Zwei SEK-Beamte verletztKölner zündet Wohnung an und springt vom Balkon – Bein amputiert

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Der Angeklagte mit Verteidigerin Karin Bölter und zwei Wachtmeistern beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht

Der Angeklagte mit Verteidigerin Karin Bölter und zwei Wachtmeistern beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht

Wegen versuchten Mordes muss sich ein früherer Gerüstbauer vor dem Landgericht verantworten.

Es sind dramatische Szenen aus Bocklemünd, die am Donnerstag als Video im Gerichtssaal vorgeführt wurden. Sie zeigten ein Mehrfamilienhaus und Rauchschwaden, die aus einer der Balkontüren drangen. Der Bewohner floh auf den Austritt, kauerte minutenlang an der Brüstung. Eine Feuerwalze machte sich breit, es muss unglaublich heiß gewesen sein. Dann sprang der Mann in die Tiefe.

Köln: Amputation nach kompliziertem Beinbruch

Bei der Landung aus dem zweiten Stock zog sich der 57-Jährige einen komplizierten Bruch zu, später musste sein linker Unterschenkel amputiert werden. Zum Prozessauftakt im Landgericht trug er eine Prothese, stützte sich auf Krücken ab. Wachtmeister führten den Mann aus dem Zellentrakt in Saal 13, denn er ist der Beschuldigte in dem Fall und angeklagt wegen Brandstiftung und versuchten Mordes.

Die Lebensgefährtin des Mannes berichtete im Zeugenstand, dass ihr Freund sich in den Tagen vor dem Vorfall merklich verändert hatte. Er habe verschlossen gewirkt, zuletzt nur noch auf dem Sofa gesessen und an die Wand gestarrt. In der Tatnacht sei sie dann plötzlich von einem komischen Geruch aufgewacht. „Ich hörte das Zischen einer Gasflasche“, beschrieb sie die Situation.

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Köln: Lebensgefährtin konnte aus der Wohnung flüchten

Dann habe der Mann zu ihr gesagt: „Ich nehme dich mit.“ In den Tod. Sie habe die Fenster aufgerissen, damit das Gas entweiche und dann fast eine Stunde habe sie auf ihren Freund eingeredet, mit ihm eine Zigarette auf dem Balkon geraucht. Dann habe sich der 57-Jährige zum Fleischermesser aus der Küche griffen. „Da dachte ich, jetzt ist es Zeit, die Wohnung zu verlassen.“

In dieser Wohnung soll der Bewohner das Feuer gelegt haben.

In dieser Wohnung soll der Bewohner das Feuer gelegt haben.

Die 54-Jährige lief zur Schwester des Lebensgefährten, gemeinsam rief man die Polizei. Ein Sondereinsatzkommando (SEK) eilte daraufhin in die Börnestraße. Unterstützt von den Beamten hielt die Lebensgefährtin Kontakt zu ihrem Freund, der sich in der Wohnung verschanzt hatte. Sie schrieb ihm per WhatsApp, er solle aufgeben. Da antwortete der Mann zuletzt nur: „Ich bin eh schon tot.“

Köln: SEK-Beamte erlitten Rauchgasvergiftungen

Ein Überwachungsvideo zeigt, wie Beamte daraufhin vom Balkon ein Stockwerk tiefer zwei Blendgranaten zündeten. Gleichzeitig schossen Kollegen die Wohnungstür auf. In dem Moment soll der Bewohner das Gemisch aus der Gasflasche angezündet haben. Die sieben Polizisten flüchteten. Zwei von ihnen rannten im Treppenhaus nach oben und erlitten eine Rauchgasvergiftung.

Die SEK-Beamten mit den Kennziffern „592-002“ und „592-001“ – ihre wahre Identität wird in den Akten zu ihrem Schutz nicht genannt – hatten den Vorfall laut Anklage deshalb relativ unbeschadet überstanden, weil sie im Treppenhaus die Fenster geöffnet hatten und so zeitweise frei atmen konnten. Ansonsten hätten die Beamten sterben können, sagt Opfer-Anwalt Christoph Arnold.

Die Wohnung brannte völlig aus und war bis vor einer Woche unbewohnbar, sagte die Lebensgefährtin des Angeklagten. Acht Jahre seien sie ein Paar gewesen, doch nun wolle sie mit dem Mann keinen Kontakt mehr. Der Angeklagte brach daraufhin in Tränen aus. „Ich glaube aber, dass er das nicht mit Absicht gemacht hat“, erklärte die Frau noch, dann verließ sie den Zeugenstand.

Kölner droht dauerhafte Unterbringung in Psychiatrie

Tatsächlich geht es im Prozess darum, ob der Mann zum Tatzeitpunkt unter einer Psychose litt und im Wahn gehandelt hat. So soll er geäußert haben, dass Wölfe ihn gejagt hätten. Sollte er im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt haben, kommt es auf die Prognose zur Gefährlichkeit an. Wird die für die Zukunft bejaht, droht dem vierfachen Vater die dauerhafte Einweisung in die Psychiatrie.

Auf die Tatvorwürfe angesprochen, äußerte sich Verteidigerin Karin Bölter so: „Er hat keinerlei Erinnerung an den Tag.“ Der Prozess wird fortgesetzt. Hier muss auch geklärt werden, ob ein womöglich seit längerem entwickelter Hass auf Polizisten eine Rolle bei der Tat gespielt haben könnte.