Köln – Deutliche Worte fand der Kölner Richter Jörg Michael Bern, nachdem er am Montag einen ehemaligen Ford-Mitarbeiter nach Übergriffen auf die Ehefrau und den Sohn wegen versuchter Nötigung und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu anderthalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hat. Ursprünglich hatte die Anklage versuchten Totschlag angenommen, die Familienangehörigen hatten ihre Aussagen bei der Polizei aber zurückgezogen.
Kölner Richter äußert sich zur Aussageverweigerung
Es sei zwar das gute Recht der getrennt lebenden Ehefrau und des gemeinsamen Sohnes, nicht mehr als Zeugen in dem Verfahren aufzutreten und den Angeklagten nicht weiter zu belasten. Das sei unter Verwandten ganz typisch, sagte der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer.
„Aber dann muss man sich am Ende auch nicht wundern, wenn bei einem neuen Konflikt plötzlich jemand mit Messer im Rücken rumläuft“, so Jörg Michael Bern. Und dann sei es wieder die Justiz, die Fragen beantworten müsse, warum man dem Täter nicht direkt beim ersten Mal Einhalt geboten hätte.
Völlig betrunken hatte der 54-Jährige Ende Februar die Ehewohnung im Stadtteil Volkhoven/Weiler aufgesucht und seine Frau, mit der er seit 30 Jahren verheiratet ist, bedroht. Sollte sie sich weiter scheiden lassen wollen, würde er erst sie und dann sich selbst töten, sagte der Mann laut Anklage.
Zum Schein hatte die Frau beteuert, sich doch nicht scheiden lassen zu wollen, nur um den Mann in einem geeigneten Moment zur Seite zu schubsen und sich in der Küche zu verbarrikadieren. Von hier aus rief sie in Todesangst bei ihrem Sohn auf dem Handy an und bat ihn, ihr zu helfen.
Der Sohn erschien samt Holzlatte und das Geschehen verlagerte sich nach draußen. Hier hatte der Vater mit einem Messer immer wieder in Richtung des Sohnes gestochen, aber lediglich dessen Jacke beschädigt. Einen Tötungsvorsatz nahm der Richter letztlich nicht an. Verteidiger Ingmar Rosentreter hatte beim Prozessauftakt von einer möglichen Notwehrlage gesprochen.
Keine Anhaltspunkte zu möglicher Alkoholsucht
Die Staatsanwaltschaft ermittelte einen Alkoholwert von 2,7 Promille bei dem Angeklagten. Mögliche Feststellungen zu einer Alkoholsucht des Angeklagten und einem daraus resultierenden Hang schwere Straftaten zu begehen, konnte das Gericht aufgrund weiterer zurückgezogener Aussagen von Familienangehörigen nicht. „Da fehlen uns die Anknüpfungspunkte“, so Richter Bern.
Daher kam keine Unterbringung des 54-Jährigen in einer Entziehungsanstalt in Betracht. Laut Bewährungsbeschluss darf der Mann nun keinen Kontakt mehr zu seiner getrennt lebenden Ehefrau suchen.