Köln – Die karnevalistische Spurensuche im Bereich der Altstadt beginnt am Ostermannplatz mit dem Ostermann-Brunnen. Beides erinnert an den Sänger und Komponisten Willi Ostermann. Der Karnevalist ist außerdem als „um die Stadt verdiente Persönlichkeit“ eine von 124 Kölner Ratsturmfiguren. Um ihn dort zu entdecken, muss man den Kopf sehr weit in den Nacken legen: Ostermann steht an der Nordseite des Turmes im dritten Obergeschoss mit einem Weinkelch in der Hand.
Warum der Verfasser so bekannter Lieder wie „Däm Schmitz sing Frau eß durchjebrannt“, „Kutt erop! Kutt erop! Kutt erop!“ und „Heimweh nach Köln“ ausgerechnet in der Altstadt so präsent ist, lässt sich nur erahnen. Gewohnt hat er dort nie, in seinen Liedern spielten die Gassen rund um Alter Markt und Heumarkt keine Rolle. Warum also die Altstadt?
Dem großen Sohn der Stadt sollte möglichst rasch nach seinem Tod 1936 ein Denkmal gesetzt werden. Da schien das 1938 fertig sanierte Martinsviertel sehr passend. Zumal durch die Entkernung ganzer Häuserschluchten zwei neue Plätze entstanden waren: der Eisenmarkt, seit 1938 Heimat des Hänneschen-Theaters, und ein etwa 800 Quadratmeter großes Areal, das die Bezeichnung Ostermannplatz erhielt.
Freunde des Sängers sammelten insgesamt mehr als 38.000 Reichsmark für einen Brunnen. Am 16. Februar 1939 (Weiberfastnacht) wurde das Werk des Bildhauers Willi Klein aufgestellt und mit einem kölschen Volksfest eingeweiht. Der Brunnen aus Muschelkalk zeigt 15 lebensgroße Figuren aus Ostermanns Liedern. Ein paar Meter nördlich des Denkmals befindet sich ein weiterer Brunnen mit einem Porträt von Willi Ostermann auf einem Bronze-Relief.
Heumarkt
Viele Jahre war die frühere Central-Markthalle am Heumarkt an Weiberfastnacht fest in der Hand der jecken Kölner Marktfrauen. Das blieb auch so, als sich der Handel Ende der 1930er Jahre in die neue Großmarkthalle in Raderberg verlagerte. Der fünfschiffige Bau am südlichen Rand des Heumarktes, 1903/1904 nach den Plänen des Architekten Otto Müller-Jena gebaut, wurde in den 1950er Jahren abgebrochen. Danach passierte etliche Jahre mit dem Gelände im Herzen der Stadt nichts. Es war eine Brache mit Parkplätzen.
Seit 1988/1989 steht dort das Maritim-Hotel, in dem während der Session zahlreiche Karnevalsveranstaltungen stattfinden.
Alter Markt
Der Platz birgt ein paar karnevalistische Anknüpfungspunkte, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind. Zu den bekanntesten kölschen Karnevalsliedern zählt der Titel „Die Hüsjer bunt om Aldermaat“. Der Text stammt von Jupp Schlösser. Bevor sich Schlösser hauptberuflich als Textdichter der Musik zuwandte, arbeitete er als Straßenbahnfahrer. Er saß unter anderem im Führerhaus der Linie 18, die in den 1930er Jahren durch die Innenstadt fuhr und den Alter Markt überquerte. Die dicht stehenden Häuschen, die engen Gassen inspirierten Schlösser zu dem Lied.
Wie er so mit der Straßenbahn in der Altstadt unterwegs war, mögen ihm auch die Zeilen zum Evergreen „Dat Glockespill vum Rothuusturm“ eingefallen sein. Viele seiner Lieder entstanden gemeinsam mit dem Komponisten Gerhard Jussenhoven. Dessen Vater Servatius war 1922 Mitbegründer und Präsident der Altstädter. Deren Stammsitz ist auch 100 Jahre später noch am Alter Markt. In der Mitte steht das Jan-von-Werth-Denkmal mit Brunnen. Der Reitergeneral ist der Namensgeber des Reiter-Korps Jan von Werth.
Haus Neuerburg
Vor dem Haus Neuerburg auf dem Gülichplatz befindet sich ein weiterer Brunnen mit karnevalistischen Bezügen. Der Fastnachtsbrunnen, 1913 von Georg Grasegger geschaffen, zeigt vier tanzende Paare. Auf dem Rand des Brunnenbeckens ist ein Zitat von Johann Wolfgang von Goethe eingraviert: „Löblich ist ein tolles Streben, wenn es kurz ist und mit Sinn. Heiterkeit zum Erdensleben sei dem flücht’gen Rausch Gewinn“.
