- Beim Empfang des Haus- und Grundbesitzervereins wurde das Erscheinungsbild Kölns erneut hart kritisiert.
- Besonders der Vorsitzende, Konrad Adenauer, nahm im Beisein von Oberbürgermeisterin Henriette Reker kein Blatt vor den Mund.
- Auch das Debakel um die Sanierung der Oper war Thema.
Köln – Dass zum Jahresende beim Empfang des Haus- und Grundbesitzervereins Kritik am Zustand der Stadt geübt wird, hat in Köln fast schon Tradition. Diesmal jedoch fiel die Schelte ungewöhnlich scharf aus. Im Beisein von Oberbürgermeisterin Henriette Reker war es zunächst Konrad Adenauer, Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins, der das Erscheinungsbild Kölns hart kritisierte.
„Köln braucht wieder einen großen Schub. Leider hat die Stadt aber eine Vorliebe fürs Klein-Klein“, sagte er. Bestes Beispiel dafür sei das Zaudern der Politik bei der Planung der Ost-West-Achse: „Ohne eine funktionierende U-Bahn wird Köln nie eine wirkliche Millionenstadt. Die Politik muss sich endlich einigen, die Ost-West-Achse muss gebaut werden.“
Konrad Adenauer rechnet mit der Stadt ab
Zudem müsse die Stadt endlich die Lehren aus Debakeln wie der Opernsanierung ziehen. Adenauers Worte waren die Ouvertüre für einen denkwürdigen Abend in der Wolkenburg, in dessen Verlauf der Architekt Kaspar Kraemer, Mitentwickler des Kölner Stadtmodells, mit dem „Hanns-Schaefer-Preis“ ausgezeichnet wurde.
Hanns-Schaefer-Preis für Kaspar Kraemer
Der „Hanns-Schaefer-Preis“ des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins, mit 27 000 Mitgliedern der viertgrößte Verein nach Berlin, Hamburg und München, geht zurück auf den früheren Vorsitzenden und Vorgänger von Konrad Adenauer. In diesem Jahr geht der Preis an den Architekten Kaspar Kraemer.
Kraemer war von 2001 bis 2007 Präsident des Bundes Deutscher Architekten (BDA) und hat sein Büro in Köln. In der Stadt bekannt geworden ist Kraemer unter anderem durch den Bau des Odysseums in Kalk und des Zugangsbauwerkes zum Turm des Kölner Doms durch die Fundamente des Südturms. Als besonders gelungen gilt das je nach Anlass unterschiedlich beleuchtbare Pumpwerk an der Schönhauser Straße in Bayenthal.
Kraemer engagiert sich in vielfältiger Weise ehrenamtlich in Köln und gilt seit Jahren als verlässlicher Kenner und kritischer Begleiter der Kölner Stadtentwicklung. (caf)
Die Laudatio, die der frühere Präsident der Industrie- und Handelskammer, Paul Bauwens-Adenauer, auf Kraemer hielt, wurde zeitweise zur Abrechnung mit der Stadt und Teilen der Verwaltung. Köln sei in seiner Aufenthaltsqualität lieblos und nachlässig. Ein aktuelles Ärgernis sei etwa der Weihnachtsmarkt auf dem Roncalliplatz. „Brauchen wir einen Weihnachtsmarkt am Dom? Ich meine nein. Der Dom sollte für sich stehen“, sagte Bauwens-Adenauer. Weitere Kritikpunkte, die der langjährige IHK-Chef aufzählte, seien die Haltepunkte für Touristen-Busse in der direkten Dom-Umgebung und ein häufig verfehlter Denkmalschutz.
„Es stimmt, wir haben in Köln ein Problem mit Kritik“
Dass die IHK nun in ein „etwas belangloses“ Gebäude in Mülheim umziehe, liege auch an einem „fundamentalistischem Denkmalschutz“, der bei der Kammer angewendet worden sei. In Anlehnung an den Schriftsteller Navid Kermani, der im Interview mit dieser Zeitung die „Selbstbesoffenheit“ der Kölner kritisiert hatte, meine Bauwens-Adenauer: „Es stimmt, wir haben in Köln ein Problem mit Kritik“. Die Stadt brauche, wie Kermani es ausgedrückt habe, eine Ansprache aus „liebender Wut.“
Mit dem Museum Ludwig habe Köln eines der weltweit wichtigsten Museen für Gegenwartskunst. „Wir müssen solche Schätze aber auch in hoher Aufenthaltsqualität erlebbar machen“, so Bauwens-Adenauer. Dafür müsse der ruhende Verkehr zu großen Teilen raus aus der Innenstadt.
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Mehr Glanz, mehr Inszenierung und ein gutes Gefühl, wenn man durch die Stadt gehe – das seien Wünsche an eine mögliche zweite Amtszeit von OB Reker, schloss der CDU-Politiker. Reker hatte sich im September entschieden, bei der Kommunalwahl 2020 erneut zu kandidieren. CDU und Grüne haben der Amtsinhaberin erneut ihre Unterstützung zugesagt. Die SPD hat noch keinen Kandidaten nominiert.
Preisträger Kaspar Kraemer nahm die Schelte am Stadtbild auf und kritisierte die Beschilderung in den Straßen als häufig „lieblos, gleichgültig und unästhetisch“. Er wünsche sich eine Autofahrt durch Köln mit Verkehrsdezernentin Andrea Blome, bei der er ihr die Missstände gerne zeigen würde.
Von Baudezernent Markus Greitemann erhoffe er sich die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. In Köln müssten 60.000 Wohnungen gebaut werden: „Dafür müssen wir die Verfahren entrümpeln.“