Flut-U-Ausschuss in Stolberg„Viele Fehler haben zu dieser Katastrophe geführt“
Stolberg – Susana dos Santos Hermann steht vor dem Versorgungpunkt der Flutopfer, einem ehemaligen Kiosk, und wirkt betroffen. Gerade berichtet eine ehrenamtliche Helferin, dass auch 16 Wochen nach der Hochwasser-Katastrophe noch viele Menschen ohne Heizung leben müssen. Fast alle Ladenlokale an der Hauptstraße sind zerstört. „Die Leute wurden bis ins Mark getroffen. Da bekommt man eine Gänsehaut, wenn man sieht, was den Menschen hier widerfahren ist“, sagt die SPD-Politikerin aus Köln.
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Susana dos Santos Hermann gehört dem Untersuchungsausschuss an, der der ermitteln soll, welche Konsequenzen aus der Hochwasser-Katastrophe gezogen werden müssen. Am Freitag sind die Mitglieder des Gremiums nach Stolberg (56.000 Einwohner) bei Aachen gereist, um sich ein Bild von den Schäden zu machen. Die Kleinstadt gehört zu den Städten, die am schlimmsten von der Flut betroffen sind. „Wir gucken uns das Unvorstellbare an, was aber real passiert ist“, sagt Ralf Witzel (FDP), der Vorsitzende des Aufklärungsgremiums .„Wir können die Zerstörungen dadurch nicht ungeschehen machen, aber mit unserem Besuch und der nachfolgenden Aufklärung zeigen, wie ernst wir die Aufarbeitung nehmen, damit sich diese Ereignisse so nie wiederholen“, so Witzel.
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Vichtbach zerstörte die Innenstadt
Die Katastrophe steckt den Menschen in Stolberg noch in den Knochen. Am 14. Juli brachte das Tiefdruckgebiet Bernd Regenfälle, die 48 Stunden anhielten. Der eigentlich beschauliche Vichtbach verwandelte sich in einen reißenden Fluß. Durch Stolberg drückte sich eine zerstörerische Flutwelle, die Teile der historischen Altstadt und die Haupteinkaufsstraße überspülte. Rund 5000 Wohnungen wurden unbewohnbar.
Das Wasser drückte Scheiben ein, sodass die Fluten zum Teil ungehindert in die Häuser strömten. Wohnungen und Geschäfte im Parterre liefen komplett voll - teilweise stand das Wasser bis zu 2,50 Meter in den Räumen. Insgesamt wurden 20 städtische Gebäude zerstört, darunter Schulen, Kitas und drei Feuerwehrhäuser. Auch das Rathaus erlitt einen Totalschaden. An der öffentlichen Infrastruktur entstand ein Schaden von 353 Millionen Euro.
Vorwürfe gegen die Landesregierung
Wie konnte es zu der Tragödie kommen? Bürgermeister Patrick Haas erhebt schwere Vorwürfe gegen die Landesregierung. „Obwohl schwere Regen fälle vorhergesagt waren, hat uns niemand vor den möglichen Folgen gewarnt“, sagte der SPD-Politiker.
In seiner Verwaltung fehlten die Fachleute, um die Ausmaße eine Starkregens auf Grund einer Wetterkarte absehen zu können. „Unsere Feuerwehr hat getan, was sie konnte, um die Menschen zu warnen. Aber da war es eigentlich schon zu spät.“
THW wurde abgezogen
Nicht nur in Stolberg ist die Hochwassergefahr verkannt worden. Ausschuss-Mitglied Klaus Voussem (CDU) war selbst vom Hochwasser betroffen. „Viele Fehler haben sich zu dieser Katastrophe verdichtet“, sagt der CDU-Politiker. Besonders ärgert ihn der Ausfall des Digitalfunks. „In meinem Wahlkreis gab es Feuerwehren, die von der Leitstelle komplett abgeschnitten waren und nur über spärlichen Handyempfang alle paar Stunden Kontakt halten konnten. Die mussten dann in den Feuerwehrhäusern sitzen, obwohl sie dringend gebraucht wurden.“
Unverständlich sei zudem, warum Kräfte des THW zum Teil unverrichteter Dinge wieder abgezogen wurden. „Ihnen wurde mitgeteilt, dass sie nicht gebraucht würden. Und das zum Zeitpunkt, als das Wasser noch in vielen Kellern stand. Darauf möchte ich eine Antwort: Warum die helfende Hand nicht angenommen wurde“, erklärt Voussem.
Fluss hatte zu wenig Raum
Auch der ehemalige NRW-Umweltminister Johannes Remmel gehört dem Untersuchungssauschuss an. Er sieht einen Hauptgrund für die Katastrophe darin, dass dem Vichtbach durch die Industrieansiedlungen am Fluss zu wenig Raum geblieben sei. „Die Bilder vom Ortstermin in Stolberg und die Gespräche mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern gehen mir nah“, sagt der Grüne.
Man könne nur versuchen sich vorzustellen, was die Zerstörung ihrer Stadt, ihrer Häuser und Geschäfte für die Menschen vor Ort bedeuten muss.Der Besuch in Stolberg dauert 90 Minuten. „Ich bin ich froh, dass wir mit dem Vor-Ort-Termin in Stolberg ein erstes Zeichen der Sichtbarkeit setzen konnten“, sagt der SPD-Politiker Stefan Kämmerling. Während des Termins habe es viele Bürgerkontakte gegeben: „Das war wichtig. Es verpflichtet uns zu ernsthafter und zügiger Arbeit.“