Köln – „Schalalala, ich kumm us dä Stadt met K“: Dieser Refrain hat weit über Köln hinaus Berühmtheit erlangt. Die Band Kasalla hat der Stadt mit K in ihrem Hit ein fulminantes Denkmal gesetzt. Das Lied hat auch den „Kölner Stadt-Anzeiger“ inspiriert: Der am Montag startende Morgen-Newsletter für Köln heißt – Stadt mit K. Zeit für ein Gespräch mit Sänger Bastian Campmann und Gitarrist Flo Peil, die sich derzeit neben dem Karneval auf das wichtigste Konzert ihrer Karriere im Rheinenergie-Stadion am 13. Juni vorbereiten.
Welche Zeile in Ihrem Lied „Stadt met K“ macht für Sie Köln aus?
Peil: Für mich ist die Essenz des Songs die Bridge, also der Teil nach dem 2. Refrain, wo es darum geht, dass die Stadt einen adoptiert, egal, ob man in Köln geboren oder nur zugezogen ist. Das bringt es für mich auf den Punkt.
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„Oft zu schnell, aber immer geradeaus“, heißt es in dem Lied über Köln. Was meinen Sie damit?
Campmann: Ich glaube, es trifft auf viele Menschen und Charaktere in dieser Stadt zu, dass sie geradeaus sind, aber mit der Schnüss manchmal schneller als mit dem Denken. Inklusive mir übrigens.
„Ich kumm us däm Dorf öm dä Dom röm“ lautet eine weitere Liedzeile. In welcher Hinsicht ist Köln für Sie ein Dorf?
Peil: Köln ist zwar eine Großstadt, aber wenn ich mal in Städten wie Hamburg, Berlin oder London unterwegs bin, habe ich schon das Gefühl, dass Köln im Vergleich sehr klein ist. Eine Stadt wie Hamburg hat ja schon allein durch den Hafen internationales Flair. Wobei ich das mit dem Dorf gar nicht negativ meine. Ich finde es schön, dass man in Köln in einer Großstadt lebt, die irgendwie gemütlich ist.
Wenn es nicht die Stadt mit K sein müsste, welche andere Stadt wäre es?
Campmann: Bei mir wäre das H wie Hamburg. Und das nicht nur, weil sich H ebenfalls gut auf „Schalalala“ reimt. (lacht)
Peil: Ja, bei mir auch.
Der neue Morgen-Newsletter soll alle, die sich für Köln interessieren, gut informiert und auch unterhaltend in den Tag begleiten. Welche Themen sind Ihnen wichtig?
Campmann: Auch wenn sich Köln gerne als bunt und tolerant bezeichnet, muss man darum immer wieder kämpfen. 2012 sind wir bei der großen „Arsch Huh“-Veranstaltung auf der Deutzer Werft vor 80 000 Menschen aufgetreten. Damals redete man über eine Organisation, die heute keiner mehr kennt, nämlich Pro Köln. Wenn man damals allerdings geahnt hätte, wie sich das mit der AfD entwickeln würde, wäre einem das kalte Grausen ins Gesicht gesprungen. Das ist bundesweit und nicht nur in Köln Thema, logisch: Aber Köln ist nun mal die Stadt, in der wir leben und arbeiten. Und da interessiert und besorgt uns diese Entwicklung doch sehr.
Campmann: Aktuelle Entwicklungen zu Bauprojekten interessieren mich auch brennend, weil die in Köln ja gerne mal für Verkehrschaos sorgen. Diese Baustellen, die aus dem Nichts kommen und bei denen man nicht weiß: Wie lange dauern die jetzt offiziell? Und wie lange dauern sie jetzt wirklich? Zumindest haben wir es ja jetzt geschafft, dass eine KVB-Bahn immer pünktlich durch die Stadt fährt. (lacht)
Sie meinen die jüngst eingeweihte Stadtbahn mit dem großen Kasalla-Schriftzug und Ihren Gesichtern drauf. Wie haben Sie sich mit der KVB bloß darauf geeinigt, dass sich diese Bahn niemals verspäten wird?
