Eltern demonstrierten vor dem Rathaus gegen die Schulplatznot, die auch die Grundschulen erreicht hat. Wegen weiter Schulwege erwägen Eltern, ihre Berufstätigkeit aufzugeben.
„Wir überlegen, aus Köln wegzuziehen“Eltern zeigen Stadt Köln wegen Schulplatznot an Grundschulen die Rote Karte
Es war nicht der ideale Tag für eine Demonstration gegen die Schulplatznot an Kölner Grundschulen. Angesichts des Streiks der KVB war es für viele Eltern eine riesige Herausforderung, mit ihren Kindern quer durch Köln zu der Demo vor das Rathaus zu kommen, zu der Stadtschulpflegschaft und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) aufgerufen hatten. Für viele war es schlicht unmöglich. Trotzdem kamen Eltern, um der Stadt „die Rote Karte zu zeigen“.
Auf rotem Pappkarton haben sie aufgeschrieben, was es für sie als Familie bedeutet, dass ihr Kind ab dem Sommer einen weiten Weg zur Grundschule fahren muss: Etwa die Familie, deren Tochter an eine sieben Kilometer entfernte Grundschule muss. „Wir haben kein Auto und auch kein Geld, eines zu kaufen“, hat der Vater auf die Rote Karte geschrieben. „Meine Frau ist wieder schwanger und wir überlegen uns ernsthaft, ob Köln noch ein Ort ist, ein zweites Kind in die Welt zu setzen, wenn man sich hier zwischen Arbeit und Kindern entscheiden muss.“
Kölner Eltern müssen zwischen Beruf und Familie wählen
Eine alleinerziehende Krankenschwester ohne Auto, die morgens um 6 Uhr zum Dienst muss, berichtet von schlaflosen Nächten. Eine andere Mutter ist entschlossen, den angebotenen Schulplatz in 40 Minuten Entfernung einfach nicht anzunehmen. „Ich werde nicht aufgeben, bis ich für unser Kind einen erreichbaren Schulplatz habe“, gibt sie sich kämpferisch.
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„Wenn man solche Beschreibungen hört, dann kann man nicht anders als tief betroffen zu sein“, sagte GEW-Geschäftsführerin Eva-Maria Zimmermann. Sie erreichten Mails von verzweifelten Eltern, „deren sechsjährige Kinder nun ab Sommer täglich fast zwei Stunden Lebenszeit damit verbringen sollen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mehrmaligem Umsteigen zur Grundschule zu fahren“.
Hintergrund der Demo ist, dass in diesem Jahr zum ersten Mal auch an den Grundschulen die Schulplatznot ein großes Ausmaß angenommen hat. Schulen mussten etwa – zum Beispiel in Porz oder Mülheim – wegen Anmeldeüberhängen ganze Klassen abweisen. Statt einem Platz an der Erst- oder Zweitwunschschule wurden den künftigen Erstklässlern teilweise Schulen zugewiesen, die Kilometer entfernt liegen. „Uns ist ein Rätsel, wie eine Verwaltung auf so etwas nicht vorbereitet sein kann“, so Zimmermann. Die Kinder fielen nicht vom Himmel und man wisse auch, wo die wohnen. „Sechsjährige einmal quer durch die Stadt schicken, das geht gar nicht“, ergänzte die Stadtschulpflegschaftsvorsitzende Nathalie Binz. Die Stadtschulpflegschaft will erreichen, dass die Stadt den Kindern, die besonders weite Wege haben werden, eine Lösung anbietet.
Kölner Politik fordert kurzfristige Containerlösungen
Wie groß die Anzahl der Kinder ist, die mehr als zwei Kilometer Schulweg haben werden und wie viele mehr als sechs Kilometer zurücklegen müssen, ist unklar. Zahlen will die Stadt dazu derzeit noch nicht veröffentlichen, da das Verfahren formal noch nicht abgeschlossen ist. Die Schulpolitiker vor Ort mahnten von der Verwaltung Transparenz an. Es brauche Zahlen und Informationen darüber, welche Dimension das Problem habe, sagte Bärbel Hölzing (Grüne). „Es wird blockiert und gemauert“, beklagte Andrea Browers (Volt).
Oliver Seeck (SPD) mahnte kurzfristige Lösungen wie die Aufstellung weiterer Container an, um unkonventionell und pragmatisch Abhilfe zu schaffen und mehr Kindern einen wohnortnahen Grundschulplatz zu ermöglichen. In Worringen biete sich etwa eine der Schule benachbarte Wiese als Standort an. Auch Heiner Kockerbeck (Linke) mahnte Notmaßnahmen für zusätzliche Plätze an. Die Verwaltung selbst hatte in der letzten Schulausschusssitzung bereits thematisiert, dass auch Alternativen wie Schulbusse geprüft würden.
Viele, die gekommen waren, waren Eltern von Kitakindern, die erst im nächsten Jahr in die Grundschule kommen. „Es treibt mich um, dass noch so wenige Eltern in den Kitas wissen, wie schwierig die Lage jetzt auch bei den Grundschulplätzen ist“, sagt Verena Jordan, die mit Tochter Leni gekommen ist. Man müsse schon jetzt aktiv werden und dafür kämpfen, dass das im nächsten Jahr nicht wieder so ein Desaster gebe. Die Eltern müssten Präsenz zeigen und sich organisieren, so wie das die Grundschuleltern beim Kampf um den Platz an den weiterführenden Schulen ja auch täten. „Wir wollen von Verwaltung und Politik wissen, was längerfristig passiert, damit so etwas nicht mehr wieder passiert“, forderte GEW-Chefin Zimmermann.
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