„Wenn Sie eine Idee haben, wie man tausende Menschen, die zu einer anderen Generation gehören und sich entschieden haben, anders Karneval zu feiern als es unsere Vorstellung ist, davon abhalten kann, nach Köln und ins Kwartier Latäng zu kommen, wäre ich Ihnen sehr dankbar.“Das ist der Originalton der Oberbürgermeisterin drei Wochen (!) vor dem Elften im Elften, untergehakt bei Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn, der sich die Feierlichkeiten zu 200 Jahren organisiertem Karneval durch nichts kaputtmachen lassen will.
Brauchtum und Ballermannisierung – wie passt das zusammen?
Ja, Frau Reker, unabhängig davon, dass ich keine Ahnung habe, was Ihre Vorstellung von Karneval ist, hätte ich da eine Idee. Fangen Sie endlich an, der Ballermannisierung Einhalt zu gebieten, anstatt die gesamte Stadt wie in der vergangenen Session mitten in der Corona-Pandemie durch ihre Stadtdirektorin kurzerhand zur Brauchtumszone erklären zu lassen und damit sämtliche Bemühungen der Landesregierung zu konterkarieren, das Treiben einigermaßen unter Kontrolle zu halten.
Machen Sie dem Festkomitee-Präsidenten begreiflich, dass zwischen dem, wie Sie behaupten, „schönsten Brauchtum, das wir in Köln haben“, und dem Ballermann keine Welten liegen, die man einfach wegschunkeln kann, sondern das längst zur Gratwanderung geworden ist.
Köln muss nicht jeder Abart des Karnevals eine Plattform bieten
Nein. Köln muss nicht jeder Abart des Karnevals eine Plattform bieten, die Altstadt nicht an jedem Wochenende zur rheinischen Schinkenstraße verkommen lassen. Bloß weil alle Welt glaubt, in Kölle könne man permanent die Sau rauslassen, muss die Müllabfuhr nicht anschließend auch noch den Stall ausmisten.
Wie naiv ist Rekers Vorstellung, das Festkomitee müsse den Menschen den Karneval erklären. Das geht schon deshalb nicht, weil es selbst nur eine Spielart des Karnevals ist und seine Bedeutung hoffnungslos überschätzt wird. Das Proklamationspublikum ist und war immer eine in sich geschlossene Gesellschaft.
Ganz nebenbei ignoriert die Oberbürgermeisterin alle Kölnerinnen und Kölner, die mit dem Fastelovend rein gar nichts anfangen können und den dreimonatigen Dauerparty-Zustand einfach nur nervig finden. In München käme kein Mensch auf die Idee, drei Monate lang Oktoberfest zu feiern.