Campmann: Das dürfen wir an dieser Stelle nicht verraten. Aber wir werden das persönlich überprüfen, indem wir die ganze Zeit mit der Bahn herumfahren und dabei auch gleich die Fahrscheine kontrollieren. Nur selbst fahren werden wir die Bahn nicht, keine Sorge.
Peil: Sollte die Kasalla-Bahn doch mal Verspätung haben, bitte nicht bei uns im Bandbüro anrufen.
Wie steht es mit Ihrer Pünktlichkeit? Schon mal ein Konzert verpasst?
Campmann: Ich habe vor zwei Jahren tatsächlich mal zwei Konzerte verpasst. Da hatte die Karnevalssession gerade begonnen und ich hatte meinen Weihnachtsurlaub sehr optimistisch geplant. Eurowings hatte jedenfalls etwas dagegen, dass ich aus Bangkok wieder pünktlich lande. Dann musste der Flo bei zwei Auftritten für mich singen, bis ich irgendwann dazu gerauscht kam. Da habe ich auch Ärger für bekommen.
Zu den Personen
Bastian Campmann (42) ist Sänger bei Kasalla. Sein 2007 verstorbener Vater Nobby Campmann war Musiker bei den „Räubern“. Campmann lebt mit Familie in Braunsfeld.
Flo Peil (40) ist Gitarrist bei Kasalla. Vor der Gründung von Kasalla im Jahr 2011 war er Frontmann der Band Peilomat. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Widdersdorf. (sbs)
Apropos Fliegen: Die Band Coldplay hat erklärt, dass sie erst einmal nicht mehr touren will, um Fliegen zu vermeiden. Wo versuchen Sie sich im Kampf gegen den Klimawandel?
Campmann: Als Band versuchen wir zum Beispiel, Plastikmüll bei unseren Trinkflaschen zu vermeiden. Außerdem verkaufen wir jedes Jahr zur Karnevalszeit Pins und werden von den Einnahmen bald Bäume pflanzen können – und zwar mehr als nur ein paar.
Peil: Unser Stadionkonzert werden wir mit der Rhein-Energie zusammen klimaneutral machen, was übrigens relativ kompliziert ist. Wir hatten uns das einfacher vorgestellt. Und privat habe ich mir gerade ein Lastenrad gekauft. Ich fahre zwar schon viel Fahrrad, habe aber dann doch immer das Auto genommen, wenn ich etwas transportieren musste. Das Lastenrad ist da eine super Alternative.
In Ihrer neuen Single „Pommes und Champagner“ geht es um Gegensätze, die sich anziehen. In Beziehungen kann das ja reizvoll sein, gesellschaftlich betrachtet sind Gegensätze auch ein Problem. Die Schere zwischen Arm und Reich geht auseinander, besonders in den sozialen Netzwerken gibt es viel Hass. Was bereitet Ihnen derzeit die größten Bauchschmerzen?
Campmann: Dass sich die Leute gefühlt nicht mehr zuhören, auch Argumenten nicht mehr zuhören, sondern in ihren Filterblasen leben und sich gegenseitig nur noch selbst verstärken. Dabei macht das doch Demokratie aus, andere Meinungen zu hören und sich damit auseinanderzusetzen. Das macht mir ein bisschen Angst.
In vielen Kasalla-Liedern geht es um die Liebe oder ums Feiern, um Köln oder alles zusammen. Gibt es angesichts einer zunehmend brennenden Welt Tage, an denen Sie denken: Wir müssten noch viel, viel politischer werden als Band?
Peil: Es gibt ja durchaus Songs, in denen wir politisch Stellung beziehen. Auch für das neue Album sind wir an Songs dran, wo wir uns mit dem Problem beschäftigen, dass sich vieles in der Welt ändern muss und man auch bei sich selbst gucken muss, was man beitragen kann. Selbst in Songs, wo es vordergründig ums Partymachen geht, haben wir manchmal noch eine kleine Botschaft versteckt.
Kasalla positioniert sich dezidiert gegen rechts: Haben Sie sich damit auch schon Feinde gemacht, sind beschimpft worden?
