Da die Stadt Köln den Klimanotstand ausgerufen hat, sollen neue, möglichst umweltfreundliche Dienstfahrzeuge her.
Der Stadtvorstand will in einer Pilotphase Fahrzeuge testen lassen, die alternative Antriebe nutzen.
Dies könnte das Ende der Zusammenarbeit mit Ford bedeuten.
Köln – Die Stadtspitze will im Frühjahr 2020 in einem Pilotprojekt neue Dienstwagen für Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die sieben Dezernenten und die ehrenamtlichen Bürgermeister testen. Die ein Dutzend Fahrzeuge starke Flotte besteht zurzeit aus Mondeo-Limousinen des Herstellers Ford. Da die Stadt den Klimanotstand ausgerufen hat, sollen die neuen Fahrzeuge möglichst umweltfreundlich sein.
Der Stadtvorstand will nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ in einer einjährigen Pilotphase von den Dezernenten drei bis Fahrzeuge testen lassen, die über einen Wasserstoffantrieb verfügen oder Plug-In-Hybride sind – also über einen Benzinmotor und einen Elektromotor verfügen, der sich an einer Steckdose aufladen lässt. Beides hat Ford zurzeit nicht im Angebot. Deshalb droht ein Ende der Zusammenarbeit mit der Stadt – der Autobauer ist mit 18 000 Beschäftigten der größte privatwirtschaftliche Arbeitgeber in Köln.
Toyota spielt bisher auch keine Rolle
Die Stadt will dem Vernehmen nach zwei Modelle des Stuttgarter Autobauers Mercedes testen – den GLC F-Cell und die E-Klasse mit Plug-In-Hybrid. Fahrzeuge anderer Hersteller sind bisher nicht vertreten. Toyota – ebenfalls in Köln ansässig, wenngleich ohne eigene Produktion – spielt wie auch Ford bei dem Pilotprojekt bislang keine Rolle. Wie zu hören ist, liegt das daran, dass außer dem Mittelklasse-Modell Prius kein Plug-In-Hybrid im Angebot ist. Auch bei der Toyota-Tochter Lexus sind nur Hybridautos vorhanden, die sich zwar bei einer Fahrt mit Verbrennungsmotor selbst aufladen, sich aber nicht an einer Steckdose mit Strom versorgen lassen. Das gilt auch für Rekers aktuellen Dienstwagen, einen Hybrid-Ford.
Die Verwaltung soll die Testfahrzeuge allerdings noch nicht final bestellt haben. Es würde also theoretisch die Möglichkeit bestehen, dass sich Ford doch noch an der Pilotphase beteiligt. Der Autobauer würde wohl sein erstes vollbatteriegetrieben Modell ins Rennen schicken. Vor rund drei Wochen war der Mustang Mach-E in Los Angeles präsentiert worden. Ende kommenden Jahres kommt es auf den Markt. Inspiriert ist der Wagen vom Klassiker des US-Autobauers. Das vollelektrische Modell spielt als Fünftürer in der Kategorie der Sportgeländewagen (SUV) mit. Die Reichweite mit einer Batterieladung wird bei bis zu 600 Kilometern liegen. Ein Vorserienmodell dürfte es bereits geben, das in Köln zur Probe gefahren werden könnte. Ob Ford damit allerdings an dem im Frühjahr startenden Pilotprojekt der Stadt teilnehmen kann, ist fraglich, weil der Wagen erst Ende 2020 auf den Markt kommt.
Ford-Chef Gunnar Herrmann hatte in der Vergangenheit immer wieder auf die Elektrooffensive des Unternehmens verwiesen. Jede Modellreihe des Autobauers soll demnächst eine elektrifizierte Antriebsoption erhalten. So wird etwa der Ford Kuga im Frühjahr als Plus-In-Hybrid auf den Markt kommen. Auch das Ford Groß-SUV Explorer wird mit dieser Antriebsform angeboten. Beide Modelle dürften für die Oberbürgermeisterin jedoch nicht ganz passgenau sein – das eine zu klein, das andere vor dem Hintergrund der Klimadebatte ebenfalls kaum geeignet.
Verstimmung bei Ford-Belegschaft
Bei Ford hat die Tatsache, dass Reker mit dem Pilotprojekt die seit rund 30 Jahren mal mehr, mal weniger stark gepflegte Tradition der Ford-Dienstwagen zumindest in Frage gestellt hat, für Verstimmung bei Belegschaft, Betriebsrat und Unternehmensführung gesorgt. Ford-Chef Herrmann sprach von einer enormen Enttäuschung und fehlender Unterstützung in dieser für das Unternehmen schwierigen Situation gewünscht. Ford befindet sich i in einem schwierigen Restrukturierungsprozess, im Zuge dessen hierzulande 5400 Stellen abgebaut werden, davon 3800 am Standort Köln.
Termine zwischen der Stadtspitze und der Ford-Führung wurden in den vergangenen Wochen immer wieder verschoben, neue sollen schwer zu finden sein, heißt es.
Viele Oberbürgermeister fahren Hybrid-Modelle
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter fährt BMW, Stuttgarts Rathaus-Chef Fritz Kuhn Mercedes und Smart, Ingolstadts OB Christian Lösel Audi, in Wolfsburg lässt sich Oberbürgermeister Klaus Mohrs in einem VW fahren. In fast allen Autostädten fährt die Stadtspitze die Fahrzeuge des Unternehmens, das vor Ort ansässig ist. Viele Oberbürgermeister wie Reiter, Kuhn und Mohrs fahren Plug-in-Hybrid-Modelle, die einige Kilometer rein elektrisch fahren können und anschließend auf den normalen Motorenbetrieb umschalten.
Kritiker der vom Bund geförderten Technik halten die vermeintliche Umweltfreundlichkeit dieser Fahrzeuge für ein fragwürdiges Etikett, mit der die Hersteller den durchschnittlichen CO2 -Verbrauch ihrer Flotten senken wollen. Künftig dürfen in Europa verkaufte Neuwagen im Schnitt nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren – das entspricht einem Durchschnittsverbrauch von 4,1 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer. Viele Autos mit Plug-in-Hybrid werden mit unter zwei Litern Durchschnittsverbrauch angegeben – damit senken sie die Durchschnittsemissionen der Hersteller enorm.
Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne), der für sich in Anspruch nimmt, kein privates Auto zu besitzen und den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen, fährt nach Angaben eines Sprechers für innerstädtische Termine einen vollelektrischen Smart. Auch ein vollelektrischer Mercedes der B-Klasse stehe der Verwaltung zur Verfügung. Die Schnellladesäulen der Stadtwerke würden zu 100 Prozent aus regenerativen Energien gespeist.
In der Opel-Stadt Rüsselsheim hat die Stadtverwaltung im Sommer fünf elektrische Autos von Renault angeschafft – Opel hatte kurz zuvor zwar seinen E-Corsa vorgestellt, doch da waren die Renaults schon bestellt. (uk)