Köln – 825 000 Euro - so lautet der Zwischenstand der Spendenaktion „Mer looße üch nit allein“ des Festkomitee Kölner Karneval am Donnerstagabend. Aus der Lanxess-Arena heraus wurde der Stream mit zahlreichen Kölner Künstlern und Bands übertragen - damit war das „Henkelmännche“ an einem ansonsten ruhigen Weiberfastnacht so etwas wie das Epizentrum der Karnevalsfeierei. Dominik Schönenborn von Cat Ballou ist begeistert vom Spendenstand. Die Band hatte mit ihrem Song „Du bes nit allein“ die Aktion mit angestoßen. „Wir hatten mit einem fünfstelligen Betrag gerechnet, jetzt sind wir schon bei einem hohen sechsstelligen Betrag. Wir freuen uns gigantisch“, sagte der Keyboarder.
„Ich kann an alle Betroffenen nur den Appell geben, sich wirklich auf die Spenden zu melden.“ Die Erlöse des Streams, den auch der „Kölner Stadt-Anzeiger“ übertrug, sollen Bühnenarbeitern, Roadies, einzelnen Künstlern, Tanzgruppen und Spielmannszügen zu Gute kommen.
Räuber-Schlagzeuger arbeitet wieder als Handwerker
Die Krise der Kulturbranche trifft aber auch die Bands selbst, wie Räuber-Gründungsmitglied Kurt Feller und Ex-Schlagzeuger Wolfgang Bachem erzählen. Bachem verließ die Band im letzten Jahr, um wieder als Handwerker zu arbeiten. „Ich hatte so ein Bauchgefühl im ersten Lockdown, dass uns das noch länger begleiten wird. Ich hatte dann die Chance, in meinen alten Job zurückzukehren - im Nachhinein war das die richtige Entscheidung.“
„Bis die Branche wieder auf die Beine kommt, wird es dauern“, sagt Kurt Feller. „Selbst wenn die Nachfrage an Veranstaltungen irgendwann wieder da ist, wird man die Leute dafür gar nicht mehr so schnell bekommen.“
Wolfgang Niedeckens Ausflug in den Karneval: Zu feiern ist ein kölscher „Urtrieb“
Daher war es auch für Wolfgang Niedecken eine „Sache der Solidarität“, in der Lanxess-Arena mit dabei zu sein. Niedecken, der eigentlich nicht im Karneval auftritt, sang gemeinsam mit den Bläck Fööss „Drink doch ene met“. „Es ist ja stadtbekannt, dass ich kein Karnevalist bin“, sagte Niedecken dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Aber ich gönne den Leuten, dass sie heute Spaß haben. Der Humor wird in Köln nicht tot zu kriegen sein. Schon nach dem Krieg, da waren gerade die letzten Bomben gefallen, wurde hier wieder gefeiert. Das scheint ein Urtrieb zu sein!“
Wie die Karnevalsfeiern bei den Jecken Zuhause aussehen, davon hatten einige Künstlerinnen und Künstler genaue Vorstellungen. „Schön gemütlich Zuhause auf dem Sofa und leicht einen in der Krone“, sagte Sängerin Nici Kempermann von Kempes Feinest. Andrea Schönenborn von den Funky Marys wünschte sich, dass die Jecken „sich heute auf jeden Fall kostümieren, kölsche Spezialitäten schnabulieren und in der Wohnung mitsingen.“
„Ich dachte, wie geil ist das eigentlich, hier gerade zu spielen?“
Für viele der Kölner Bands war der Auftritt in der Lanxess-Arena einer der wenigen in der Session. „Ich dachte, wie geil ist das eigentlich, hier gerade zu spielen?“, sagte Rockemarieche-Frontfrau Peggy Sugarhill. Die Begeisterung für den Karneval hat sich bei ihr sogar noch einmal neu entfacht: „Wir Mädels von Rockemarieche haben uns durch den Karneval formiert - und merken jetzt noch einmal, dass es genau das ist, was wir machen wollen.“
Vor einer leeren Arena zu spielen, sei natürlich komisch, sagen hingegen Lupo-Sänger Kai Mathias und Gitarrist Pedro Schädel. „Aber wenn man merkt, wie viel Liebe und Zusammenhalt hier drin steckt, macht es das Herz nicht ganz so schwer“, sagt Mathias. „Wir wissen ja auch, dass so viele Leute draußen vor dem Fernseher sitzen“, ergänzt Schädel. „Der Karneval ist den Leuten eine Herzensangelegenheit.“