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Lesermeinungen„Der Tunnelbau ist eine riesige Herausforderung für alle Kölner“

Lesezeit 8 Minuten
Eine Visualisierung zeigt, wie die Stadtbahn an der Jahnstraße künftig aus einem Tunnel auf- und abtauchen könnte.

So könnte die Tunnellösung an der Jahnstraße nach dem Ausbau aussehen.

Die Entscheidung des Kölner Stadtrats für einen U-Bahn-Tunnel auf der Ost-West-Achse stößt bei Lesern auf Skepsis.

Am 3. April hat der Kölner Stadtrat mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und der Stimme von Oberbürgermeisterin Henriette Reker für den Bau eines U-Bahn-Tunnels zwischen Heumarkt und Moltkestraße gestimmt. Leserinnen und Leser zweifeln an der Zweckmäßigkeit des Tunnels und warnen vor der hohen finanziellen Belastung der Stadt und den Beeinträchtigungen, denen Kölnerinnen und Kölner durch die jahrelange Baustelle ausgesetzt sein werden:

Tunnelentscheid: Billigere Lösung ignoriert

Eine Koalition aus Provinzpolitikern will Köln zur Metropole machen. Dazu wollen sie einen Tunnel graben lassen, ohne Rücksicht auf die tatsächlich in der Zukunft entstehenden Kosten, die enorme Umweltbelastung während des Bauens, die mehrjährige nachhaltige Störung des Verkehrs und des Lebens in der Innenstadt. Die Röhre wird erst in ferner Zukunft einen Nutzen haben. Köln-typisch wird die Fertigstellung erst einmal dauern und dauern, mehrfach verschoben und deutlich teuer als geplant werden. Eine billigere Lösung, ohne dramatische Nebenwirkungen, einfacher machbar und mit in naher Zukunft gesichertem Nutzen, wird ignoriert.

Wäre Köln auf dem Weg zu einer Metropole oder würde die Stadt jemals eine solche werden, wie wäre es mit Folgendem: Citymaut, steuernde Parkplatzgebühren, im gesamten Stadtgebiet absoluter Vorrang für Radfahrer, Fußgänger und ÖPNV, Tempo 30, Vorrang für hohe Aufenthaltsqualität in der gesamten Stadt, verkehrsberuhigte Viertel, funktionierende ÖPNV-Infrastruktur bis ins Umland mit rollenden Rolltreppen und funktionierenden und benutzbaren Aufzügen sowie autofreien Brücken über den Rhein.

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Vorbilder, die wirklich Metropolen sind, gibt es dafür genug. Und dann könnte es noch ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal unter den Metropolen der Welt geben – nein, nicht den Karneval oder den FC –, sondern eine verlässliche soziale Infrastruktur für alle, eine wirklich funktionierende Verwaltung, eine gesicherte Finanzierung der Inklusion, von Ganztagsschulen und Jugendeinrichtungen.

Die Politiker einer wirklichen oder auch nur potenziellen Metropole hätten zwischen zwei möglichen Lösungen kaum die mehrfach teurere und belastendere Lösung gewählt. Sie wären viel zu selbstbewusst, Steuergelder aus anderen Regionen in Form von Zuschüssen zu verschwenden und sie hätten sich getraut, einen Bürgerentscheid durchzuführen. Klaus Brockerhoff Köln

„Das Tunnel-Projekt hat das Potenzial, eine Stadtflucht auszulösen“

Der Beschluss für die Tunnellösung ist eine katastrophale Nachricht für die Bürger der Stadt, unter anderem aus folgenden Gründen: 1. Die Umsetzung des Projekts wird mit der Aachener Straße eine der Hauptverkehrsachsen der Stadt über Jahrzehnte für den Privatverkehr und den ÖPNV nahezu unpassierbar machen. Wie lange das sein wird, ist nicht absehbar, denn seit einigen Jahrzehnten dauern große Hoch- oder Tiefbaubauprojekte, die die Stadt in die Hand nimmt, zuverlässig ein Vielfaches der dafür veranschlagten Zeit.

2. Die Umsetzung der Tunnellösung wird den schon heute durch sinnarme Projekte wie die Opernsanierung kaum noch vorhandenen finanziellen Spielraum der Stadt in die Nähe von null bringen. Wirklich wichtige Themen wie Schulsanierungen etc. fallen hinten runter. Wie katastrophal und langwierig diese selbst herbeigeführte Quasi-Insolvenz sein wird, lässt sich anhand des Opernbeispiels nur erahnen. Klar ist aber schon jetzt, dass viel mehr schiefgehen und es am Ende viel mehr kosten wird, als wir uns heute vorstellen können. Leider werden die bei Projektbeginn eingerechneten Zuschüsse bei der unausweichlichen Kostenexplosion nicht mit explodieren.

