An der Mittelstraße feiern Anwohner und Geschäftsleute zusammen den Rosenmontagszug. Das ist dem Festkomitee ein Dorn im Auge.
„Ausverkauf des Brauchtums“Kölner Festkomitee duldet Fest am Zoch nicht – Streit mit Veranstalterin
![Auf der Mittelstraße feiern Menschen gemeinsam bei der Papperlapappnas.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/07/0a673668-1e01-496e-853a-eeb6b467ccbf.jpeg?q=75&q=70&rect=0,169,1600,900&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=96b44c0b99aa3082aaca9b8988606004)
Auf der Mittelstraße feiern Menschen gemeinsam bei der Papperlapappnas.
Copyright: Papperlapappnas
An Rosenmontag sollen in diesem Jahr 95 Tribünen und 73 Lkw den 7,5 Kilometer langen Zochweg säumen, im vergangenen Jahr waren es 90 Tribünen und 78 Lkw, teilt das Festkomitee (FK) auf Anfrage mit. Damit habe sich die Anzahl der Besucher-Aufbauten im Vergleich zum Vorjahr „nicht wesentlich verändert“, sagt Sprecherin Tanja Holthaus. Und dennoch sorgen die Tribünen zunehmend für Ärger bei so manchem Jecken. Im vergangenen Jahr beschwerte sich etwa eine 30-köpfige Gruppe aus Nippes über den „vollgestellten“ Zugweg und schrieb dem FK einen Brief (wir berichteten).
Aktuell entzündet sich ein Streit an der Mittelstraße. Hier feiern Anwohner, mehrere Geschäftsinhaber und Freunde seit 2013 die Party „Papperlapappnas“. Organisatorin Gesa Schmidt vom Verein Arts and Culture Germany stellt zusammen mit Vereinsmitgliedern die Infrastruktur bereit: Essen, Trinken, Toiletten, Security sowie einen Zochkommentator, zuletzt war das Schauspieler Oliver Nell-Kardes vom Scala-Theater.
Streit um Mittelstraße: Festkomitee beklagt, dass private Gruppen öffentlichen Raum einnehmen
Erwachsene zahlen im Gegenzug für ein Bändchen 30 Euro plus 20 Euro als Spendenbeitrag, Kinder und Jugendliche bis 22 Jahre können frei essen und trinken. Der Erlös geht nach Angaben von Schmidt zu einem großen Teil an den Verein „Dat kölsche Hätz“, der zugunsten des Fördervereins für krebskranke Kinder e. V. Köln sammelt.
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![Organisatorin Gesa Schmidt von Arts and Culture Germany (m.)](https://static.ksta.de/__images/2025/02/07/622f33b0-7002-430f-bac5-39f56be20ebe.jpeg?q=75&q=70&rect=0,180,960,540&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=06bb27a150285d7e72d18fc35169f69c)
Organisatorin Gesa Schmidt von Arts and Culture Germany (m.)
Copyright: Papperlapappnas
Das Festkomitee ist mit dem immer größer werdenden Straßenfest an der Mittelstraße nun nicht mehr einverstanden und beklagt, dass „leider private Personen und Gruppen immer wieder öffentlichen Raum für sich beanspruchen“. Ein Schreiben des FK an Schmidt, in der ihr als Alternative eine Stehplatztribüne zur Vermietung an 73 Personen angeboten wird, liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor.
Darin heißt es: „Auch wenn Ihr das Ganze zu einem guten Zweck macht, entspricht es nicht unserem Konzept, eine ganze Straße zu bewirten gegen Entgelt.“ Man wolle zudem die Aufbauten aus einer Hand bzw. „nur von unseren Dienstleistern bauen lassen“. Damit die Menschen auf der Mittelstraße besser sehen können, setzt Schmidt 18 Zentimeter hohe Sichterhöhungen ein.
Rosenmontag an der Mittelstraße: Veranstalterin kritisiert Tribünenplätze für 65 Euro pro Person
Das Fest sei entstanden, um Familien mit vielen Kindern einen familienkompatiblen Rosenmontagszug zu ermöglichen, sagt Schmidt, die selbst Kinder hat. Die Buffets stehen in privaten Hauseingängen von Geschäften und seien Gemeinschaftswerk. Eine nicht barrierefreie Tribüne sei für sie daher nicht die richtige Lösung. „Wir bieten den Leuten für quasi kein Geld den maximalen Spaß, Essen und Trinken den ganzen Tag, die wollen nicht auf Tribünen, die sehen nicht ein, warum sie 65 Euro pro Person ab dem ersten Lebensjahr zahlen sollen, und dafür nichts bekommen“, sagt Schmidt.
