- Die Band Gossip mit Frontfrau Beth Ditto hatte 2016 ihr Aus bekanntgegeben.
- Doch jetzt geht die Band auf Wiedervereinigungs-Tour und kommt am 5. Juli nach Köln – sie wollen Danke sagen bei den Fans.
- Im Interview spricht die Punk-Disco-Queen über die Zukunft der Band, ihre politische Haltung und den CSD in Köln.
Köln – Wenn Beth Ditto auf der Bühne singt und tanzt, prasselt ein glitzerndes Rockgewitter auf ihre Fans herunter. Die stimmgewaltige Punk-Disco-Queen ist bekannt für ihre schillernden Looks und ausdrucksstarken Performances – Hauptsache jede menge Pailletten, Blumen oder Rüschen. Und hauteng. Damit konterkariert die bekennende Feministin vorherrschende Schönheitsideale. Schon oft posierte sie in ihrer ganzen, imposanten Körperlichkeit auf Titelbildern von Magazinen. Natürlich nackt.
Ihr Selbstbewusstsein bezieht die 38-Jährige aus Kunst und Musik. Mit einer „coolen“ Einstellung ausgerüstet, versuche sie erst gar nicht, dem Druck des Business nachzugeben: „Ich ordne mich dem einfach nicht unter“, sagt Mary Beth Petterson, wie sie im bürgerlichen Leben heißt. Mit geballter Frauenpower und der resolut-rotzigen Haltung hat Frontfrau Ditto zum Erfolg von Gossip maßgeblich beigetragen.
Durchbruch in Deutschland 2009
Gegründet wurde die Band 1999 im US-amerikanischen Olympia. Sieben Jahre und drei Alben brauchte es, bis die Indie-Band den Rock-Untergrund verließ. Der Durchbruch im deutschsprachigen Raum erfolgte 2009 mit dem Album „Music for Men“. Der Partyhit „Heavy Cross“ hielt sich hierzulande fast hundert Wochen in den Charts und wurde zu einer der erfolgreichsten englischsprachigen Singles.
Es müssen also gleich zwei Jubiläen begangen werden: 20 Jahre Bandgeschichte und zehn Jahre globaler Durchbruch – zwei scheinbar unschlagbare Argumente für eine Wiedervereinigungs-Tour, die am 29. Juni in New York begonnen hat und über das Kölner Palladium (5. Juli), Berlin (6. Juli) und Amsterdam quer durch Europa führt. Nachdem die Band 2016 ihr Aus bekanntgegeben hatte, weil Ditto sich auf ihre Solo-Karriere konzentrieren wollte, erreichte die Fans diesen Frühling überraschend die Nachricht des Bühnen-Comebacks.
Ende für Gossip
„Wir möchten dem Publikum Danke sagen. Unsere Leben haben sich seitdem auf verrückte Art und Weise verändert“, sagt die Frontfrau im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ob das Album, eine Mischung aus tanzbarer Rock- und Discomusik, heute ein anderes wäre? „Wir sind älter geworden. Es wäre vermutlich ruhiger und langsamer“.
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Die Band verneigt sich vor der Vergangenheit, in der Zukunft gibt es für Gossip jedoch keinen Platz mehr. „Es wird kein neues Album geben. Wir haben uns auseinanderentwickelt. Andere können das vielleicht: Sich bloß treffen, um gemeinsam Musik zu machen. Aber für mich ist so eine oberflächliche Beziehung nicht möglich“, sagt Ditto.
Das Showgeschäft und die Popkultur hätten sie ohnehin nie wirklich interessiert: „Ich stand vielmehr radikaleren Bewegungen wie dem Punk und dem Feminismus nahe, über die ich viel gelesen habe, wie auch über die Unterdrückung von marginalisierten Gruppen. Popkultur war nie mein Ding“.
Klare Haltung in politischen Debatten
Eine klare Haltung zeigt das Sprachrohr der LGBTQ-Community auch in politischen Debatten. Auf der Aufnahme eines Konzerts in Lille von 2018 drückt sie ein T-Shirt mit Barack Obama-Motiv an sich. Die punkig angehauchte Pop-Hymne „Standing In The Way Of Control“, die sie mit 23 schrieb, war damals die Antwort auf die Nichtanerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen in der amerikanischen Verfassung unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Damals konnte die junge Beth Ditto nicht ahnen, dass es unter Donald Trump um Minderheiten in Amerika in Zukunft noch schlechter bestellt sein würde.
„Ich bin einfach nur traurig. Es ist sehr schwierig, sich einen Menschen vorzustellen, für den Fakten einfach nicht zählen. Eine Frau, ein Farbiger oder eine homosexuelle Person kann sich nur ohnmächtig fühlen. Wie soll man mit so jemandem, der keine Vernunft zu haben scheint, umgehen?“ Es ist einer jener glücklichen Zufälle, dass an ihrem Konzertabend in Köln gleichzeitig das Christopher-Street-Day-Wochenende beginnt: „Wie aufregend! Für mich sind Prides immer eine Chance zur Reflektion und der Moment, sichtbar zu werden.“