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RaumfahrtSternwarte Sofia auf Mission am Köln-Bonner Flughafen

Lesezeit 6 Minuten
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Die fliegende Sternwarte, eine Boeing 747-SP der NASA, landet auf dem Flughafen Köln/Bonn.

  1. Astronomische Beobachtungen in 13 Kilometern Höhe – Wie funktioniert das eigentlich?
  2. Nun ist eine zum Teleskop umgebaute Boeing vorübergehend am Flughafen stationiert.

Köln – Der neue Gaststar am Köln-Bonner Flughafen hat eine bewegte Geschichte hinter sich. In den 1970er Jahren gehörte die „Clipper Lindbergh“ zur Vorzeigeflotte der damals hippen Fluglinie Pan Am. Die Witwe von Charles Lindbergh, dem legendären Atlantik-Überquerer, hatte die Boeing 747SP noch persönlich getauft. Pan Am ging pleite, die „Clipper“ wurde an United Airlines verkauft. 1997 gelangte das Modell, von dem es nur 45 Exemplare gibt, in die Hände der Nasa. Die US-Weltraumbehörde machte die alte Dame noch einmal flott und rüstete sie zum Forschungsflugzeug um. Die „Clipper Lindbergh“ heißt inzwischen Sofia und ist die einzige fliegende Infrarot-Sternwarte der Welt.

Am Donnerstagnachmittag landete Sofia mit etwas Verspätung am Köln/Bonner Flughafen. Und mit ihr die Hoffnung, in einer trüben Zeit für die Flugbranche etwas Glamour an den Porzer Standort zu bringen. Sofia ist eine Kooperation der US-Weltraumbehörde Nasa und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Von Köln aus soll Sofia in den kommenden sechs Wochen auf Erkundungsreise gehen, interessante Phänomene im All aufspüren, Daten sammeln und – wenn möglich – spektakuläre Bilder liefern.

Beobachtung in 13000 Metern Höhe

Herzstück des umgebauten Flugzeugs ist ein Infrarot-Teleskop mit einem Durchmesser von 2,7 Metern. Etwa eine Stunde braucht das Flugzeug, um auf die Zielhöhe von 13000 Meter zu kommen. Das Ziel: Die Stratosphäre. Erst dort gibt es keinen störenden Wasserdampf mehr, der zuverlässige Infrarot-Messungen fast unmöglich macht. Hoch oben öffnet sich dann ein vier mal vier Meter großes Tor und das Teleskop wird ausgefahren.

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„Sofia“ wird nun bis zum 16. März am Köln-Bonner Flughafen für die Forschungsmission zu Gast sein. 

Während man etwa mit einem normalen Teleskop Mond und Sterne beobachten kann, erlaubt Infrarot den Blick auf Moleküle und warmen Weltraumstaub. „Wir können in eine Staubwolke oder in einen Nebel hineinschauen und sehen, wie dort Sterne entstehen“, sagt Anke Pagels-Kerp, Leiterin der Abteilung „Erforschung des Weltraums“ beim DLR in Bonn, an die auch die Sofia-Mission angedockt ist. Dabei machen sich die Forscher ein einfaches Phänomen zunutze: Alles, was eine Temperatur hat, strahlt im Infraroten. Unsichtbares wird so sichtbar.

Es ist das erste Mal, dass Sofia für einen längeren Zeitraum am europäischen Himmel zum Einsatz kommt. Ihr Heimatflughafen ist eigentlich im kalifornischen Palmdale, eine Autostunde nördlich von Los Angeles. Der Standort bietet ideale Bedingungen für Sofias Forschungsmissionen: Am Rande der Wüste, nicht weit vom Pazifik, meist gutes Wetter. Zwei bis drei Monate im Jahr verbringt das mobile Observatorium außerdem in Neuseeland, um dort die südliche Hemisphäre zu erkunden.

Dass Köln nun für sechs Wochen Gastflughafen wird, liegt auch an der Pandemie. Im vergangenen Jahr waren die Zahlen in Kalifornien derart desaströs, dass die Wissenschaftler nach Alternativen suchen mussten. In Deutschland war die Kurve zu dieser Zeit flach, also schrieb man mehrere Flughäfen in der Bundesrepublik an. Am Ende setzte sich Köln gegen München und Hannover durch. Das Sofia-Team hat nun weite Teile des Terminal 2 bezogen, die IT-Abteilung des Kölner Flughafens musste zudem ein Netzwerk aufsetzen, das den gigantischen Datenmengen gewachsen ist, sagte Flughafenchef Johan Vanneste.

