Ab September werden in Frankreichs Hauptstadt Paris keine Leih-E-Scooter mehr auf den Straßen zu sehen sein. Ein Szenario auch für Köln?
Nach Entscheidung in ParisDroht Köln ein E-Scooter-Verbot? Das sagen die Parteien und die Anbieter
Sie liegen oft mitten auf Gehwegen oder werden einfach in den Rhein geschmissen, zudem häufen sich Unfälle mit ihnen – die Nutzung von E-Scootern in Köln ist ein Dauerthema in der Stadt. In der französischen Hauptstadt Paris hat eine Entscheidung nun für mächtig Wirbel gesorgt. Ab dem 1. September herrscht striktes Leih-Scooter-Verbot in der Stadt. Ist so ein Szenario jetzt auch in Köln denkbar? Zumindest das Gesetz kennt klare Grenzen.
Für Hans Günter Bell, Geschäftsführer der Fraktion „Die Linke“ im Rat der Stadt Köln, sind die Scooter in Köln ebenfalls ein großes Ärgernis: „Sie blockieren Gehwege, sie sind vor allem für Blinde und Sehbehinderte eine große Gefahr und immer wieder kommt es zu Unfällen.“
Ein striktes Verbot wie in Paris sei für Köln laut Bell allerdings nicht nötig. „Wir gehen nicht so weit, sie komplett verbieten zu wollen. In begrenztem Umfang können sie zur Verkehrswende beitragen. Wir müssen das Chaos und die Gefährdungen eindämmen. Dazu brauchen wir verbindlich festgelegte Abstellplätze, für wild abgestellte E-Scooter müssen die Verleiher in die Pflicht genommen werden. Die Zahl der in Köln zugelassenen E-Scooter muss deutlich verringert werden“, sagt Bell auf Nachfrage dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
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Leih-E-Scooter-Verbot in Köln? Das sagen die Parteien
Ähnliche Worte fallen auch in den anderen Fraktionen. „Verbote sind der falsche Weg. Stattdessen müssen bestehende Regeln endlich durchgesetzt werden, um Ordnung ins E-Roller-Chaos zu bringen“, sagt Christian Joisten, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Köln. Vor allem die beschlossenen Abstellzonen müssten jetzt überall eingerichtet werden. Dies sei insbesondere für die Außenbezirke in Köln wichtig, in denen Bus und Bahn nicht so lange fahren.
Auch Teresa De Bellis-Olinger, verkehrspolitische Sprecherin der Kölner CDU-Fraktion, spricht sich gegen ein kurzfristiges Verbot der Leih-Scooter aus. Ordentliche Abstellmöglichkeiten sowie ein geregeltes Free-Floating-System (also ein stationsunabhängiges Modell) seien dafür jedoch elementar. Dann seien gegebenenfalls auch Kooperationen mit Supermärkten oder der KVB möglich, um einheitliche Regeln zu gewährleisten. „Die Holländer und Belgier machen vor, wie es funktionieren kann“, sagt De Bellis-Olinger dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernd Petelkau schließt mittelfristig ein Verbot allerdings nicht aus. Vor allem „wenn die Zahl der Unfälle und das Chaos beim Abstellen der Roller nicht besser“ werde.
FDP und Grüne: Verbot von E-Scootern in Köln keine Option
E-Scooter seien eine gute Ergänzung im Mobilitätsmix, meint auch Christian Beese, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. „Gerade in den Außenbezirken können Sie ihre Wirkung entfalten, wenn es um den letzten Kilometer von der Haltestelle nach Hause geht“, sagt Beese dieser Zeitung. Ein Verbot komme für die FDP nicht infrage. Allerdings müsste laut Beese für mehr Ordnung gesorgt werden: „Abstellplätze müssen dicht beieinander liegen, damit die Scooter ein flexibles Verkehrsmittel bleiben und auf Fahrbahnhöhe liegen, damit sie gar nicht erst auf Gehweghöhe benutzt und abgestellt werden.“
Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Kölner Rat und Vorsitzender des Verkehrsausschusses, schlägt denselben Weg ein und sagt: „Ein Verbot von E-Scootern wäre übers Ziel hinausgeschossen. Klar ist aber, dass es strengere Regeln und definierter Abstellzonen bedarf. Die von der Stadt Köln vorbereitete Ausschreibung mit klaren Qualitätskriterien und einer Flottenbegrenzung ist hier der richtige Weg.“
Scooter-Verbot: Das sagen die Betreiber Tier und Bolt
Änderungen ja, striktes Verbot nein – das Stimmungsbild bei den Kölner Parteien ist also überraschend eindeutig. Dies dürfte auch bei den bereits bestehenden E-Scooter-Anbietern in der Stadt für Erleichterung sorgen.
Beim Unternehmen Tier Mobility zeigt man sich mehr als enttäuscht über die Entscheidung in Paris. „Ein Rückschritt“ sei das Verbot in der französischen Millionenmetropole, sagt ein Sprecher von Tier. Glücklicherweise gäbe es in Deutschland einen anderen rechtlichen Rahmen für E-Scooter-Sharing als in Frankreich. Hier ist die Zulassung von E-Scootern bundeseinheitlich geregelt.
„Städte wie Köln sollten sich für die Erreichung ihrer Verkehrs- und Klimaziele eher auf die Integration von E-Scootern konzentrieren. Unsere Nutzerzahlen von mehr als doppelt so vielen Ausleihen während des KVB-Streiks am 20. und 21. März zeigen, dass sich unsere E-Scooter längst als Mobilitätsalternative in Köln etabliert haben“, so der Tier-Sprecher weiter.
Auch Jan Kronenberger, Pressesprecher von „Bolt Deutschland“, glaubt an das Potenzial der Scooter: „Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass fast 40 % der Fahrten mit Bolt-E-Scootern an öffentliche Verkehrsmittel angeschlossen sind, sie werden also als Lösung für die letzte Meile zwischen dem Ausgangspunkt der Fahrt und einer Bus-, U-Bahn- oder Zughaltestelle genutzt.“
Doch wäre ein Verbot, wie in Paris, in Köln überhaupt durchsetzbar? Die Stadt sagt: Nein. „Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit der Einführung des Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetzes 2021 festgelegt, dass die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen, hierunter fallen auch E-Scooter, ein Bestandteil des sogenannten Multimodalen Mobilitätsangebotes sind“, erklärt ein Sprecher der Stadt auf Nachfrage. § 30 Abs. 3 dieses Gesetzes regele zudem, dass die Nutzung nicht so weit durch kommunale Satzungen eingeschränkt werden dürfe, dass ein Angebot verhindert werde. „Der Landesgesetzgeber hat sich damit klar positioniert und deutlich gemacht, dass entsprechende Angebote nicht verhindert werden sollen. Daher ist ein komplettes Verbot von E-Scootern in Köln rechtlich nicht möglich“, so der Sprecher der Stadt Köln.