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Nächste WendungVerurteilter Thomas Drach will jetzt als Zeuge in Kölner Raubprozess aussagen

Lesezeit 4 Minuten
Thomas Drach im Januar kurz vor dem Urteil in seinem eigenen Prozess vor dem Kölner Landgericht.

Thomas Drach im Januar kurz vor dem Urteil in seinem eigenen Prozess vor dem Kölner Landgericht.

Das Urteil über Thomas Drach ist gefallen. Doch nun will der Reemtsma-Entführer als Zeuge im Kölner Landgericht aussagen.

Das Kölner Landgericht muss womöglich bald wieder in den Hochsicherheitsmodus schalten. Denn der im Januar verurteilte Schwerverbrecher Thomas Drach will im noch laufenden Prozess gegen seinen mutmaßlichen Komplizen als Zeuge aussagen. Der frühere Reemtsma-Entführer sitzt noch in der JVA Ossendorf ein, würde dann wohl wieder per Helikopter zum Justizzentrum geflogen. Auch die bewaffneten Hundertschaften der Polizei müssten wieder Gebäude und Umgebung bewachen.

Köln: Zehn Jahre Haft für mutmaßlichen Komplizen gefordert

Es ist die nächste Wendung im Mammutverfahren um vier Raubüberfälle auf Geldtransporter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg an der Lahn. In zwei Fällen wurden Geldboten durch Schüsse aus einer Kalaschnikow schwer verletzt. Das Gericht hatte Drach die Schussabgabe zugerechnet und ihn wegen versuchten Mordes und schweren Raubes zu 15 Jahren Haft plus Sicherungsverwahrung verurteilt. Staatsanwältin Anja Heimig nannte Drach zuvor einen „skrupellosen Berufsverbrecher“.

Der Prozess gegen Drachs mutmaßlichen Komplizen Eugen W. läuft noch.

Der Prozess gegen Drachs mutmaßlichen Komplizen Eugen W. läuft noch.

Das Urteil gegen Drachs mutmaßlichen Komplizen Eugen W. steht derweil noch aus. Staatsanwältin Heimig, inzwischen abgeordnet ans Justizministerium NRW, hatte an dessen Tatbeteiligung in drei Fällen bereits im Dezember keinen Zweifel gelassen. Eine Mischspur an einem der Tatfahrzeuge belaste den Niederländer, ebenso Videoaufnahmen vom Überfall am Flughafen Köln/Bonn im März 2019. Heimigs Kollegin Sabrina Heimers beantragte für W. aktuell eine Haftstrafe von zehn Jahren.

Köln: Thomas Drach steht als Zeuge zur Verfügung

Nach der Staatsanwältin hätten eigentlich die Rechtsanwälte des Niederländers W. plädieren sollen, doch die weigerten sich. Damit verzögert sich auch abermals das geplante Urteil. Für die Verteidiger ist das Verfahren noch lange nicht zu Ende, nicht alle Beweismittel seien ausgeschöpft. Der Kölner Rechtsanwalt Wolfgang Heer – bekannt für seine unsachlichen Dispute mit dem Vorsitzenden Richter – war es, der den Reemtsma-Entführer als Zeugen ins Spiel brachte. Drach sei bereit zur Aussage.

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, hat Heers Aussage vor Gericht tatsächlich Hand und Fuß. Dem Vernehmen nach hatte Drachs neuer Verteidiger, der Bonner Anwalt Michael Hakner, den Reemtsma-Entführer zuvor in der JVA Ossendorf besucht und dessen Aussagebereitschaft erfragt. Drach stimmte zu, erneut im Landgericht zu erscheinen, diesmal als Zeuge. Umgekehrt hatte zuletzt auch Eugen W. im Zeugenstand des Drach-Prozesses gesessen – allerdings die Aussage verweigert.

Kölner Strafverteidiger rät zur Zeugenvernehmung

Offen ist, ob Richter Jörg Michael Bern den verurteilten Drach als Zeugen zulassen wird. Bern hatte die Beweisaufnahme im Verfahren gegen Eugen W. bereits geschlossen. „Der Richter wird im Sinne der Verpflichtung zur Amtsaufklärung kaum auf eine Zeugenvernehmung verzichten können, denn Thomas Drach selbst kann ein wesentliches Beweismittel sein“, so bewertet der bekannte Kölner Strafverteidiger Sebastian Schölzel, der auch in der Juristenausbildung tätig ist, die Situation.

Bern sei womöglich vorher schon gehalten gewesen, Drach von sich aus als Zeugen zu laden. Dies auch noch zu blockieren, könne einen Revisionsgrund darstellen, der Bundesgerichtshof könnte das Urteil kassieren. „Durch die Zeugenvernehmung von Thomas Drach könnte der Richter dieses Risiko vermeiden“, sagt Schölzel. Sollte Drach im Zeugenstand, wie damals umgekehrt W., die Aussage verweigern, dann wäre das eine Sache von zehn Minuten. Voraussehen kann man das aber nicht.

Neuer Verteidiger soll gegen Drachs Gefängnisurteil vorgehen

In seinem eigenen Prozess hatte der 63-Jährige immer wieder das Wort ergriffen, sich zu den Vorwürfen selbst aber spärlich geäußert. Zuletzt hatte Drach sich mit seinen Verteidigern Andreas Kerkhof und Dirk Kruse überworfen, weil diese dessen wilden Verschwörungstheorien in Bezug auf das frühere Entführungsopfer Jan Philipp Reemtsma nicht mitgetragen hatten. Drach hatte Kerkhof sogar einen „Liebeskasper“ genannt, der ein Auge auf Staatsanwältin Heimig geworfen hätte.

Der neue Drach-Anwalt Michael Hakner im Juli 2023 mit Milos L. beim „Pink Panther“-Prozess in Köln.

Der neue Drach-Anwalt Michael Hakner im Juli 2023 mit Milos L. beim „Pink Panther“-Prozess in Köln.

Nun soll also Strafverteidiger Michael Hakner gegen Drachs Hafturteil vorgehen, die Revision für den Bundesgerichtshof bearbeiten. Bewertet er das Mandat als heikel? „Nein“, sagt Hakner auf Anfrage selbstbewusst. Der Bonner kennt sich mit „schweren Jungs“ aus. Zuletzt hatte er in Köln Milos L., ein mutmaßliches Mitglied der berüchtigten Pink Panther-Räuberbande, verteidigt und ein mildes Urteil erreicht. L. sitzt im besonders gesicherten Hafthaus 4 der JVA Köln ein – genau wie Thomas Drach.