Die Zeilen passen zum Karneval und zum Haus Neuerburg. In dem Baudenkmal befand sich früher der Sitz des Tabakfabrikanten Heinrich Neuerburg. Mittlerweile beheimatet es das städtische Standesamt, in dem heiratswillige Paare das Aufgebot bestellen.
Jupp Schmitz
Nur ein paar Ecken weiter sitzt „Dä Schnäuzer“. Das Bronze-Denkmal für den Sänger und Komponisten Jupp Schmitz auf dem Jupp-Schmitz-Plätzchen an der Salomonsgasse zeigt den Entertainer am Flügel sitzend. Mit aufs Podest hat es ein Kater geschafft. Ganz offensichtlich hat der Bildhauer Olaf Höhnen das Tier eingebaut, um an einen der größten Hits von Jupp Schmitz zu erinnern: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“. Die tollen Tage mögen vorbei sein, bei einigen Leuten bleibt indes der Kater noch eine Weile.
Der 1901 in Köln geborene Jupp Schmitz hatte eine klassische Ausbildung zum Pianisten. Später leitete er ein eigenes Orchester, arbeitete als Pianist in Hotels und untermalte manchmal in Kinos Stummfilme mit seinem Klavierspiel.
Bei der Prinzenproklamation 1962 sorgte Schmitz für Furore. Allerdings anders als er es erwartet hatte. Er trat mit kurzer Lederhose und Tirolerhut mit Gamsbart auf und sang das Lied vom „Hirtenknaben aus St. Kathrein“. Was als Persiflage auf die Heimattümelei in deutschen Unterhaltungsfilmen gemeint war, ging schief. Die Proklamationsgäste buhten und pfiffen, der WDR-Kommentator bat die Zuschauer um etwas Geduld, es würde gleich wieder netter werden im Programm. Erst war Schmitz tief getroffen von der Reaktion des Publikums, später machte er sich selber lustig über seinen musikalischen Ausflug in die Bergwelt.
Karl Küpper
In Sichtweite, gegenüber an der Ecke Marspfortengasse, liegt der Karl-Küpper-Platz. Er ist dem Büttenredner Karl Küpper gewidmet, der einer der wenigen Karnevalisten war, die sich von den Nationalsozialisten nicht vereinnahmen ließen. So machte er bei seinen Auftritten den sogenannten „Deutschen Gruß“ lächerlich. Er sprang wie gewohnt auf den Rand der „Bütt“, hob den rechten Arm und fragte nach einer Kunstpause: „Eß et am rääne?“ Oder „Nä, nä, su huh litt bei uns dä Dreck em Keller“. Der politisch unbelastete Büttenredner kehrte nach Kriegsende rasch wieder auf die Bühne zurück. Er gründete 1945 die „Kleinkunstbühne Karl Küpper“. Mit Künstlern wie Trude Herr und den Vier Botze fuhr er über das Land und trat auf. Er war im Mai 1949 Gründungsmitglied der Karnevalistenvereinigung „Muuzemändelcher“.
Ab 1950 tauchte Küpper mit politischen Reden wieder im Karneval auf. Doch als ihm klar wurde, dass Kritik und freie Rede auch nach dem Ende der Nazidiktatur nicht überall gern gesehen wurden, kehrte er dem Karneval enttäuscht den Rücken und eröffnete 1958 eine Kneipe in Höhenhaus, später eine in Kalk. Karl Küpper starb 1970. Mehr als 40 Jahre später wurde am früheren Standort seiner Gaststätte in Kalk eine Gedenktafel für Küpper angebracht. Seit 2020 wird außerdem der Karl-Küpper-Preis für Zivilcourage verliehen.
Gürzenich
Im Foyer des Gürzenich hängt eine Gedenktafel, die an Karl Küpper erinnert. Ein Besuch der Festhalle lohnt sich auch, wenn drinnen kein Licht brennt. Neben dem Haupteingang in der Martinstraße hält ein ganz besonderes Dreigestirn die Stellung: Es sind „Heinz Jung“, „Heinz Einmal“ und „Heinz Bauer“. Die freundlich dreinblickenden Bronze-Kerlchen gehören zur „Heinzwelt“, ein Projekt der Künstler Heike Haupt und Anton Fuchs.