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21-Jähriger angeklagtAuto von der A57 gerammt – Prozess um Unfallflucht offenbart Panne der Polizei

Lesezeit 3 Minuten
Der Kia des Unfallfahrers fährt weiter, während des Auto der Opfer (roter Kreis) gegen eine Mauer prallt.

Der Kia des Unfallfahrers fährt weiter, während des Auto der Opfer (roter Kreis) gegen eine Mauer prallt.

Damalige Polizistin im Praktikum erklärte das Missverständnis im Zeugenstand.

Die Hintergründe eines schlimmen Unfalls auf der A57 in Höhe Bickendorf hätten viel früher aufgeklärt werden können. Der Strafprozess um fahrlässige Körperverletzung und Fahrerflucht am Freitag am Amtsgericht offenbarte eine Polizeipanne. Auf der Anklagebank saß ein heute 21-Jähriger Paketbote. Er hatte mit seinem Kia ein Auto auf dem Mittelstreifen der Autobahn mit voller Wucht getroffen.

Köln: Opfer sucht selbst nach dem Unfallverursacher

Mehrere Monate fragte sich Anlagenmechaniker Michael Hahnke (56), wer ihn und seinen Sohn da an jenem Morgen im Mai 2023 so übel von der Fahrbahn gerammt hat. Sein Auto wurde im Heck getroffen, prallte mit voller Wucht gegen eine Mauer und schleuderte über die Autobahn. Hahnke erlitt Brüche des Lendenwirbels und am Brustbein, er ist bis heute sehr eingeschränkt.

Vom Unfallverursacher fehlte zunächst jede Spur. Als die Staatsanwaltschaft das Verfahren letztlich aufgrund fehlender Ermittlungsansätze eingestellt hatte, ging der 56-Jährige an die Öffentlichkeit. Er postete ein Überwachungsvideo bei Facebook, das den Unfall zeigte. Daraufhin meldeten sich bei ihm nicht nur Zeugen, sondern auch der Unfallfahrer selbst. Das Verfahren ging danach weiter.

Köln: Polizistin im Praktikum notierte falsche Autobahn

Bei Prozess kam raus: Der Polizei war der Unfallfahrer längst bekannt. Der 21-Jährige, der im Amtsgericht Sekundenschlaf aufgrund einer durchgemachten Nacht angegeben hatte, hatte sich zwar von der Unfallstelle entfernt und keinen Notarzt alarmiert. Immerhin hatte er sich aber noch am selben Tag bei der Polizei in Kalk gemeldet und berichtet, dass es Verletzte gegeben haben könnte.

Eine angehende Polizistin im Praktikum hatte die Angaben notiert. Als Unfallort vermerkte sie die A3 – obwohl der Angeklagte angegeben hatte, aus Düsseldorf kommend in Richtung der Kölner Innenstadt gefahren zu sein und den Fernsehturm vor sich gehabt zu haben. „Das kann ja dann nur die A57 sein“, entfuhr es Verteidigerin Isabell Schemmel. Ob sie ortskundig sei, fragte die Juristin die Beamtin. Die entlarvende Antwort: „Nein.“

Köln: Richterin verwarnt Unfallfahrer und spricht Führerscheinsperre aus

Die Selbstanzeige des Unfallverursachers wurde danach nicht weiter verarbeitet. „Das ist schon ärgerlich, weil die Wochen danach für mich puren Stress bedeutet haben“, sagt Michael Hahnke dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er mache der Praktikantin aber keinen Vorwurf, sondern eher der zumindest in diesem Fall nicht stimmigen Kommunikation innerhalb der Kölner Polizeibehörde.

Weiter kritisierte Anwältin Schemmel, dass sich die Beamtin bei dem Zeugen persönlich über das Internet gemeldet hatte – nachdem sie bei Instagram das Unfallvideo gesehen und sich an den Tattag erinnert hatte.

Der Angeklagte entschuldigte sich beim Prozess, er würde heute nicht mehr so handeln. Rund ein halbes Jahr später hatte er jedoch eine weitere Unfallflucht begangen, nachdem er einen Lieferwagen angefahren hatte. Die Richterin verhängte am Ende eine Verwarnung nach Jugendstrafrecht, dazu 100 Sozialstunden. Außerdem eine Führerscheinsperre von einem Jahr.