Köln – Der English Shop im Schatten des Kaufhofs war immer eine Art kleine britische Botschaft in Köln. Hier gab es die ausgefallensten englischen Spezialitäten und hier wurde zuletzt groß die Hochzeit von Harry und Meghan gefeiert. Doch nun muss der Laden schließen.
„Boris hat uns geschafft“, sagt Inhaber Alexander McWhinney (59). Der Brexit und seine Folgen haben es ihm so schwer gemacht, dass er nun aufgeben muss. Er hat Insolvenz angemeldet, Ende Dezember 2021 musste er schon seinen zweiten Laden am Bonner Friedensplatz aufgeben.
Importschwierigkeiten durch Brexit
Es sind vor allem die Importbeschränkungen, die das Geschäft am Ende fast unmöglich gemacht haben. „Bier kann ich derzeit überhaupt nicht bekommen.“ Auch bei Fleischwaren, den beliebten Würstchen und Milchprodukten sei es schwer. Und für jede Lieferung müsse man sehr, sehr viele Formulare ausfüllen. „Und wenn dann ein Blatt nicht stimmt, kommt die ganze Ladung nicht an.“ Wegen dieses Hickhacks seine auch immer weniger Transportfirmen bereit, seine Aufträge anzunehmen. Ohnehin fehlen in Großbritannien Lastwagenfahrer. Zwölf Wochen wurde gar nicht geliefert. „Das ist surreal."
Auch beim Personal geriet McWhinney in Schwierigkeiten. „Hier haben oft die Ehefrauen von Ford-Mitarbeitern aus England oder anderen englischsprachigen Ländern ausgeholfen, die hier ein paar Jahre bei Ford waren.“ Das habe immer problemlos funktioniert. „Jetzt brauchen die ein Visum.“
Kitsch und Süßigkeiten im English Shop in Köln
Damit endet nun wohl die Geschichte des britischen Außenpostens an der kleinen Straße An St. Agatha. Hier gab es Haggis in Dosen, Shortbread, Backmischungen für Scones, Lemon Curd Marmelade, HP-Sauce (peppt selbst das fadeste Essen auf), Fritten mit Scampi-Flavour, Süßigkeiten von Cadbury und anderen Firmen, die stets quietschbunt und offenbar noch kalorienhaltiger sind als die deutschen Versionen.
Außerdem bekam man hier allerlei Kitsch und Nippes, englische Bücher und Klatschblätter. Bei Großereignissen im Königshaus waren die Regale mit entsprechende Erinnerungstassen und Geschirrtüchern gefüllt. 2018 gab es im Laden ein Public-Viewing der Hochzeit von Harry und Meghan.
Der Schotte Alexander McWhinney kam 1988 nach Deutschland. „Genau am 2. Februar 1988, ich hatte nur einen Rucksack dabei.“ Er wollte die deutsche Sprache lernen, machte ein Betriebspraktikum. Und blieb. Als Diplom-Ingenieur arbeitete in mehreren Städten für große Autobauer und Kfz-Zulieferer. Da habe er jede Menge Geld verdient, aber glücklich sei er nicht gewesen.
Um gegen das Heimweh zu kämpfen, legte er sich einen Vorrat mit Salt & Vinegar-Chips – damals in Deutschland noch unbekannt – und englischem Bier an. Und trug die Mission dann nach außen. 1995 eröffnete er den ersten Shop in Kalk, zog dann an den Mauritiussteinweg und schließlich an die Schildergasse. Dort kam dann 1996 das englische Warenhaus Marks & Spencer als Nachbar. Der Riese scheiterte, musste 2001 schließen. Der kleine English Shop blieb.
Nun aber hat ihn der Brexit – und Corona – dann doch erwischt. So ganz aufgeben will Alexander McWhinney aber noch nicht. Er stehe noch in Verhandlungen. „Ich hoffe, es geht irgendwie weiter.“ Er selbst ist mit Beginn des Brexit Deutscher geworden. Sonst hätte er kein Bleiberecht.