Köln – So viel Harmonie war selten beim Reizthema Dieselfahrverbote. Die Deutsche Umwelthilfe wollte per Gericht ältere Dieselfahrzeuge aus weiten Teilen Kölns, wenn nicht sogar aus der ganzen Stadt verbannen, weil an einigen Straßen immer wieder der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Kubikmeter überschritten wurde. Stadtverwaltung und Landesregierung hingegen wollten genau das verhindern. Am Mittwochmittag nun frohlocken beide Streitparteien fast wortgleich.
„Ein guter Tag für Köln“, sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker. „Ein guter Tag für saubere Luft in Köln“, präzisiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Der Grund für die neue Einigkeit ist eine erfolgreiche außergerichtliche Schlichtung zwischen DUH, Stadt Köln, Bezirksregierung und NRW-Landesregierung: Ein Dieselfahrverbot ist vom Tisch. Dafür aber müssen in Köln weitreichende verbindliche Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts für Stickoxid umgesetzt werden.
Nachdem in einigen Bereichen Kölns immer wieder der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt überschritten wurde, drohten der Stadt nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster Fahrverbote für Diesel an mehreren Straßen, unter anderem in der Innenstadt und auf dem Clevischen Ring. Dagegen ist das Land NRW am Bundesverwaltungsamt in Revision gegangen, die nach der nun erzielten Schlichtung nicht mehr von Belang ist.
Radverkehr in Köln soll ausgebaut werden
„Wort für Wort“ seien Vertreter von Stadt, Land und DUH die nun ausgehandelte Maßnahmenliste durchgegangen, sagt Kölns Verkehrsdezernentin Andrea Blome, die bei den Verhandlungen mit am Tisch saß. Viele dieser Maßnahmen, die die Schlichtung ermöglichten, betreffen den Ausbau des Radverkehrs. So sollen unter anderem auf den wichtigen Verkehrsachsen Radfahrstreifen entstehen, darunter auf der Nord-Süd-Fahrt sowie weitere Radspuren auf den Ringen. Parkplätze für Auto sollen zurückgebaut werden, um Stellflächen für Räder zu bauen. Fünf „vollautomatische Bike-Tower mit je 120 Fahrradabstellplätzen“, also eine Art Rad-Parkhäuser, sollen errichtet werden. „Voraussichtlich bis Mitte 2021“ soll die Stadt eine Radschnellwegkonzeption für das Kölner Stadtgebiet erarbeiten, heißt es im Maßnahmen-Katalog weiter. Die Stadt verpflichtet sich zudem, zweimal pro Jahr mit den Radfahrverbänden über die Lage der Sicherheit im Radverkehr zu sprechen.
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Zudem soll im gesamten Bereich zwischen Ringe und Rhein untersucht werden, auf welchen Straßen Tempo-30 eingerichtet werden kann. Stadtsprecher Alexander Vogel beeilte sich bei einer Pressekonferenz zu betonen, dass „Hauptverkehrsachsen“ dabei nicht zur Disposition stünden. Darüber hinaus sollen für elektrisch betriebene Autos sollen 200 Ladesäulen – davon 40 Schnellladesäulen – errichtet werden. Auch sollen sämtliche „kommunalen Fahrzeuge“ mit Dieselpartikelfiltern ausgestattet werden.
DUH von Umsetzung in Köln beeindruckt
Was die DUH offenbar beeindruckt hat, sind bereits realisierte oder bald umgesetzte Projekte. Sie haben maßgeblich zur erfolgreichen Schlichtung beigetragen. Unter anderem die Expressbuslinien auf der Aachener Straße und die Pförtnerampel in Höhe der Park-and-Ride-Anlage Weiden werden explizit erwähnt. Ebenso die neue Fahrradwegeführung am Neumarkt und die millionenschwere Erneuerung der Ampeln auf der Luxemburger Straße, die für einen besseren Verkehrsfluss sorgt. Ebenfalls für eine Minderung der Schadstoffbelastung habe das Lkw-Durchfahrtsverbot in der Innenstadt und die Erweiterung der Umweltzone – beides seit vergangenem Jahr in Kraft – beigetragen.
Dass bei der Sitzung des Stadtrats am Donnerstag eine Taktverdichtung bei Bussen und Bahn beschlossen werden soll, hat die DUH ebenso milde gestimmt, wie die bereits verabschiedete Erhöhung der Parkgebühren in zentralen Bereichen der Stadt. Und sogar der marode Zustand der Mülheimer Brücke hatte zumindest für diese Sache noch etwas Gutes. Seit das Bauwerk generalsaniert wird, sind einige Fahrspuren gesperrt und schwere Lkw verboten. Das hatte zur Folge, dass das Verkehrsaufkommen seit April vergangenen Jahres um rund 20 Prozent gesunken ist und die gemessenen Schadstoff am bis dahin hochbelasteten Clevischen Ring abgenommen hat.
Stadt Köln muss Stickstoffoxid-Werte streng überwachen
Die Stadt hat sich verpflichtet, die Einhaltung des EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Kubikmeter im Jahresmittel zu überwachen – und Alarm zu schlagen, wenn er an den inzwischen 13 Messstellen in der Stadt dauerhaftüberschritten wird. „Dann müssen wir uns wieder zusammensetzten“, sagt Dezernentin Blome, die unterdessen aber nicht damit rechnet, dass dieser Fall eintreten wird. Die jüngsten und künftigen Projekte samt des Luftreinhalteplans zeigten, „dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
„Die Stadt Köln hat ein ganzes Bündel von Maßnahmen und Projekten ausgearbeitet, die vielfach bereits kurzfristig umgesetzt wurden und langfristig angelegt sind, und die die Luft in Köln nachhaltig verbessern. Besonders stolz macht mich bei dem nun erzielten Vergleich, dass Fahrverbote für Köln vom Tisch sind“, kommentiert Oberbürgermeisterin Reker die Einigung. DUH-Geschäftsführer Resch ist froh, mit den Verhandlungen „den Einstieg in eine echte Verkehrswende mit deutlich weniger Autos, dafür mehr Bus, Bahn und Fahrrad vereinbart zu haben“.Auch NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) ist zufrieden.. „Die heute verkündete Einigung über die Luftreinhalteplanung Köln ist ein weiterer wichtiger Erfolg für die Luftqualität."