Die Stadt Köln hat 2023 die Radfahrinfrastruktur verbessert und plant 2024 weitere Maßnahmen. Derweil steigt die Anzahl der Auto-Neuzulassungen.
VerkehrswendeTrotz vieler neuer Radwege ist das Auto in Köln so beliebt wie nie zuvor
Der Verkehr auf Kölns Straßen wird immer dichter. Im Jahr 2023 wurden so viele neue Fahrzeuge zugelassen wie noch nie. Eine aktuelle Auswertung zeigt, dass insgesamt 585.118 Fahrzeuge in Köln registriert sind. Damit besitzt mehr als jeder zweite Kölner ein Auto. Doch laut der Stadt Köln werden auch immer mehr Fahrten mit dem Rad auf Kölns Straßen gezählt.
Die Verwaltung möchte die Stadt im Zuge der Verkehrswende für Radfahrer attraktiver machen. Weil der Platz in Köln – vor allem in der Innenstadt – begrenzt ist und Ziele auch weiterhin mit dem Auto erreichbar bleiben sollen, soll ein Mobilitäts-Mix gefördert werden. Wie dieser im Detail umgesetzt werden soll, hinge laut Stadt immer von der jeweiligen Perspektive ab – „Kompromisse sind hier selten leicht zu finden“, so die Stadt.
Am 22. Mai veröffentlichte die Stadt Köln auf ihrem Instagram-Account einen Beitrag zu fünf Maßnahmen für eine fahrradfreundlichere Stadt. Dabei stellte sie vier umgesetzte Verbesserungen vor, sowie weitere Projekte, die für die Zukunft geplant sind.
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Giesbert: „Tut gut, dass es positive Entwicklung gibt“
Zum einen wurden 78 Ampeln mit dem „Grünpfeil“ ausgestattet, der Radfahrende dazu berechtigt, auch bei Rot abbiegen zu dürfen. Zudem habe sich die Stadt das Ziel gesetzt, jährlich 1500 neue Fahrradstellplätze zu bauen. Dieses Ziel übertraf sie im Jahr 2023 um 300 Plätze. Dafür wurden, wie in Nippes, teilweise bisherige Parkplätze für Autos in Radparkplätze umgewandelt.
Als weitere Verbesserung nennt die Stadt 980 Einbahnstraßen, die für den Fahrradverkehr geöffnet wurden. Das entspricht etwa der Hälfte aller Kölner Einbahnstraßen. Zudem sind im Stadtgebiet 52 Fahrradstraßen entstanden, was insgesamt einer Strecke von 25 Kilometern entspricht – für die Bürgerinitiative „Fahrrad-Entscheid Köln“ „eine wirklich niedrige Zahl“, verglichen zu dem 2.800 Kilometer langem Kölner Straßennetz.
Insgesamt befürwortet der Fahrrad-Entscheid Köln das Engagement der Stadt. „Es tut gut zu sehen, dass es auch positive Entwicklungen gibt“, sagt Lukas Giesbert, Sprecher der Bürgerinitiative, die sich 2023 gegründet hat. Dabei dürfe jedoch nicht vergessen werden, in welchem desaströsen Zustand die Kölner Straßen für Fahrräder seien. „Die Maßnahmen machen zwar das Fahrradfahren etwas angenehmer – nicht aber unbedingt sicherer“, so Giesbert. „Wir vermissen dabei vor allem einen konsequenten Ausbau des Fahrradnetzes.“
Langfristig muss auf zwei Drittel der Autos verzichtet werden
Für 2024 plant die Stadt weitere Projekte wie eine Direktverbindung für Radfahrer zwischen der Deutzer Brücke und der Deutzer Freiheit sowie einen Schutzstreifen auf der Vorgebirgsstraße in Köln-Zollstock. Laut Giesbert seien diese Verbesserungen „dringend geboten“, jedoch nur zwei Punkte auf einer „nicht enden wollenden Liste an Projekten, die die Stadt schnell angehen müsste“.
Auch der ADFC kritisiert, dass dies grundsätzlich gute Projekte seien, sich die Stadt jedoch im „Klein Klein“ verliere. „Wenn wir das Ziel des Klimaschutzes erreichen wollen, müssen wir größer denken als das“, sagt Christoph Schmidt, Vorsitzender des ADFC Köln. Langfristig müsste auf zwei Drittel der jetzigen Autos in der Stadt verzichtet werden. Das sei mit solchen Projekten nicht zu schaffen. Zudem sollten neben der Innenstadt auch die weiteren acht Kölner Bezirke vermehrt von Verbesserungen profitieren.
Die unterschiedlichen Meinungen zum Mobilitäts-Mix in Köln spiegeln sich auch in den Kommentaren des Beitrags wider. Während einige eine fahrradfreundlichere Stadt befürworten, sorgen sich andere um den Platz für Autos. Viele Kölner erkennen die Verbesserungen für den Radverkehr an und loben die Stadt für das Tempo der Umsetzung. „Ich fahre so viel Fahrrad wie nie zuvor. Und das, obwohl ich auch Autofahrer bin“, schreibt ein Nutzer. Doch nicht alle sind zufrieden mit den Maßnahmen. „Hauptsache die Autofahrer haben das Nachsehen“, kritisiert ein anderer.