Köln – Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker warnt nach den gewalttätigen Ausschreitungen von Stuttgart vor einigen Wochen vor einer bedrohlichen Entfremdung zwischen Bürgern und Staat. „Menschen, die Scheiben einschlagen und plündern; Menschen, die die Polizei angreifen - das ist, so fürchte ich, die Spitze eines Eisbergs“, schreibt die parteilose Politikerin in einem Gastbeitrag für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montag-Ausgabe). Sie fordert ein hartes Durchgreifen gegen Kriminalität durch den „sanktionierenden Rechtsstaat“, aber auch eine Stärkung des Gemeinsinns und der Mitverantwortung.
Die politischen und gesellschaftlichen Anstrengungen müssten sich hier auf die Kommunen als Keimzellen der Demokratie konzentrieren. Von den Städten und Gemeinden als der untersten staatlichen Ebene zu sprechen, beinhalte einen Denkfehler, so Reker. „Ich meine, wir brauchen ein Denken, das die Kommune als den wichtigsten Ort im Verhältnis von Bürger und Staat anerkennt. Die Kommune ist nicht die unterste Ebene des Staates. Sie ist die nächste Ebene – der Ort, an dem der Staat ganz nah dran ist an den Bürgerinnen und Bürgern.“
Appell an Unternehmen und Betriebe
Reker, die sich im September zur Wiederwahl als Oberhaupt der viertgrößten Stadt Deutschlands stellt, appelliert an Unternehmen und Betriebe, ihr Engagement für das kulturelle oder sportliche Leben vor Ort auch in der gegenwärtig schwierigen Zeit fortzusetzen. „Bleiben Sie Partner Ihrer Kommune, damit wir gemeinsam aus der Krise gehen.“
Den im Internet geschürten Formen von Radikalität und Hass müssten sich alle Bürger widersetzen. „Radikalität im Netz ist oftmals der Schritt vor der Gewalttat. Das musste ich selbst erleben“, schreibt die 63-Jährige, die 2015 Ziel eines rechtsextremistisch motivierten Messerangriffs wurde.
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Für eine stärkere Mitwirkung der Bürger an der Politik plädiert Reker dafür, die in der Corona-Krise eingeübte virtuelle Kommunikation zu verstetigen. „Die Digitalisierung sollten wir dazu nutzen, auch die Kommunalpolitik grundsätzlich zugänglicher zu machen. Die Vereinbarkeit von Familie und politischem Engagement etwa kann durch digitale Formate erheblich verbessert werden.“