Campmann: Ja sicher. Weniger persönlich, das auch, aber eigentlich nur dezent. Aber in den sozialen Netzwerken hatten wir schon Posts, wo es in den Kommentaren darunter sehr ans Eingemachte ging. Ich lösche normalerweise keine Kommentare, weil wir jeden einladen, uns zu kritisieren. Aber wenn es dann Gewaltaufrufe gibt nach dem Motto „Wir treten euch von der Bühne“, ist für uns eine Grenze überschritten. Aber so ist das, wenn man sich positioniert: Man wird angreifbar. Das nehmen wir aber gerne in Kauf.
In Ihrem Lied „Mer sin Eins“ beschwören Sie den Zusammenhalt. Können Songs die Welt verändern?
Peil: Ich fürchte nicht. Mit einem Song kann man aber etwas in den Köpfen und Herzen von Menschen bewegen und das wiederum kann dann eine Menge bewegen. Das haben die Bläck Fööss viele Jahre vor uns auch schon gemacht, als sie in den Karneval und die kölsche Musikszene eine politische Richtung reingebracht haben, die es davor so nicht gab und die mittlerweile selbstverständlich ist. Das ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass man schon Sachen bewegen kann.
Ist ein politisches Lied ähnlich schwer zu schreiben wie ein Liebeslied, weil die Gefahr immer größer ist, dass es abgedroschen oder kitschig wirkt?
Peil: Wir sind jetzt am fünften Album und je mehr man schreibt, desto mehr versucht man, sich nicht zu wiederholen. Es wird also gefühlt immer schwieriger. Aber wir haben schon immer viel an den Texten gefeilt, was sehr zeit- und kräfteraubend ist, am Ende aber auch so sein muss, damit wir uns alle wohlfühlen.
Das neue Album erscheint kurz vor dem großen Kasalla-Konzert am 13. Juni im Stadion. Dabei feiern Sie erst 2021 zehnjähriges Jubiläum. Und im übernächsten Jahr gibt es dann das elfte Jubiläum, das in Köln ja auch gefeiert werden muss. Werden Sie also die nächsten drei Jahre durchfeiern?
Campmann: Zum Zehnjährigen werden wir sicher auch noch etwas Wildes machen, dann reicht es aber auch erst einmal mit der Feierei. Wir müssen ja auch verdauen, was wir dieses Jahr so erleben.
Wo das Stadion ist, ist der FC nicht weit. Es soll ja Kölner geben, denen dieser Verein schnurzegal ist. Zu welcher Sorte Kölner zählen Sie?
Campmann: Ich bin das Gegenteil, nämlich beinharter FC-Fan. In der Band sind wir allerdings geteilt, was den Fußball-Enthusiasmus angeht.
Peil: Ich bin nicht so fußballinteressiert. Als Kölner habe ich natürlich eine grundsätzliche Sympathie dem FC gegenüber und gehe auch schon mal zu einem Spiel. Ich weiß aber nicht genau, wer in welcher Position spielt und verfolge das Geschehen um den FC nicht täglich.
Campmann: Der Flo ist mehr so ein Eventfan.
Peil: Ich gucke tatsächlich vor allem die EM und WM. Für harte Fußballfans sind das ja die Schlimmsten. Tut mir leid, Basti.
In den vergangenen Jahren sind viele Superstars im Stadion aufgetreten – von Rihanna bis Metallica. Haben Sie sich die Konkurrenz angesehen?
Peil: Ich war als langjähriger Fan bei Metallica. Die haben am 13. Juni 2019 im Stadion gespielt, also auf den Tag genau ein Jahr vor uns. Ich habe mir die Kulisse natürlich genau angeguckt. Allerdings haben internationale Stars, die auf Stadiontournee sind, andere Möglichkeiten als wir. Für uns wird das ja ein einmaliges Ding, darum müssen wir in einer anderen Liga planen.
Kasalla war vor einigen Monaten Vorband von Pink im Gelsenkirchener Stadion. Die schwingt sich mit Seilen über ihr Publikum. Andere Show-Stars kommen auf Pferden auf die Bühne geritten. Ab wo sagen Sie: nett, aber nichts fürs Kasalla?
Campmann: Genau da. Es wird keine Pferde geben und schon gar keine artistischen Kunststückchen. Mein Management erlaubt mir ja noch nicht einmal, Skifahren zu gehen. Nein, wir konzentrieren uns auf Musik. Das ist für uns auch aufregend genug.