Köln-Kalk – „Eine der wenigen Kalker Erfolgsgeschichten nach der Schließung der Industrieanlagen“, sagt Boris Sieverts, als er sich mit den Teilnehmern an seiner Führung kurz in den Abenteuerhallen umsieht. „Sonst findet hier ja alles in Hinterhöfen statt, aber hier steht mal Platz zur Verfügung, hier kann man sich entfalten, die Zivilgesellschaft hat einen Treffpunkt.“ Das habe sich bei Gesprächsrunden mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker gezeigt, aber auch anlässlich der Werkstattgespräche zur Zukunft der anderen ehemaligen Hallen von Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) nebenan.
„Knallen Kalk“ soll Besucher in die Hallen bringen
2017 war das. Auf einige Grundzüge hatten sich die gemeinwohlorientierten Initiativen, die gern Teile der Hallen für ihre Zwecke nutzen möchten, damals mit Vertretern aus Politik und Verwaltung geeinigt. Die Abenteuerhallen sind schließlich ein städtisches Jugendzentrum mit umfangreichem Programm. Es kann nur begrenzt von der Öffentlichkeit genutzt werden. Doch entschieden wurde seither nur, dass das Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland (Domid) in eine der beiden großen Hallen an der Dillenburger Straße einziehen soll, laut aktuellem Zeitplan im Jahr 2024. Hinsichtlich der Nutzung des Osthofs, der zwischen diesen großen Hallen und den Abenteuerhallen liegt, herrscht noch weitgehend Unklarheit.
Pläne für das Domid
Im Laufe des Sommers werden immer wieder Aktionen und Veranstaltungen auf dem Gelände der Hallen Kalk stattfinden, speziell im Osthof, Dillenburger Straße 65. Das Programm steht noch nicht fest. Am Samstag, 18. Juni, ab 11 Uhr werden dort drei Hochschulen ihre Entwürfe für das Gelände vorstellen. Am Tag darauf, Sonntag, 19. Juni, präsentiert das Dokumentationszentrum und Museum über die Migrationsgeschichte in Deutschland e.V. , Domid, ab 13 Uhr seine Pläne.
So würde die Stadt die Flächen gern an einen einzigen Mieter abgeben, der die Flächen dann weitervermieten kann, während die Initiativen lieber Einzelverträge direkt mit der Stadt abschließen würden. Um nicht plötzlich mit möglichen kommerziellen Interessen eines Großmieters konfrontiert zu werden. Mit Nachbarschaftsfesten und anderen Aktionen machen die Initiativen deshalb immer wieder auf ihr Anliegen aufmerksam, Corona allerdings hat auch da manches gebremst. In diesem Sommer aber sollen unter dem Motto „Knallen Kalk“ wieder Bürger und städtische Stellen wachgerüttelt werden, damit es auf dem Gelände endlich weitergeht.
Führung als Auftakt für „Knallen Kalk“
Die Führung von Boris Sieverts, Mitglied des Kulturhof e. V., eine der beteiligten Initiativen, diente als Auftakt. Sieverts sprach vor Ort die verschiedenen Themen, Streitpunkte und Probleme rund um das Areal an.So berichtete Sieverts, dass die zweite, westlich gelegene Halle künftig der Stadtteilgesellschaft zur Verfügung stehen soll. Rund 10.000 Quadratmeter Grundfläche habe sie, Kleingewerbe, Gastronomie, Sport- und Freizeitmöglichkeiten könnten dort untergebracht werden, das müsse sich finden.
Boris Sieverts schwärmt von dem „kathedralenartigen“ Eindruck, den die Halle im Inneren mache, von einer Raumerfahrung, die man bewahren und nicht durch Einbauten zerstören sollte. Eine kleinere Halle mit Glasdach – „Orangerie“ genannt – befindet sich im Osthof. Ein künstlerisch orientiertes Zirkusprojekt hat Interesse angemeldet.
Eine ähnliche Nutzung stellen sich die Initiativen auch für den Gebäuderiegel vor, der den Osthof zur Dillenburger Straße abschließt. Bleiben soll dort das Spendenlager der Diakonie Michaelshoven, die von hier aus ihre fünf „Fair Stores“ im ganzen Stadtgebiet beliefert. Von urbanen Gärtnergruppen schon in Beschlag genommen sind die Grünflächen an der Neuerburgstraße sowie an den Abenteuerhallen, die ebenfalls zum Komplex gehören: „Früher war das KHD-Gelände von Mauern umschlossen, man konnte nicht rein, und in Kalk gab es praktisch keine Grünflächen“, so Sieverts. Mit Breuerpark und Bürgerpark habe sich das zwar ein wenig verbessert, aber der Mangel sei noch immer eklatant.
Gemeinschaftsgarten in Köln-Kalk soll bleiben
Deshalb stehen die Initiativen auch den Plänen der Stadt skeptisch gegenüber, einen Teil der Freifläche an der Neuerburgstraße zum Zweck des Wohnungsbaus und der Ansiedlung von Gewerbe zu nutzen. Der Gemeinschaftsgarten „Pflanzstelle“ soll bleiben, das ist so vereinbart. Und auch die Drogenberatungsstelle des Vision e. V. hat Bestandsschutz an der Neuerburgstraße. Immerhin soll auf dem Streifen zwischen der Kaiserin-Theophanu-Schule und den Hallen ein zusätzlicher Grünstreifen angelegt werden. Ein häufig übersehener Teil der Themenkomplexes Hallen Kalk sind die beiden Hallen am Ottmar-Pohl-Platz. Zwar stehen die Hallen unter Denkmalschutz, doch sie sind baufällig, die Stadt muss zur Sicherung etwa 10 Millionen Euro investieren. Dabei gibt es schon potente Mieter: Das Schauspiel Köln und das Museum Ludwig.