3. Auch die angebliche Fahrzeitersparnis von wenigen Minuten – die in der errechneten Form nur für die wenigen gilt, die in der Innenstadt weder ein- noch aussteigen – rechtfertigt nicht, den Verkehr auf der Aachener Straße und die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt für Jahrzehnte lahmzulegen.

4. Es wurden zahlreiche Kriterien für oder gegen die Tunnellösung abgefragt und interessengeleitet mit einem knappen Vorteil für die Tunnellösung bewertet, aber eine Kernfrage kam in diesem Katalog offenbar nicht vor: Gibt es im Einzugsbereich der Stadtverwaltung jemanden, der für die Tunnelbaumaßnahme die operative Verantwortung kompetent tragen kann? Die Frage wird man leider verneinen müssen, denn die Kölner Stadtverwaltung hat ihre Unfähigkeit, komplexe Projekte zu stemmen, hinlänglich unter Beweis gestellt.

5. Unter dem umgekehrten Heinzelmänncheneffekt, den die weitgehend inkompetente Stadtverwaltung bewirkt, leiden die Bürger dieser Stadt seit langem, schaffen es aber bislang, ihn gut gelaunt zu ignorieren. Mit der Tunnellösung dürfte der Kipppunkt erreicht werden, wo die Annehmlichkeit der vergleichsweise leichtherzigen und progressiven kölschen Lebensart die wurstige Erschwerung des täglichen Lebens durch die Stadtverwaltung nicht mehr kompensieren kann. Dieses Projekt hat das Potenzial, eine ordentliche Stadtflucht auszulösen. Dr. Jörg Heyer Köln

Tunnelentscheid: Chance für Köln, Großes zustande zu bringen

Der Ratsbeschluss zugunsten des Tunnelbaus auf der Ost-West-Achse ist ein Tag der Befreiung für die überwiegende Mehrheit der Kölner Bevölkerung. Es ist einfach zu offensichtlich, dass der ÖPNV in einer quirligen Millionenstadt, gerne Metropole, nur mit einem leistungsfähigen, störungsunanfälligen Schienennetz funktioniert und zum Umsteigen einlädt. Ebenso offensichtlich bedeutet der Tunnelbau eine riesige Herausforderung für alle Kölner. Einfach ist anders.

Befreiend daran ist die Chance zu zeigen, dass Köln noch einmal etwas Großes zustande bringt und kann. Wenn nicht jetzt, wann dann? Befreit von ideologischem Starrsinn und Verzagtheit können wir uns an eine große Aufgabe machen, für die uns die künftigen Generationen Kölner Bürger danken werden. Bände spricht das Verhalten der überstimmten Parteien als schlechte Verlierer. Was für ein Demokratieverständnis. Christian Müller Köln

Funktionierender ÖPNV auch ohne Tunnel möglich

Der Beschluss des Stadtrates vom 3. April stimmt mich zutiefst nachdenklich. Zu glauben, wie Herr Attenberger schreibt, Köln stehe jetzt in einer Reihe mit Metropolen wie Hamburg, München und Wien, nur weil diese weitere Tunnel planen, ist schlichtweg ein Witz. Diese Städte verfügen im Gegensatz zu Köln bereits über ein funktionierendes U-Bahn-System.

Es gibt viele preiswertere Lösungsmöglichkeiten für unseren öffentlichen Nahverkehr. Das komplette oberirdische Liniennetz der KVB auf eigene Gleiskörper zu legen und den Bahnen überall Vorrang einzuräumen wäre eine davon und hätte längst umgesetzt werden können! Dafür braucht es keine Machbarkeitsstudie für sogenannte Metrolinien. Zudem die Einrichtung von Busspuren, wie in vielen anderen Städten schon vorhanden. Peter Steffens Köln

Entscheidung für U-Bahn-Tunnel nicht nachvollziehbar

In Köln geht nichts voran. Wenn ich an die Ost-West-Achse denke, werde ich richtig sauer. Die Nord-Süd-Achse konnte man wegen Geldmangels nicht bis zum Verteiler Süd weiterbauen. Dafür werden die Schienen oberirdisch verlegt. Alle Bäume wurden dafür gefällt und ein denkmalgeschütztes Haus abgerissen. Und die Bonner Straße von der Marktstraße bis zum Verteiler ist eine Baustelle, wo auch nichts vorangeht. An der Archiv-Einsturzstelle ist mindestens bis 2027 Stillstand und jetzt soll die Ost-West-Achse untertunnelt werden. Da ist das Geld wohl da. Wer versteht das noch? Ich jedenfalls nicht! Helga Riethmüller Köln

