Köln – Christian Joisten wird weiterhin Fraktionschef der SPD im Stadtrat bleiben. Seine drei Stellvertreter Andreas Pöttgen, Monika Schultes und Peter Kron hatten zwar in der vergangenen Woche einen Abwahlantrag gestellt (hier lesen Sie mehr), diesen jedoch am Mittwoch kurz vor einer geplanten Fraktionssitzung wieder zurückgezogen. Joisten und seine drei Stellvertreter erzielten am Nachmittag eine Einigung, über deren genauen Inhalt Stillschweigen vereinbart wurde. Die Vereinbarung beinhaltet eine weitere Zusammenarbeit der Fraktionsspitze. Der Vorgang hat somit weder Konsequenzen für den Fraktionschef noch für Pöttgen, Schultes und Kron.
Auf die Frage, warum der Abwahlantrag am Ende doch noch zurückgezogen wurde, heißt es dem Vernehmen nach, dass der Druck seitens der Partei enorm groß gewesen sei. Zahlreiche Ortsvereine hatten sich beim Vorstand beschwert und dazu aufgerufen, Schaden von der SPD abzuwenden. Eine Abwahl wäre aus Sicht vieler Mitglieder in der Außenwirkung fatal gewesen, insbesondere aufgrund der für den 13. September geplanten Kommunalwahl. Der Unterbezirksvorstand unter Führung von Parteichefin Christiane Jäger hatte von der Fraktion gefordert, auf den Abwahlantrag zu verzichten.
Joisten und Stellvertreter müssen sich wieder zusammenraufen
Nachdem das jetzt gelungen ist, werden sich Joisten und seine Stellvertreter vorerst wieder zusammenraufen müssen, um gemeinsam den SPD-OB-Kandidaten Andreas Kossiski zu unterstützen. Wie das gelingen wird, nachdem der Abwahlantrag damit begründet wurde, dass das Vertrauen der Fraktion in den Vorsitzenden „schwer und anhaltend geschädigt“ und Joisten für viele Fehlentscheidungen verantwortlich sei, ist unklar.
Der Druck auf den Fraktionschef hatte sich seit Mittwochabend noch einmal verstärkt. Denn die von vielen geschätzte Fraktionsgeschäftsführerin Barbara Lübbecke hat nach 13 Jahren überraschend ihren Job verloren. Das Verlassen der Fraktion soll dem Vernehmen nach jedoch nicht ihr Wunsch gewesen sein – Fraktionschef Christian Joisten soll Druck auf sie ausgeübt haben. Lübbecke habe sich auf ihren Rückzug eingelassen, um weiteren Schaden von Partei und Fraktion abzuhalten, heißt es aus Parteikreisen. Joisten selbst wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Vorgang äußern. Intern soll er nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ behauptet haben, dass Lübbecke selbst mit dem Wunsch an ihn herangetreten sei, aus ihrer Funktion als Geschäftsführerin auszuscheiden. Man habe eine einvernehmliche Lösung gefunden. Gerüchte über eine Entlassung seien falsch.
Das Ausscheiden der erfahrenen Fraktionsgeschäftsführerin, die als Vertraute des ehemaligen Fraktionschefs Martin Börschel – Joistens Vorgänger – galt, dürfte schwierig auszugleichen sein. Joisten hat als Fraktionschef das Vorschlagsrecht für den hauptberuflichen Posten. Die Fraktion muss der Personalie aber mehrheitlich zustimmen – ein Alleingang ist somit nicht möglich.