Von Porz bis Island und zurück

Drei- bis viermal pro Woche soll Sofia von nun an auf Entdeckungsreise gehen. Die Maschine startet nach Einbruch der Dunkelheit und wird dann etwa zehn Stunden in der Luft bleiben, im Zickzack-Kurs über Frankreich bis nach Island, Skandinavien oder Griechenland schweben, den Himmel absuchen und jeweils morgens wieder in Porz landen. Auch bürokratisch sei die Mission eine Herausforderung gewesen, hieß es. 22 Länder mussten Genehmigungen für die Forschungsflüge erteilen.

Bei einer virtuellen Pressekonferenz am Donnerstag zeigten die Verantwortlichen anhand von Fotos und Präsentationen, was Sofia so alles kann. Im Jahr 2019 lieferte das fliegende Observatorium gleich zwei bahnbrechende Beobachtungen. Im Nebel NGC 7027 im Sternbild Schwan fanden die Wissenschaftler den ersten Nachweis von Heliumhydrid. Es gilt als das erste Molekül, das nach dem Urknall vor 14 Milliarden Jahren entstanden ist. Bis dahin kannte man es nur künstlich erzeugt aus dem Labor. Kurz darauf spürte Sofia auf dem Mond Wasser auf – etwa so viel, wie in einer Coladose passt – , allerdings an einer Stelle, wo man es für unmöglich hielt. Der Clavius-Krater liegt nämlich auf der Sonnenseite des Erdtrabanten, es herrschen Temperaturen von rund 120 Grad Celsius. Wo das Wasser genau herkommt und warum es nicht verdunstet, ist noch immer ein Rätsel.

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Es ist das erste Mal, dass Sofia für einen längeren Zeitraum am europäischen Himmel zum Einsatz kommt.

Die euphorische Stimmung der Verantwortlichen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sofia schwierige Zeiten hinter sich hat. Bereits 1996 hatten sich US-amerikanische und deutsche Wissenschaftler zusammengetan, um das Prestigeprojekt umzusetzen. Es dauerte bis 2010 bis Sofia erste Testflüge unternahm. Die Ingenieure hatten ein paar knifflige Probleme zu lösen. Damit das Teleskop freien Blick in den Himmel hat, musste im hinteren Teil ein automatisch verschließbares Loch in die Hülle der Boeing gesägt werden. Es muss sich während des Fluges öffnen lassen, ohne dass das Flugzeug an Stabilität verliert.

Härtetest für jedes Teleskop

Auch das Teleskop bereitete Kopfzerbrechen. Die gängigen Modelle waren viel zu schwer und zu anfällig. Schließlich muss das sensible Gerät einiges aushalten. Es wird bei Start und Landung durchgeschüttelt, muss Turbulenzen ertragen und bei minus 40 Grad genauso funktionieren wie bei 20 Grad plus. Die Idee der Wissenschaftler: Sie speckten das Teleskop auf 17 Tonnen ab und verpassten ihm einen Sekundärspiegel, der die Schwingungen ausgleicht.

Erst 2014 ging die Mission schließlich in den Regelbetrieb. Die Leitung hatte ehrgeizige Ziele ausgegeben, Sofia sollte ein echter Leuchtturm werden. Allein 150 wissenschaftliche Arbeiten jährlich waren geplant. Der Schnitt lag bis 2018 bei 21. Auch große Entdeckungen blieben zunächst aus. Das Teleskop hatte sich den Ruf erworben, eines der unproduktivsten der Welt zu sein – und eines der teuersten.Etwa 1,3 Milliarden Dollar hat Sofia bis heute verschlungen. Allein die NASA pumpt jährlich knapp 90 Millionen Dollar in die deutsch-amerikanische Kooperation. Es ist die zweitteuerste Astrophysik-Mission, die die NASA unterhält. Nur das Hubble-Weltraumteleskop ist kostspieliger. Kein Wunder also, dass gerade der wissenschaftsskeptische US-Präsident Donald Trump Sofia den Stecker ziehen wollte.

Nun soll es wieder aufwärts gehen mit Sofia. Das wissenschaftliche Interesse am Kölner Gastspiel jedenfalls ist groß. Forscher aus 36 Ländern haben Vorschläge für Untersuchungen eingereicht. Auf dem Programm stehen unter anderem das Studium kosmischer Strahlung, die Geschwindigkeit von Sternengeburten und die Messung von Materiewinden. Dabei kann Sofia weit über die Milchstraßen-Galaxie hinausblicken. „Wenn keine Materie im Weg und die Quelle hell genug ist, kann sie theoretisch bis in die Unendlichkeit schauen“, sagt Bernhard Schulz, stellvertretender Sofia-Wissenschaftsdirektor.