Köln-MarathonDas sagen die Teilnehmer zu Holzmedaillen und Mehrwegbechern
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Köln – Eigentlich ist die morgendliche Stimmung am Marathon-Sonntag in den Bahnen der KVB wie an einem Karnevalstag. Alle Fahrgäste tragen spezielle Kleidung, es liegt etwas angespannte Vorfreude in der Luft und ein paar Verlorene sitzen zwischen drei Aktiven eingepfercht und wissen nicht recht, wie ihnen geschieht.
Die wochenlange Vorbereitung soll sich an diesem Tag lohnen, man gibt sich gegenseitig noch ein paar gute Tipps für die vielen Stunden auf den Beinen. Schließlich erreicht die Bahn die richtige Station und es geht los. Sogar die passende Musik drängt schon vor 8 Uhr in die Zwischenebene des Deutzer Bahnhofs. Auf dem Vorplatz tummeln sich die gut 16.000 angemeldeten Halbmarathon-Läufer.
Köln-Marathon: Veranstalter setzen auf Nachhaltigkeit
Doch während nach einem Karnevalsumzug mehrere Kolonnen an Lastwagen und orange gekleideten Müllwerkern tonnenweise Müll zusammenkehren und die Zivilisation wiederherstellen, kommt der Marathon ohne allzu viele Hinterlassenschaften aus – zumindest seit diesem Jahr. Im Vorfeld hatten die Veranstalter sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Es sollte so viel CO2 vermieden werden wie nur möglich.
Schon zum Start wird deutlich, dass diese Ambitionen durchaus ernst gemeint waren. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren kommt die „Dicke Berta“, eine übergroße Konfetti-Kanone der Blauen Funken, diesmal nicht als Schnipsel sprühendes Startsignal zum Einsatz. Das Ziel: Weniger Müll auf der Straße. Tatsächlich ist der Einsatz für die Reinigungskräfte der AWB dann entsprechend ruhig, nur ein paar Plastiktüten und -flaschen finden sich nach dem Start der Halbmarathon-Läufer vor dem Ottoplatz.
100.000 Mehrweg- statt Plastikbecher für die Läufer
Besonders im Vordergrund stehen am Sonntag die Versorgungsstationen entlang der Strecke, allen voran die Getränkestände. Auch hier hatten sich die Veranstalter entschieden, von der jahrelangen Plastikbecher-Praxis abzukehren, die zu Bergen weggeworfener Wasserbecher an den Straßenrändern führte.
Der Köln-Marathon in Zahen
Der Marathon (42,195 km): 6311 Starter, davon 1530 Frauen (24,5 Prozent), der älteste Läufer ist 81, die älteste Läuferin 78. Das Durchschnittsalter liegt bei 42,1 Jahren. 16,5 Prozent kommen aus dem Ausland. Größte Gruppen sind Belgier (303), Engländer (146) und Niederländer (140).
Der Halbmarathon ist mit 16342 Teilnehmern ausgebucht (plus sechs Prozent). Der Frauenanteil liegt bei 42,5 Prozent (6944). Der älteste Läufer ist 81, die älteste Läuferin 78 Jahre. Durchschnittsalter: 38 Jahre. Fünf Prozent der Teilnehmer kommen aus dem Ausland. (pb)
Stattdessen stehen neben 300.000 Bechern aus wiederverwertbarer Pappe 100.000 Mehrwegbecher bereit. Diese sollen benutzt, anschließend gesammelt und bei anderen Veranstaltungen erneut eingesetzt werden, so die Theorie. Doch damit das funktionieren kann, sind die Veranstalter auf „die aktive Mithilfe der Teilnehmer angewiesen“, wie Marathon-Chef Markus Frisch im Vorfeld deutlich gemacht hatte. Denn nachdem das Wasser entweder im Mund oder über dem Kopf der Läufer gelandet ist, müssen diese ihre Becher in bereitstehende Fangnetze werfen.
Läufer müssen sich an Becher gewöhnen
Gar nicht so einfach, besonders bei voller Geschwindigkeit, um ja keine Zeit zu verlieren. So landen mehrere Becher nicht in den Netzen, sondern an den Jacken der freiwilligen Helfer, die sich um die Wasserausgabe kümmern. Diese allerdings nehmen das gelassen. „Einfacher als gedacht“, meint Helmut Schwarz, der die Versorgungsstation kurz vor dem Neumarkt leitet.
Für die Marathondistanz liegt sie bei Kilometer 14, ist also ein wichtiger Nachschubort am Ende des ersten Streckendrittels. Die Läufer müssten sich zwar daran gewöhnen, die Becher in die Netze zu werfen, aber das funktioniere recht gut, sagt Schwarz. Er hilft seit 2003 jedes Jahr freiwillig bei der Läuferversorgung.
Für die Läufer ist die Änderung augenscheinlich auch kein Problem. Die meisten verschwenden kaum einen Gedanken und werfen im Vorbeilaufen, einigen ist die andere Art der Herausforderung sogar eine willkommene Abwechslung vom Laufen. „Ach Mist“, ruft einer, der verfehlt hat, aber nach ein paar Schritten über die kleine Extraaufgabe an der Strecke grinst.
Eine Medaille aus europäischem Holz
Im Ziel sind sich die Teilnehmer um die Nachhaltigkeitsbemühungen der Veranstalter dann nicht ganz einig. „Man kann besser aus Pappbechern trinken, weil die sich knicken lassen“, sagt Jürgen Hippler. Er ist zum dritten Mal den Kölner Halbmarathon gelaufen und sieht den Versuch eines umweltverträglichen Marathons trotzdem positiv.
Ihm gefällt auch die neue Medaille, die seit diesem Jahr aus europäischem Holz statt aus afrikanischem Metall gefertigt wird und so Treibhausgase einspart. Etwas anders sieht das Uschi Hausdorf, die mit einer großen Gruppe des niedersächsischen VfL Lingen den Halbmarathon gelaufen ist. Die Becher findet sie gut, aber die Medaille gefällt der Läuferin nicht. „Aus Metall wäre das einfach wertiger“, findet sie.
„Für Leute, die darüber meckern, habe ich kein Verständnis“
Unter den Marathon-Schnellsten sind die Anhänger der neuen Ansätze in der Mehrheit. Während sich die Vollprofis ohnehin selbst mit Getränken und Essen entlang der Strecke versorgen, finden Mehrwegbecher und Holzmedaillen unter den Top-Platzierten Anklang.
„Für Leute, die über die Holzmedaillen meckern, habe ich kein Verständnis“, sagt zum Beispiel Uli Tisch-Rottensteiner, der auf Rang 54 noch unter drei Stunden ins Ziel läuft. Der Kölner hatte bei seinem dritten Marathon keine Probleme, nur die Fangnetze für die Wasserbecher hätte er etwas nach hinten versetzt. „Dann hat man länger Zeit zum Trinken“, sagt er.