Köln legt noch mal nach: Nachdem es schon an Weiberfastnacht auf der Zülpicher Straße voll war, zogen an Rosenmontag wieder Tausende zum Feiern ins Kwartier Latäng.
Rosenmontag im Kwartier LatängZülpicher Straße platzt aus allen Nähten – Polizei: „Vereinzelt Körperverletzungen“
Das Kwartier Latäng ist einer von Kölns Party-Hotspots. Gerade und vielleicht besonders zu Karneval. Tausende – vorwiegend jüngere – Karnevalisten zieht es regelmäßig zur Zülpicher Straße.
Offenbar hatten die Karnevalisten in diesem Jahr nach dreifacher Zwangspause einiges nachzuholen – gegen 16.40 Uhr an Rosenmontag teilte die Stadt Köln per Pressemitteilung mit, dass die Kapazitäten im Kwartier Latäng ausgeschöpft worden sind. Alle Zugänge zur Zülpicher Straße mussten gesperrt werden, weil zu viele Feiernde bereits dort unterwegs waren.
Das war nicht das erste Mal, dass die Stadt zum Ende der Session eingreifen musste: Ähnlich groß war der Andrang es bereits wenige Tage zuvor, an Weiberfastnacht. Das Kwartier Latäng musste für neue Karnevalisten immer wieder dicht gemacht werden.
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Der Andrang nahm an Rosenmontag allerdings kein Ende: Von den umliegenden U-Bahn-Stationen am Zülpicher Platz und Barbarossaplatz strömten ab 17 Uhr immer mehr feiernde Menschen zum Kwartier Latäng, während der Karnevalsumzug parallel sein Ziel am Chlodwigplatz erreichte. Bis in die späten Abendstunden gab es Zulauf.
Im Vergleich zur Weiberfastnacht war die Menschenmenge aber noch deutlich größer. Das dürfte aber auch daran liegen, dass es am Rosenmontag keine Ausweichflächen auf den Uniwiesen gab – viele Feiernde dürften sich dementsprechend auf engeren Raum gesammelt haben. Weil die Zugänge zum Kwartier Latäng geschlossen werden mussten, haben sich zusätzlich viele Feiernde auf die Ringe verlagert.
Wer es ins Kwartier Latäng schaffte, konnte allerdings nicht durch das Viertel ziehen. Denn ein Durchkommen war am frühen Abend kaum möglich, so viele Menschen waren im Viertel unterwegs. Die Zülpicher Straße wurde zu einer riesigen Tanzfläche. Aus den dauerhaft prall gefüllten Clubs und Bars schallte Karnevalsmusik.
Kölnerinnen kritisieren Feiernde ohne Kostüm
Unter ihnen waren auch die beiden Freundinnen Mia (19) und Emelie (18). Die beiden Kölnerinnen sind schon seit 13 Uhr unterwegs. Karneval ist für sie Tradition. Schon seit ihrem 16. Lebensjahr sind Mia und Emelie im Kwartier Latäng. In diesem Jahr ist es das erste Mal, dass die Kölnerinnen volljährig unterwegs sind.
Mia und Emelie fühlen sich mit 19 und 18 Jahren zu alt für die Zülpicher Straße. Gefühlt dürfte der Altersdurchschnitt im Kwartier Latäng tatsächlich irgendwo zwischen 16 und 18 Jahren liegen. „Früher fand ich es hier geil, mittlerweile hätte ich aber mehr Lust auf ruhigeren Kneipenkarneval“, sagt Emelie.
Mit der Atmosphäre im Kwartier Latäng sind sie nicht ganz zufrieden. „Das ist inzwischen mehr Tourismus geworden“, meint Mia. Viele der Feiernden hier seien keine Kölner, ist ihr Eindruck. „Das Fest wird für viele hier mehr dazu ausgenutzt, um zu saufen“, ergänzt Emelie. Die beiden Kölnerinnen stört es auch, dass einige der Feiernden nicht verkleidet sind. Für sie ein Beweis dafür, dass es vielen nicht um Karneval geht.
Dennoch machen sich die beiden jungen Frauen eine gute Zeit: „Wenn man besoffen ist, macht es Bock“, so Mia, die sich gerade eine Dose Kölsch aufmacht. „Für uns gehört Karneval einfach dazu“, sagt die 19-Jährige, „und das gibt es so nur Köln“.