Tunnelentscheid: „Die Stadt denkt halt ganz groß“

„Nach tumultartiger Debatte. Kölner Stadtrat stimmt für Tunnelbau bei Ost-West-Achse“ titelt der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in diesen Tagen. Anderes Wort für Größenwahn: Köln. Bis zum heutigen Tag gelang es noch nicht, die Stadtbahn, auch gerne Unterpflasterbahn genannt, in den Süden fertigzustellen, Stichwort „Bonner Straße“. Die Oper wird ein Milliardengrab. Aber die nächste Stufe, jetzt schon mit einer guten Milliarde projektiert, dürften dann in 20 Jahren locker derer zehn Milliarden werden. Die Stadt denkt halt ganz groß. Das dürfte vor dem Hintergrund des Verteilungskampfes in den Berliner Koalitionsverhandlungen nur ein kleines Beispiel dafür sein, was jetzt kommt, wetten? Werner Merkes Haselünne/Köln

Tunnelbeschluss: Skandalös

Ich finde die Entscheidung für einen U-Bahn-Tunnel skandalös. Wie viele der 49 Stimmen der Ratsmitglieder, die für den Bau gestimmt haben, wohnen im Bereich von Neumarkt und Aachener Weiher? Dort, wo demnächst eventuell die Bauarbeiten für den KVB-Tunnel beginnen werden. Der Rat besteht aus 90 Mitgliedern; 49 Mitglieder haben für ein Milliarden-Projekt mit Ja gestimmt.

Die Stadt wäre besser bedient, den Autoverkehr aus der Innenstadt zu verbannen, um eine Fußgänger- und Fahrrad-freundliche Innenstadt zu gestalten – das ginge schneller und wäre bezahlbarer. Mike Bellon Köln

Tunnellösung: Entscheidungen dauern in Köln zu lang

Überall in den Großstädten der Welt gibt es große U-Bahn-Netze. In London etwa baute man schon vor 162 Jahren dieses praktische Transportmittel. In Köln braucht man, 162 Jahre später, zehn Jahre Bedenkzeit, um ein kleines Stück U-Bahn nun wenigstens zu genehmigen! Klaus Gutzeit Rösrath

Tunnelentscheid: „Das war’s mit der Verkehrswende in Köln“

Das war’s mit der Verkehrswende in Köln. Anstatt das Bahnnetz zügig zu vergrößern, bekommt Köln die nächste Tunnel-Dauerbaustelle. Ob der SPD-Fraktionsvorsitzende das meinte, als er von einer „Generationen übergreifenden Entscheidung“ sprach? Gefasst wurde der unterirdische Beschluss letzten Endes mit einer Stimmenmehrheit aus den einstigen Volksparteien CDU, SPD und einer gelben Partei, die von den Wählern schon aus dem Bundestag entfernt wurde, im Zusammenspiel mit Rechtsextremen und einer Oberbürgermeisterin mit Dienstwagen. Tatkräftig assistiert von „fahnenflüchtigen“ Tunnelgegnern.

Die ach so wichtige Zuverlässigkeit von Kölner Tunnelstrecken habe ich übrigens am Donnerstag erleben dürfen, als ich zur „Oben bleiben“-Demo fahren wollte: Vor uns war mal wieder, wie am Vortag auf der Vorgebirgsbahn erlebt, ein fahruntüchtiger Zug liegen geblieben. Und so steckte ich in meiner Bahn mit mehr als hundert anderen Fahrgästen im Nord-Süd Tunnel fest – ganz abgesehen vom Rückstau auf den Zufahrtsstrecken.

Aussteigen und zu Fuß weitergehen war aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Später lief dann auf den Anzeigetafeln eine der üblichen Erfolgsmeldungen à la: „Störung an der Haltestelle Poststraße beendet. Die Bahnen fahren noch in unregelmäßigen Zeitabständen.“ Dann mal viel Spaß beim Tunneln und beim Verbrennen von Steuergeldern! Dr. Rolf Schmidt Köln

Tunnelentscheid: Geldverschwendung in großem Stil

Was haben sich die Kölner Entscheider im Rat eigentlich dabei gedacht? Vermutlich dies: „Der Tunnel muss her. Verkehrschaos statt Verkehrswende. Koste es, was es wolle, wir drücken unser Projekt durch, wir sind für Geldverschwendung in großem Stil.“ Es ist traurig zu sehen, dass die Verantwortlichen im Rat wider besseres Wissen die Kölner Bürger für dumm verkaufen. Und die haben am meisten unter den folgenreichen Beschlüssen zu leiden.

Jeder von uns und auch nachfolgende Generationen werden für den dümmsten Beschluss der Stadtgeschichte geschröpft werden. Es wird Jahrzehnte dauern, bis diese Pläne – wenn überhaupt – umgesetzt sind. Milliardensummen werden in den Sand gesetzt werden. Da kann man nur hoffen, dass diese Pro-Tunnel-Entscheidung rechtzeitig auf die Füße fällt. Peter Lessmann-Kieseyer Köln