Erneut ist es am Wochenende am Flughafen Köln/Bonn zu dramatischen Szenen und Aggressionen gekommen.
Eine Reisende, die mit ihrer Tochter nach Albanien fliegen will, gibt nach 10 Stunden Wartezeit auf.
Nun will sie Aufklärung und ihr Geld zurück. Wie ihr geht es Hunderten allein an diesem Wochenende.
Wir waren vor Ort.
Köln – Am Ende dieses Samstags waren es zehn Stunden. Zehn Stunden, die Almida Yildiz gemeinsam mit ihrer zehnjährigen Tochter am Flughafen Köln/Bonn ausgeharrt hat. Zehn Stunden, die sie in der Warteschlange vor der Sicherheitskontrolle stand. Zehn Stunden, in denen sie keinerlei Information bekam, wie es weitergeht.
Zehn Stunden in denen ihr niemand sagte, von welchem Gate ihr Flug nach Tirana, Albanien, denn nun gehen soll. Um 13.30 Uhr stellte sich Yildiz mit ihrer Tochter in die Schlange , die bis weit vor das Gebäude reichte. Um 23.30 Uhr gab sie auf. „Ich dachte, ich ziehe es bis zum Ende durch“, sagt sie. „Aber dann ist das Flugzeug einfach ohne uns abgehoben. Uns hat keiner mehr Bescheid gegeben, es war nichts mehr angeschlagen.“
Drei Stunden hat sie in der Nacht auf Sonntag geschlafen. Jetzt steht die zierliche Frau im grünen T-Shirt wieder in einer Schlange am Flughafen – um sich zu beschweren. „Ich will jetzt einfach wissen, wie es weitergeht“, sagt sie. Yildiz ist noch sichtlich beeindruckt von den Erlebnissen am Samstag. Ab und zu ringt sie um Worte, um die Situation zu beschreiben. Am Sonntag hat sie eine Freundin mitgebracht, zur Unterstützung.
Reisende am Flughafen Köln/Bonn werden allein gelassen
„Um einen neuen Flug geht es mir gar nicht“, sagt sie. „Wir wären sowieso nur eine Woche geflogen, ich möchte nicht zu knapp wiederkommen, bevor für meine Tochter die Schule wieder losgeht.“ Aber zumindest das Geld möchte sie wiederhaben. Und verstehen, warum niemand eingriff. „Die Leute haben sich von der Seite in die Schlange reingeschoben. Von der Security hat niemand etwas gesagt. Es war niemand hier, den man ansprechen konnte“, sagt Yildiz.
Mit 114.000 Reisenden rechnete der Flughafen Köln/Bonn am vierten Ferienwochenende. 370 Starts und Landungen waren geplant. Wie viele Menschen es tatsächlich bis in den Flieger schafften, ist aber unklar. „Nach Schätzungen des Flughafens haben aufgrund der sehr langen Wartezeiten mehrere Hundert Reisende ihren Flug verpasst“, teilte der Flughafen Köln/Bonn am frühen Sonntagabend mit. „Es kam außerdem zu erheblichen Verspätungen und operativen Problemen, so mussten etwa Flugzeuge aufgrund fehlender Passagiere mehrfach be- und entladen werden.“
Flughafen Köln/Bonn: Hunderte Passiere verpassen ihre Flüge
Die fehlenden Passagiere – das sind die, die es trotz Wartezeiten von mindestens vier bis fünf Stunden nicht bis zum Flieger geschafft haben. Angesichts der Zustände scheint die Flughafen-Schätzung von mehreren Hundert Personen, die ihren Flieger verpassten, etwas niedrig gegriffen. Da die Check-in-Schalter für die Gepäckaufgabe erst zweieinhalb Stunden vor Abflug öffnen, kann man sich erst danach an der Sicherheitsschlange anstellen.
So verpassten selbst Reisende ihre Verbindungen, die sich schon mit einem ganztägigen Zeitpuffer an den Flughafen begeben hatten. Der Unmut über diese Zustände entlud sich bei einigen Passagieren anderen Reisenden oder dem wenigen Personal gegenüber, das am Flughafen im Einsatz ist.
