Ich hätte nicht davon erfahren, wenn nicht die aktuelle Bundestagswahl wäre“, sagt der Mann.
Warum er von der Stadt abgemeldet worden sei, habe ihm niemand plausibel erklären können. Wie ein Sprecher der Stadt Köln auf Anfrage mitteilt, passiert dies nur, „wenn man aus einer Wohnung auszieht und keine neue Wohnung im Inland bezieht“.
Der Mann, der nicht im Wählerverzeichnis aufgeführt sein soll, versichert, dass dies bei ihm definitiv nicht zutreffe.
Eintrag im Wählerverzeichnis unerlässlich
Um überhaupt noch wählen zu können, müsse er eine Bestätigung seines Vermieters über seinen derzeitigen Wohnort an das Wahlamt weiterleiten. Denn wer nicht im Wählerverzeichnis eingetragen ist, könne auch nicht mit Personalausweis oder Reisepass im Wahllokal seine Stimme abgeben. Der Mann ist nach einem Gespräch mit der Stadt am Donnerstag skeptisch, ob er am Samstag zur Wahl gehen kann: „Ich glaube nicht mehr daran.“
89-Jährige kann nicht zur Wahl
Auch die Kölnerin Ute Müller ist verärgert. Ihre 89-jährige Mutter schaffe es altersbedingt nicht, ins Wahllokal zu gehen. Die Briefwahlunterlagen seien bei der Seniorin angekommen – allerdings ohne Stimmzettel.
Das Wahlamt der Stadt Köln habe auf Nachfrage geraten, die 89-Jährige solle einen neuen Stimmzettel an einem der fünf städtischen Direktwahlschalter abholen. Eine postalische Zustellung neuer Briefwahlunterlagen vor Sonntag sei nicht zu garantieren. Doch den Weg schafft die Seniorin nicht mehr. „Dazu ist meine Mutter nicht in der Lage“, sagt Ute Müller.
Sie habe sich sehr bemüht, dass ihre Mutter am Sonntag wählen gehen könne. Doch sie stoße an ihre Grenzen, sagt sie am Mittwoch: „Ich bin berufstätig, pflege meine Mutter und habe eine ehrenamtliche Tätigkeit. Genau deswegen haben wir doch die Briefwahl beantragt.“
Am Donnerstag telefoniert Ute Müller erneut mit einem Mitarbeiter des Wahlamts, klagt ihr das Leid der Mutter – und wird gehört. Wenn es irgendwie gehe, solle sie jetzt noch eine formlose Vollmacht von ihrer Mutter unterschreiben lassen, damit im Bezirksrathaus Rodenkirchen den Stimmzettel holen, ihn von der Mutter ausfüllen lassen und spätestens am Wahltag im Briefwahlzentrum in der Kölner Messe abgeben. „Ein Megastress“, sagt Ute Müller dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Aber was soll ich machen? Ich bin für die Demokratie.“