Viel Musik und Tanz sowie eine Neuentdeckung bei den Rednern gab es beim Vorstellabend der Kajuja.
Vorstellabend KajujaNeuer Redner zeigt, wie gut Zuwanderung für den Kölner Karneval ist
Für Kölns Jecken ist der Herbst nur von kurzer Dauer, schließlich sind es nur noch sechs Wochen bis zum Elften im Elften und damit dem Beginn der fünften Jahreszeit. Spätestens in diesen Tagen stellen sich daher mehrere Fragen: Was werden die Themen in den Sitzungssälen sein? Gibt es Neuentdeckungen bei Rednern und Bands?
Ein Gradmesser dafür ist der Vorstellabend der Kajuja. Um es vorwegzunehmen: Gleich mehrere Auftritte waren so neu wie belebend, einiges lief unter der Rubrik „Bekannt, aber bewährt“ und nur wenig hatte Luft nach oben.
Vorstellabend im Theater im Tanzbrunnen: Kajuja feiert 75 Jahre
Seit nunmehr 75 Jahren ist der aus der katholischen Jugend hervorgegangene Verein eine Art Talentschmiede, aus der zahlreiche Größen im Karneval hervorgegangen sind. Im Theater am Tanzbrunnen stand am Freitagabend dafür exemplarisch ein Aufsteller mit Namen, die bei der Kajuja ihre ersten Bühnenschritte machten: Weltenbummler Gerd Rück, Höhner, Sitzungspräsident Volker Weininger, Cat Ballou oder auch Kasalla, von denen Gitarrist Flo Peil und Keyboarder Ena Schwiers im Saal die 15 Auftritte verfolgten.
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Die Tanzgruppen: Den Anfang machten die Strunde-Pänz aus Bergisch Gladbach und die Rheinmatrosen Minis, bei denen die Altersspanne von zwei bis 19 Jahren reicht.
Vorstellabend Kajuja: Tanzgruppen zeigen, wo das Herz des Karnevals schlägt
Das große Tanzkorps der Rheinmatrosen von der Großen Mülheimer Karnevals-Gesellschaft riss den Saal ebenso zu stehenden Ovationen hin. Nicht nur ihr sogenannter Sandwich-Wurf, bei dem zwei Tänzerinnen im Paket hochgeworfen werden, oder die Figur „Fliegender Stern“ untermauerten, wie professionell inzwischen in Köln getanzt wird. Auch die Schlebuscher und Harlequins und Harlequins Pänz ließen keinen Zweifel, wo das Herz des Karnevals besonders schlägt.
Die Redner: Neuentdeckung und Abräumer des Abends war Djavid. Der aus Afghanistan stammende Redner macht sich über die Kuriositäten des Alltags und seine Mitmenschen in Köln lustig – aus dem Blickwinkel eines integrierten Flüchtlings und Angestellten im Kölner Jobcenter. „Ich bin nicht von hier“, begann Djavid, „ich komme von der anderen Rheinseite.“ Er sei mit zehn nach Deutschland gekommen, „also mit zehn oder zwölf – Geschwistern.“ Die Lacher verstummten und es war mucksmäuschenstill im Saal, als er von der Bombe erzählte, die neben dem Haus seiner Familie einschlug und warum ihr nur die Flucht blieb.
Manchmal werde er zum „superintegrierten Ausländer. Da werde ich zum Horst“, gestand Djavid. Zum Beispiel, wenn der Döner-Mann fragt: „Mit alles?“ – „Vielleicht mit mehr Dativ?“ Man könnte es aber auch übertreiben mit der Integration, wie ein Kumpel von ihm aus dem Iran: „Der fährt ein Liegefahrrad.“ Als sich Djavid dann noch outete, dass er so gerne Mett mag und deshalb „Beef mit dem Islam“ habe, stand der Saal Kopf. Djavid ist das beste Beispiel dafür, dass Zuwanderung auch dem Kölner Karneval guttut.
Dass es nach wie vor auch sehr gute Redner op Kölsch gibt, zeigten Ralf Knoblich als „Dä Knubbelich“ und Frank Friederichs als „Ne Spätzünder“. Beide will das Publikum öfter auf Kölner Bühnen sehen, so groß waren die Ovationen. „Dä Knubbelich“ haderte unter dem anderen mit seinem Sohn Kevin-Jennifer, der einen Brennholz-Verleih betreibt, und erzählte eine irre Geschichte als Reiter von Jan von Werth mit einer Stute und einem Wallach, die hier allein aus Platzgründen nicht wiedergegeben werden kann.
Wie er hielt auch „Ne Spätzünder“ ein Plädoyer für die kölsche Sprache. Zudem habe sich die Tochter vom Freund getrennt. Der sei „kognitiv so teilmöbliert“, dass das Rad sich drehe, wenn man mit ihm spreche, „aber der Hamster ist tot“. Die Oma habe auch zur Enkelin gesagt: „Mit dem, was der nicht weiß, kriegst du noch zwei andere doof.“
Erika Laste, die Kunstfigur des Künstlers Danny Frede, hatte es da etwas schwerer als „letztes volkseigenes Funkenmariechen aus Thüringen“, kämpfte aber letztlich erfolgreich um ihr Publikum. Daniel Thelens „Oma Helga“ dagegen mit Buckel und ständig zitternd zündete nicht richtig. Vielleicht lag es auch daran, dass ihre Type nicht neu ist.
Die Bands: Es wurde laut, rockig – und die Jecken fühlten sich „disco“: Bis auf das Duo „Zwei Hillije“, die dem legendären Colonia-Duett huldigen, setzten fast alle Bands auf den Spaß- und Mitmachfaktor. Schon vor der ersten Strophe des ersten Lieds der Gruppe Zesamm' wurden die Händchen im Publikum verlangt. Textlicher Tiefgang stört, wenn Party angesagt ist. Scharmöör setzte unter anderem auf eine schmissige Polka („Tanzoffizier), die Gruppe Aluis sorgte mit treibenden Bässen für das „Abrisskommando“ und ebenso trafen „King Loui“ und „Bel Air“ den Nerv des Publikums. Was alle Bands einte: die Professionalität. In Sachen Sound und Performance steht den etablierten Kölner Top-Gruppen kaum etwas nach.