Köln – Seit 2017 gibt es den Karnevalsverein „Kölsche Kippa Köpp“, gegründet von Karnevalisten jüdischen Glaubens. Es ist ein junger Verein mit historischen Wurzeln. „Wir sehen uns in der Tradition des früheren jüdischen Karnevalsvereins »Kleiner Kölner Klub« von 1922. Kölner Juden waren immer Teil des vielfältigen karnevalistischen Lebens, aber lange Zeit nicht sichtbar“, sagt Aaron Knappstein, Präsident der Kippa Köpp.
Wie stark jüdische Karnevalisten in den Gesellschaften verankert waren, wurde jetzt beim christlichen Feiertag Allerheiligen deutlich. Traditionell treffen sich an diesem Tag die Roten Funken auf dem Friedhof Melaten, um ihrer verstorbenen Mitglieder zu gedenken.
Annähernd 300 Karnevalisten versammelten sich an der Gedenkstätte der Funken. Als Gastredner verwies Aaron Knappstein darauf, dass viele Karnevalisten jüdischen Glaubens gar nicht dem „Kleinen Kölner Klub“, sondern anderen Gesellschaften angehörten.
Erinnerung an bekanntesten jüdischen Karnevalisten
So wie der wohl bekannteste jüdische Karnevalist, Hans David Tobar, geboren 1888 in Köln. Er war Mitglied bei den Roten Funken und wurde 1922 zum Ehrensenator ernannt. Im Karneval trat er als Kabarettist, Krätzchensänger und Rezitator bei allen Traditionsgesellschaften auf. 1933 änderte sich das: Die Nazis machten auch vor großen Namen nicht Halt, Tobar bekam im offiziellen Karneval keine Aufträge mehr.
Funken-Präsident Heinz-Günther Hunold ging in seiner Ansprache auf das aktuelle Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ ein und schlug die Brücke zur eigenen Gesellschaft, in der Mitglieder jüdischen Glaubens in der Minderheit seien – wie in anderen christlichen, zumeist katholisch geprägten Kölner Karnevalsvereinen.
„In unserer fast 200-jährigen Geschichte wurden sie wegen ihrer religiösen Überzeugung verfolgt, ausgeschlossen, bekämpft, und das auch bei uns: Am 29. Oktober 1935 erlässt der Vorstand eine Satzungsänderung, die nicht-arischen Menschen die Mitgliedschaft verweigert. Carl und Louis sind betroffen und werden ausgewiesen. Max, Vorstand bei Leonhard Tietz, bleibt nur bis zum 13. April 1933 im Verein.“
Karnevalisten setzen Zeichen gegen Antisemitismus
Hunold nennt die während der NS-Zeit Ausgestoßenen bei ihren Vornamen und spricht in der Gegenwartsform. Damit holt er sie sprachlich zurück in den Verein. Neben Carl Nussbaum, Louis Sieger und Max Grünbaum erinnert der Präsident an die aktiven und inaktiven Funken Joseph Salomon, Jacob Goldstein und Max Levy, die bereits in den 1880er Jahren Antisemitismus in der Gesellschaft erleben. Oder Jean Gross, dem Ende 1925 erklärt wurde, er könne kein aktives, sondern nur noch inaktives Mitglied bei den Roten Funken sein.
„Das ist unsere Geschichte. Umso mehr liegt es heute an uns, was wir daraus machen, was und ob wir daraus gelernt haben“, unterstrich Hunold. Aaron Knappstein sagte: „Viele im Kölner Karneval haben uns als fehlendes Mosaiksteinchen in die Karnevalsfamilie aufgenommen. Das freut uns sehr, aber wir erwarten auch, dass die Karnevalsfamilie und die Stadtgesellschaft uns beisteht, wenn uns jemand bedroht. Vielleicht wird es dann auch irgendwann möglich sein, unsere Veranstaltungen ohne Polizeischutz durchzuführen. Darauf hoffen wir.“
An diesem Freitag wird nach einem Beschluss der Bezirksvertretung Innenstadt der „Kleiner-Kölner-Klub-Weg“ offiziell eingeweiht, um an Kölns früheren jüdischen Karnevalsverein zu erinnern.