Mitarbeiter am Flughafen Köln/Bonn sind frustriert
Ein Mitarbeiter, der am Samstag in der Schlange für die Sicherheitskontrolle für Menschen mit Behinderungen und Familien mit Kindern unter vier Jahren für Ordnung sorgt, muss viele Passagiere wegschicken. „Es gibt tagtäglich Stress“, sagt er. Nicht alle würden es hinnehmen, dass sie sich in der längeren Schlange anstellen müssen.
„Sie fangen dann an, mit mir zu diskutieren und ich muss die Polizei dazu holen.“ Auch in der Nacht von Freitag zu Samstag war die Stimmung beim Warten auf den Sicherheits-Check derart aggressiv, dass die Beamten eingreifen und bis in die Morgenstunden vor Ort bleiben mussten.
Polizei zeigt Präsenz – kann das Problem aber nicht lösen
Die verstärkte Präsenz der Polizei ist sowohl am Samstag als auch am Sonntag zu beobachten. Das Sicherheitspersonal ist von der Situation sehr betroffen und stehe oftmals am Rande eines Nervenzusammenbruchs, berichtet ein Mitarbeiter. „Wir schicken die Leute dann an die frische Luft, damit sie sich beruhigen können, auch wenn eine Pause im Moment nicht immer möglich ist.“
„Die Sicherheitskontrolle ist eine hoheitliche Aufgabe, die am Flughafen Köln/Bonn von einem Dienstleister im Auftrag der Bundespolizei durchgeführt wird“, kommentiert der Flughafen die Situation. „Am Wochenende waren trotz zunächst besserer Prognosen des Dienstleisters zeitweise weniger als 50 Prozent der planmäßig notwendigen Spuren an der Sicherheitskontrolle geöffnet.“
Flughafen Köln/Bonn strebt Entlastung der Flugpläne an
Als Reaktion auf die tumultartigen Szenen des Wochenendes strebt der Flughafen jetzt eine weitgehende Entlastung der Flugpläne in Verkehrsspitzen an. Heißt: Zu Stoßzeiten könnten mehr Flüge gestrichen werden, um die, die stattfinden, ordnungsgemäß abwickeln zu können. „Darüber wurden kurzfristig am Wochenende Gespräche mit verschiedenen Airlines geführt. Bereits im Oktober 2021 wurde die Zahl der maximal möglichen Flüge pro Stunde für den aktuellen Sommerflugplan um 20 Prozent reduziert“, heißt es.
Die Schuld für das, was von Reisenden als Totalausfall des Flughafen Köln/Bonn wahrgenommen wird, wird sich nun gegenseitig zugeschoben. „Wir lassen nichts unversucht, um diese vor allem für unsere Fluggäste nicht hinnehmbare Situation zu verbessern“, lässt sich Thilo Schmid, Vorsitzender der Geschäftsführung des Flughafens, zitieren.
Flughafenführung bedauert Chaos bei den Sicherheitskontrollen
„Wir haben deshalb am Wochenende mit den Airlines über eine sehr zeitnahe weitere Entlastung der Flugpläne gesprochen. Und auch wir werden weitere Maßnahmen ergreifen und den Personaleinsatz im Terminal nochmal erhöhen. Allerdings erwarten wir auch von der Bundespolizei und dem Dienstleister Securitas konstruktive Vorschläge, wie die Probleme an der Sicherheitskontrolle schnellstmöglich gelöst werden können. Ich möchte auch nochmal betonen, dass wir die aktuelle Situation und insbesondere die Unannehmlichkeiten für unsere Fluggäste außerordentlich bedauern.“
„Unzumutbare Zustände“
Dass die Fluggäste diese Entschuldigung annehmen werden, lässt sich vor Ort nicht ablesen. „Das sind unzumutbare Zustände“, sagt ein Familienvater aus Dormagen am Samstag. Seine Geduld ist am Ende. Er verstehe nicht, wie es zu einem solchen „Missmanagement“ kommen konnte.
Am Sonntag schien sich die Situation zunächst entspannt zu haben. Die Stimmung unter den Reisenden war weitgehend gelöst. Gegen Nachmittag spitze sich die Lage allerdings wieder zu. Die Security-Check-Warteschlange hatte sich erneut bis zum Ende des Terminal 2 ausgeweitet.