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Club-Betreiber nach Roxy-Aus„Party bedeutet, an der Theke rumhängen, sich küssen“

Lesezeit 4 Minuten

Keine Schönheit, aber eine Institution: Die legendäre Leuchtreklame des Roxy ist erloschen.

  1. Die Corona-Krise gefährdet die Clubs in Köln massiv. Und der erste wird nun geschlossen: Im Roxy soll nach 45 Jahren Schluss sein.
  2. Doch das Nachtleben hat schon vorher stark gelitten. Etwa durch Dating-Apps, die Gentrifizierung, eine allgemein angespannte Immobilienlage.
  3. Wie es nun für andere Club-Betreiber weiter geht und ob sie die Krise überstehen werden, erfahren Sie hier.

Köln – Es war nur eine Frage der Zeit, bis der erste Kölner Club in der aktuellen Krise seine Türen für immer schließen würde. Roxy-Betreiber Tobias Becker hat am Donnerstagabend in den sozialen Netzwerken das Aus des Kultladens mit dem charakteristischen Leuchtschriftzug an der Aachener Straße verkündet. Nach 45 Jahren Betrieb soll nun Schluss sein. Ist Corona schuld?

„Unser Zehn-Jahres-Vertrag wäre Ende des Jahres ohnehin ausgelaufen. Wir wussten schon länger, dass der Eigentümer ihn nicht verlängern würde. Corona hat alles nur beschleunigt: Wir haben uns geeinigt, das Mietverhältnis ab sofort zu beenden. Wir als kleiner Laden waren stabil, aber warum sollten wir Geld verschwenden?“ sagt Becker, der den Club 2012 übernommen hat. Schon bald hätten die Rechtsstreitigkeiten mit dem Vermieter begonnen, vor allem wegen der Lautstärke.

Kölner Clubs haben schweren Stand

Corona gefährdet die Clubs massiv – doch das Nachtleben habe auch schon vorher stark gelitten. „Clubs haben einen schweren Stand. Früher haben sich Jungs und Mädels an der Theke kennengelernt, heute lässt man sich das Essen liefern, hängt auf Netflix ab und gibt lieber Geld für teure Handy aus“, so der 42-jährige Musikproduzent. Und dann die Gentrifizierung, der Clubs in Großstädten zum Opfer fielen, und die immer nach demselben Schema ablaufe: „Es gibt ein Szeneviertel mit coolem Vibe, dann kommen die reichen Leute und Investoren, und die Clubs werden an die Peripherie gedrängt. So stirbt die Seele des Viertels“.

Wer die Entwicklungen in Ehrenfeld verfolgt, der wird dieses Muster bestätigt sehen: Auf dem Heliosgelände – einst Clubmeile, – wurde vor ein paar Jahren das legendäre Underground abgerissen. Auch das „Heinz Gaul“ dort ist dauergefährdet und hangelt sich von einem kurzfristigen Pachtvertrag zum nächsten.

Angespannte Immobilienlage für Clubs in Köln

„Es ist traurig, dass die Mutter aller Clubs – das Roxy – zumacht. Sie hätten gern noch ihr 50-Jähriges Bestehen dort gefeiert. Das zeigt, wie angespannt die Immobilienlage für Clubs in Köln ist“, sagt Jan van Weegen, Vorsitzender der Klubkomm, dem Interessenverband der Kölner Clubs. Die Corona-Krise verschärfe die Situation zusätzlich: „Es ist schwer, etwas neues zu etablieren. Existenzgründungen sind während der Pandemie ein heikles Thema“, so van Weegen, der die Konzertlocation Gebäude 9 in Deutz betreibt.

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Und die Nachrichten aus Südkorea machen jegliche Hoffnung zunichte: Dem Land droht nun möglicherweise eine zweite Infektionswelle, weil ein auf das Virus positiv getesteter Partygänger an einem Abend durch mehrere Clubs und Bars gezogen ist und sich daraufhin viele Personen infiziert haben. „Dem müssen wir nun ins Auge sehen, wir haben noch einen langen Weg vor uns“, sagt van Weegen, der Partymachen unter Einhaltung von Abstandsregeln für eine absurde Vorstellung hält. „Das widerspricht dem Konzept einer gelungenen Party und stellt enorm hohe Anforderung an die Disziplin des Einzelnen. Das ist nicht realistisch“.

Diskussionen über Außenbereiche von Clubs

Gerade werde zwar diskutiert, ob sich die Außenbereiche von Clubs, die zum Beispiel über Biergärten verfügen, als Alternative für Open-Air-Konzerte nutzen ließen. „Entsprechende Ideen wurden von den Grünen bereits formuliert. Man bräuchte eine Erlaubnis seitens der Stadt, dass man Kulturprogramme an der frischen Luft anbieten kann oder etwa im Jugendpark“.

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Claudia Wecker

Eine App, die ein Kölner Gastronom kürzlich entwickelt hat, soll die Datenaufnahme erleichtern, um mögliche Infektionsketten zu rekonstruieren. Doch die Ungewissheit bleibt. Dass die Politik keine klaren Ansagen macht, kritisiert auch Claudia Wecker vom Studentenclub „Das Ding“, der sich seit 1968 am Hohenstaufenring befindet. „Wir sehen, was in Südkorea passiert und verstehen das. Aber wir brauchen einen Fahrplan. Die Politik muss sagen: Ohne Abstandsregel könnte es nächstes Jahr im Mai weitergehen oder so etwas“, sagt Wecker.

Für viele Clubbetreiber, mit denen sie gesprochen habe, sei klar: „Hygienemaßnahmen wie Desinfektionsmittelspender oder ein neues Glasspülsystem sind umsetzbar. So lange es aber eine Maskenpflicht und eine Abstandsregel gibt, werden wir nicht öffnen können“. Denn: „Party bedeutet, an der Theke rumhängen, jemanden kennenlernen, sich küssen.“

Rettungsschirm gefordert

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Roxy-Inhaber Tobias Becker

Die Soforthilfe des Landes und der Notfallfonds der Stadt reichten auf lange Sicht nicht und einen Kredit von der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau halse man sich nur auf, wenn man wisse, ob es auch Ende des Jahres weitergehe, so Wecker. Sie fordert daher einen Rettungsschirm. Ihr Club sei insgesamt aber noch gut aufgestellt. Doch die Frage sei, wie lange die Rücklagen reichten.

Roxy-Chef Becker ist derweil trotz der Schließung optimistisch. „Ich fühle mich befreit, nicht traurig. Wir haben das fast zehn Jahre gemacht, und wir überlegen, wie wir unter dem Namen weitermachen können – vielleicht im Eventbetrieb.“ Die Nachricht habe in den sozialen Netzwerken eine Welle der Anerkennung ausgelöst. „Uns kam in den letzten 24 Stunden so viel Liebe entgegen“.