Köln – Der Reemtsma-Entführer Thomas Drach (61) soll einem Mithäftling in der JVA Ossendorf mehrere Raubüberfälle auf Geldtransporter gestanden haben – obwohl seine Anwälte beim laufenden Prozess am Landgericht von Freispruch sprechen. Nun könnte sich auch Drachs mutmaßlicher Komplize im Knast verplappert haben. Das legt ein von den Behörden abgefangener Brief nahe.
Köln: Brief an Mitangeklagten wurde beschlagnahmt
Den beschlagnahmten Brief hatte ein ehemaliger Mithäftling an Eugen W. (53) geschickt, der mit Thomas Drach auf der Anklagebank sitzt. Der Verfasser berichtet darin, von einem weiteren Insassen gehört zu haben, „dass Du von zehn bis zwölf Jahren ausgehst, die du bekommst“. Das wundere ihn, denn „Du hast ja nichts davon gemacht“, heißt es in dem Schreiben weiter.
Erzählt haben soll das Eugen W. einem Maler und Lackierer, der mittlerweile in der forensischen LVR-Klinik Bedburg-Hau untergebracht ist. Der 43-Jährige wurde für eine Zeugenaussage ins Landgericht gebracht und von Wachtmeistern in Saal 112 geführt. Ob er die beschriebenen Aussagen über Eugen W. getätigt habe, wollte der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern wissen.
„Das stimmt nicht“, sagte der Zeuge, auch wenn er den Angeklagten kenne. Man habe in der JVA Köln ein paar Mal zusammen gekocht. Der Richter hakte nach: „Die Frage ist: Hat Herr W. da Angaben zu Taten gemacht, die ihm zur Last gelegt werden?“ Die Antwort: „Nicht wirklich.“ Er habe erzählt, viel auf dem Bau gearbeitet zu haben, so der Zeuge, „sonst eigentlich nichts“.
Was denn „eigentlich“ heißen solle, fragte der Richter. „Es kursieren so viele Räuberpistolen in der JVA, das interessiert mich alles nicht“, erwiderte der 43-Jährige. Konkret fragte Bern, ob Eugen W. sich denn nicht zur Straferwartung geäußert habe, wie im Brief beschrieben. „Nee, wir haben immer Späßchen gemacht und der meinte, er sei unschuldig“, sagte der ehemalige Mithäftling.
Drachs Verteidiger blafft Richter an
Als Bern abermals nachhakte, ob Eugen W. im Gespräch nicht vielleicht doch mögliche Strafen erwähnt habe, grätschte Drachs Verteidiger Dirk Kruse dazwischen. „Die Frage ist beantwortet, auch wenn Ihnen die Antwort nicht passt“, blaffte der Anwalt den Richter an. Danach wurde der Zeuge entlassen, dessen Aussage letztlich als völlig unergiebig bewertet werden muss.
Mehrfach schwer belastet von einem JVA-Genossen wurde dagegen der Hauptangeklagte Drach. Im Hobbyraum der JVA habe dieser sich mit seinen Taten gebrüstet und von einer weiteren Entführung gesprochen. Drach, dem vier Raubüberfälle auf Geldtransporter in Köln, Frankfurt und Limburg vorgeworfen werden, nannte den Zeugen einen Lügner. Der Prozess wird fortgesetzt.