Geht es dem Festkomitee hier um mehr Einnahmen durch weitere Tribünen? Zwar sei die Tribünenvermarktung eine wichtige Säule zur Finanzierung des „seit Jahren defizitären“ Rosenmontagszuges, wie die FK-Sprecherin weiter mitteilt. Doch im Falle der Mittelstraße gehe es nicht vordergründig um die „Deckung der Kosten“.
„Um die betreffende private Veranstaltung hat es in den letzten Jahren viele Diskussionen und auch immer wieder Beschwerden gegeben. Unter anderem wurde anderen Jecken oder Anwohnern der Durchgang zwischen den Häusern und dem Podest verwehrt. Darauf bezog sich schon im vergangenen Jahr unsere Forderung, den Bürgersteig ständig passierbar zu halten“, so die Sprecherin.
![Die Sichterhöhungen baut der Verein Arts and Culture Germany an der Mittelstraße auf, damit Kinder und Erwachsene besser sehen können.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/07/000a1926-79dd-4449-9f7a-0c8b86e976d2.jpeg?q=75&q=70&rect=0,675,900,675&w=2000&h=3556&fm=jpeg&s=d0d03922387319d020e45ddfe1faba40)
Die Sichterhöhungen baut der Verein Arts and Culture Germany an der Mittelstraße auf, damit Kinder und Erwachsene besser sehen können.
Copyright: Papperlappapnas
Man könne die „privaten Aufbauten im Sinne der Sicherheit nicht mehr dulden“, heißt es. Für Schmidt sind das nur vorgeschobene Gründe. „Wir haben Security vor Ort und Ordner mit blauen Westen, sogar Rettungssanitäter und sind auch direkt mit der Polizei am Rudolfplatz verbunden: Alle Menschen dürfen dabeistehen, nur wer Essen stehlen wollte, sich nach vorne gedrängt oder gepöbelt hat, wurde von der Security entfernt.“
Geschäftsleute an der Mittelstraße sind verwundert über Vorgehen des Festkomitees
Winnes Hüpel, Besitzer des seit 1963 ansässigen Geschäfts „Brillen Hallerbach“, ist von Anfang an bei der „Papperlapappnas“ mit dabei. Als der „Kölner Stadt-Anzeiger“ ihn telefonisch erreicht, wusste dieser noch nichts davon, dass das Straßenfest in seiner bisherigen Form auf der Kippe steht. Er zeigte sich verwundert. „Ich sehe die Veranstaltung sehr positiv, weil die sich um alles kümmern, die bauen Schutzplatten an die Schaufenster der Geschäfte, der Sicherheitsdienst achtet auf den geregelten Ablauf. Und danach räumen sie alles auf, fegen die Straße, machen die Fensterscheiben sauber. Ich sehe nicht, wo das Problem ist“, sagt Hüpel.
Die familiäre Atmosphäre schätzt auch Lars Lautner, Angestellter des Stores Leguano, der sich ebenfalls irritiert zeigt. „Leguano stellt den Strom für die Party. Ich bin schon drei, vier Mal dabei gewesen und für mich ist das eine sehr friedvolle Geschichte. Das ist die schönste Karnevalsparty für mich. Wo soll da überhaupt eine Tribüne hinpassen? Das ist unrealistisch.“
Weshalb das Festkomitee überhaupt darüber entscheiden kann, was auf dem Zochweg passiert? Die dem FK angegliederte gemeinnützige Gesellschaft des Kölner Karnevals hat als Veranstalter das alleinige Vermarktungsrecht der Zugwegstrecke von der Stadt Köln bekommen. Bis zu 25 Prozent der Strecke darf das FK für die Tribünen nutzen, „seit Jahren sind wir bei einer Auslastung von knapp 20 Prozent, also deutlich unter den städtischen Vorgaben“, informiert die FK-Sprecherin, der restliche Weg sei also frei zugänglich. Ein umfassendes Sicherheitskonzept werde in Absprache mit den Behörden erarbeitet.
Gesa Schmidt kritisiert die Vermarktung scharf: „Das ist der Ausverkauf des Brauchtums und des urkölschen Straßenkarnevals.“ Das FK hält dagegen: „Selbstverständlich könnte Frau Schmidt alternativ auf ihren Aufbau und Absperrungen verzichten und gemeinsam mit allen anderen Jecken auf der Mittelstraße feiern.“