Billig, aber erfolgreich: Kieler fallen mit Tinder-Kostüm auf
Tatsächlich trifft man am späten Rosenmontag immer wieder feiernde Menschen, die nicht in der Stadt leben. Der 20-jährige Bela und der 21-jährige Dominik sind etwa extra aus Kiel angereist. Freunde aus Neuss hätten die beiden eingeladen. Es ist ihr erster Karneval in Köln.
Die beiden Norddeutschen sind ein Beweis dafür, dass Karnevalskostüme nicht unbedingt kompliziert oder teuer sein müssen: Sie tragen weiße, selbst bemalte T-Shirts über ihrer normalen Kleidung. Auf ihren Rücken steht „Tinder“, am unteren Bauch finden sich gemalte Like- und Dislike-Buttons – genauso wie in der gleichnamigen Dating-App. Der Superlike-Button befindet sich passenderweise auf Schritthöhe.
Die Auswahl kann man durch Drücken an der jeweiligen Stelle treffen, erklären die beiden Freunde aus Kiel. „Manchmal schlagen die Leute aber auch“, so Dominik. Besonders schlimm sei das aber nicht, denn er habe schon ausreichend Kölsch getrunken.
Bela und Dominik ziehen mit der Verkleidung viel Aufmerksamkeit auf sich. „Wir werden viel angesprochen“, erzählt der 20-jährige Bela stolz. Tatsächlich machen immer wieder Karnevalisten auf der Zülpicher Straße halt, rufen den beiden jungen Männern „Ey Tinder!“ zu und drücken einen der Buttons. Offenbar hat ihre Verkleidung auch einen positiven Effekt, denn bei einem „Like“ soll man im Idealfall seinen Namen (und Telefonnummer) hinterlassen – wovon sich doch schon einige auf ihren T-Shirts befinden.
Nicht ganz so lang war der Weg zum Karneval feiern für die beiden 21-jährigen Freunde Adrian und Florian aus Remscheid. Sie sind nicht zum ersten Mal im Kwartier Latäng: „Das ist hier jedes Mal ein geiles Erlebnis“, sagt Adrian, der sich als Ninja aus der Anime-Serie „Naruto“ verkleidet hat. Den beiden Remscheidern ist deutlich anzumerken, dass sie schon seit dem frühen Vormittag Karneval feiern und dabei auch tief ins Glas geschaut haben.
Aber das gehört für Adrian und Florian dazu. „Karneval ohne Saufen geht nicht – das ist ein Fakt“, findet Florian, der einen Plüsch-Overall in Tiger-Optik trägt. Ohne Alkohol wäre das Feiern in Köln nichts, sagen die beiden 21-Jährigen. Die einzige Sache, die sich beim Karneval feiern stört, sind die vielen Einsatzkräfte der Polizei im Kwartier Latäng. Die Beamten würden übertreiben und zu hart agieren.
„Der normale Wahnsinn“ zu Karneval für die Polizei Köln
Wie an Weiberfastnacht sind auch am späten Rosenmontag immer mal wieder kleinere Polizeieinsätze zu beobachten. Ein Mann wurde etwa gegen 20.30 Uhr an der Ecke zur Zülpicher Straße und Kyffhäuserstraße von der Polizei beiseitegenommen, weil er „Stress am Eingang gemacht“ zur Feierzone habe, erzählt ein Beamter. „Es ist viel zu tun, vor allem am Zülpicher Platz“, so sein Eindruck. In den Seitenstraßen sei es aber weitestgehend ruhig.
Die Leitstelle der Kölner Polizei teilte auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegen 23 Uhr mit, dass der Rosenmontag im Kwartier Latäng bis zu diesem Zeitpunkt nicht besonders auffällig gewesen sei. Bislang sei es „der normale Wahnsinn“ zu Karneval, es gebe vereinzelt Körperverletzungen.
Von der Feuerwehr gibt es eine ähnliche Rückmeldung: Auf der Zülpicher Straße habe der Rettungsdienst viel zu tun – mehr als an Weiberfastnacht – „aber wir sind nicht ausgelastet“, heißt es am späten Montagabend aus der Pressestelle.