Eschweiler – So ein kleiner Betriebsausflug ins erweiterte Umland ist auch fürs Dreigestirn etwas Besonderes, Sightseeing inbegriffen, führt doch der Wunschtermin von Jungfrau Griet nach Eschweiler, wo Ralf Schumacher im richtigen Leben zu Hause ist. Eine Karawane mit Prinzenequipe und dem fast kompletten Festkomitee-Vorstand macht sich auf den Weg.
Kurz vor dem Hambacher Forst macht die hier neugebaute A4 einen Schlenker nach Süden und wird tiefergelegt: Kein Blickkontakt zu Schaufelbaggern und gigantischen Braunkohle-Grabungslöchern, dafür eine Kette „Baum des Jahres“-Schilder mit mickrigen Bäumen dahinter, die wohl suggerieren sollen, dass hier mit der Natur alles im Reinen ist.
Kölner Dreigestirn zu Gast in Eschweiler
Hinter Düren, wieder auf der alten Trasse, dann ein symbolträchtiges Bild: Links der Autobahn zahllose Windkraftanlagen, die sich bis zum Horizont ziehen, rechts der Tagebau Inden, in dem die baggernden Stahldinosaurier nicht erahnen lassen, dass kommende Generationen hier Badeurlaube verbringen werden.
Auf die Schallschutzwand, hinter der das dampfende Kraftwerk Weisweiler aufragt, hat jemand ein schwarz-gelbes „Alemannia“ gesprüht. Eschweiler, 55.000 Einwohner, 15 Veedel (was hier eher Dorf bedeutet), 22 Karnevalsvereine und einem Rosenmontagszug, der mit etwa 6500 Teilnehmern und bis zu 300.000 Besuchern zu den Größten Deutschlands zählt. Beim Thema Braunkohle diskutiert man hier eher über den Verlust von Arbeitsplätzen. Die Kölner Kolonne biegt ab Richtung Fronhoven, zur Gaststätte Rinken.
Im modernen, lichtdurchfluteten Festsaal hat die Band Kröetsch ihr Equipment aufgebaut. „Frösche“ bedeute das, wie Keyboarder Günter Secker erklärt, und allein beim Versuch, den Namen auszusprechen, fühlt man sich eher im Aus- als im Umland. Die Frösche spielen eigene Nummern, „nur Richtung Mönchengladbach, im Helau-Land, wollen die kölsche Lieder hören“, so Secker, „die haben ja nichts eigenes.“
Erster Besuch des Dreigestirns
Der Saal füllt sich mit Jecken und Standarten – jede KG ist mit zwei Personen und Plaggen vertreten, Festkomitee, Stadtspitze, Mariechen, Familie, rund 150 geladene Gäste. Es gibt Kaffee, Kölsch oder Pils. Die Menschen sind alle freundlich – und sehr aufgeregt. Den Besuch eines Kölner Dreigestirns hat es noch nie gegeben. Aber „Unser Ralf“ kennt hier jeder. Und in den Gesprächen wird schnell klar, wie unglaublich stolz sie sind, dass es einer von ihnen geschafft hat in „die Champions League des Rheinischen Frohsinns“.
Nicht nur die Eltern Gerda und Peter Schumacher betonen die „freundschaftliche Verbundenheit“ zu Köln, „das Menschliche“ des Dreigestirns, das sich in der Vorbereitungszeit mehrfach im Hause Schumacher getroffen hatte. Ein Heimspiel auswärts. „Ganz Eschweiler steht hinter Papa“, sagen seine Töchter Denise Schmitz und Michelle Schumacher, Ehefrau Elke hat das ganze Fest organisiert.
Auch wenn der Kölner nicht jedes Wort hier sofort versteht, kapiert man schnell, dass sich die Karnevalshochburg Eschweiler nur gen Osten orientiert. Die „Grenze“, auch sprachlich, verlaufe zwischen hier und Aachen, Köln sei gefühlt viel näher. Ausnahme ist nur der Fußball – FC- und Fohlen-Fans halten sich in etwa die Waage. „Auch wegen der Lieder sind wir mit viel Herzblut bei den Kölnern“, sagt etwa Michael Strauch, der die offiziellen Fotos für die hiesigen Tollitäten geschossen hat: Prinz Simon I. und Zeremonienmeister David sind es in diesem Jahr, die Brüder Hendriks.
Simon ist seit 2015 Präsident der Eschweiler Scharwache 1882, deren Farben er auch im Ornat trägt. Ralf Schumacher entstammt der KG Onjekauchde 1927 Röhe, seinem Wohnort, dessen Bruchsteinhäuser sich unter den Schallschutzwänden der A 4 ducken. Jetzt treffen sich die beiden Tollitäten vor der Gaststätte Rinken, und die Umarmung fällt ausgesprochen herzlich aus – man kennt sich seit Jahren.
Prinz Christian II. erzählt, er habe „Angst gehabt, dass der Schumi schon auf der A 4 zu Tanzen anfängt,“ und freut sich über den „sagenhaften Empfang“. Der „Schumi“ wiederum gesteht mit feuchten Augen, dass er „wesentlich nervöser“ als vor der Pri-Pro sei, während Bauer Frank mit den Worten „Familie Schumacher lebt Familie – und wir sind Teil davon“ in Tränen ausbricht. Eine Steilvorlage für den Prinzen, der bekanntermaßen nah am Wasser gebaut ist und auf sich zeigt: „Gut, dass einer cool bleibt – hier isser!“
Dann dürfen sich die Drei bei Bürgermeister Rudi Bertram noch ins Goldene Buch der Stadt eintragen, „Aeischwilla alaaf!“ FK-Präsident Christoph Kuckelkorn ist von der „wissenschaftlichen Expedition in Ralfs Biotop“ schwer beeindruckt, er fühle sich „zo Huss bei den Brüdern und Schwestern in Köln West-West-West“. Dann geht es zurück nach Köln-Ost: In Flittard ist der erste von zwölf weiteren Auftritten an diesem Tag.