Die AWB spricht von mangelndem Respekt vor dem öffentlichen Raum. Bringt der „Masterplan Sauberkeit“ den Durchbruch bei Kölns Müllproblem?
StadtsauberkeitWilder Müll in Köln hat deutlich zugenommen
Köln hat ein Müllproblem. Allein die Meldungen an wildem Müll, also unbefugt abgestelltem Sperrmüll und Abfällen, die einfach in der Landschaft und an öffentlichen Plätzen hinterlassen werden, haben sich seit 2016 auf über 19.000 im Jahr 2022 verdreifacht. Das dokumentiert der „Status Quo Bericht Sauberkeit“, den die Kölner Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) im Frühjahr erstellt haben.
Der „Status Quo Bericht“ dient als Sachgrundlage für den sogenannten „Masterplan Sauberkeit“, von dem sich Teile der Politik und die Stadtverwaltung eine Lösung für das Müllproblem versprechen. Die AWB haben in dem Bericht die Kölner Müllsituation und ihre Ursachen zusammengefasst.
Zahlen aus dem Status Quo Bericht:23.300 Papierkörbe gibt s in Köln. 1930 von ihnen sind mit Hundekottütenspendern ausgestattet.19.000 Einsätze pro Jahr (Stand 2022) gibt es wegen Litterings, also illegalen Müllablagerungen.12 Millionen Euro kosten die Littering-Einsätze – die Kosten tragen die Kölnerinnen und Kölner als Gebührenzahler.121 öffentliche Toiletten, die von der Stadt und der AWB betrieben werden, gibt es in Köln.90 davon sind dem Toilettenkonzept zuzuordnen, 30 gehören zu Gastronomie und Hotellerie, die ihre Toiletten auch für Nicht-Kunden zur Verfügung stellen (Happy-Toilet-Programm).60 Liter Grundwasser können durch eine einzige Zigarettenkippe verunreinigt werden.
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Grüne: „Köln ist zu dreckig“
Beschlossen wurde die Entwicklung des Masterplans Sauberkeit bereits 2022. Bis zum Ende dieses Jahres sollen konkrete Maßnahmen ausgearbeitet und Pilotprojekte definiert werden, bevor der finale Masterplan 2024 dann dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt werden soll, heißt es von der Stadt. „Köln ist zu dreckig. Aber wir haben großes Zutrauen in den Masterplan Sauberkeit“, sagt Manfred Richter, ordnungspolitischer Sprecher und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen. Es liege aber auch an den Kölnerinnen und Kölnern, die ihren Beitrag leisten müssten. „Schließlich verursachen auch sie Müll in der Stadt.“
Bernd Petelkau, Fraktionsvorsitzender der CDU, sieht das ähnlich. „Der Masterplan Sauberkeit ist ein wichtiges Vorhaben. Denn das Domumfeld ist nur ein Müll-Hotspot in Köln. Auch aus den Kölner Grünanlagen werden im Sommer an jedem Wochenende mehrere Tonnen Müll entfernt. Das sind erschreckende Zahlen. Wir müssen daher die Größe der Müllbehältnisse anpassen, damit nicht mehr so viel daneben landet, und an bestimmten Plätzen auch häufiger reinigen.“ Zuletzt hatten sich Kölner Stadtführerinnen und Stadtführer sowie die ehemalige Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner über den Zustand rund um den Kölner Dom beklagt (wir berichteten).
SPD: Masterplan Sauberkeit reicht nicht aus
Aus der Opposition gibt es allerdings Zweifel daran, ob der Masterplan Sauberkeit das Kölner Müllproblem tatsächlich lösen wird. „Das Stadtbild ist in Teilen Kölns erschreckend. Dabei ist in der Kölner Stadtordnung vieles geregelt. Das nützt aber nichts, wenn nicht endlich die Zahl der Ordnungskräfte angemessen erhöht wird, um die Regeln auch durchzusetzen“, sagt Gerrit Krupp, ordnungspolitischer Sprecher der SPD. „Dann helfen neue Masterpläne auch nicht weiter. Einheimische und Touristinnen und Touristen haben ein Recht darauf, sich in der Stadt sicher und wohlzufühlen." Von der Stadtspitze wollte sich dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber niemand zur Thematik äußern.
AWB: Respekt und Wertschätzung für öffentlichen Raum fehlt
Im „Status Quo Bericht Sauberkeit“ nennt die AWB unterdessen den maßgeblichen Grund für das zunehmende Müllproblem in Köln: die „Mediterranisierung“. Der Begriff beschreibt das Phänomen, dass Bürgerinnen und Bürger den öffentlichen Raum – wie in südeuropäischen Ländern - immer stärker nutzen, um dort ihre Freizeit zu verbringen und die Außengastronomie zu nutzen. „Die Corona-Pandemie, während der das soziale (Zusammen-)Leben zeitweise nur noch draußen stattfinden konnte, hat diesen Effekt noch weiter verstärkt“, heißt es von der AWB.
Gleichzeitig sei zu beobachten, dass „der Respekt und die Wertschätzung für den öffentlichen Raum bei weiten Teilen der Nutzerinnen und Nutzer fehlen.“ Stadtsauberkeit sei eine Gemeinschaftsaufgabe aller Akteure und der Bürgerinnen und Bürger. Die bisherigen Reinigungsleistungen würden an ihre Grenzen stoßen. Auf Anfrage erklärt die AWB zwar, öffentliche und stark genutzte Plätze wie den Brüsseler Platz und den Zülpicher Platz manuell zu reinigen, nicht nur mit Kehrmaschinen, sondern auch mit einem Nassreiniger. Man verfüge auch über ein Spezialgerät, mit dem sich Kaugummis von der Straße entfernen lassen.
Erste Sofortmaßnahmen sollen in Köln Verbesserungen bringen
An den rein technischen Voraussetzungen der AWB scheitert die Stadtsauberkeit also nicht – sie scheint schlicht nicht mehr hinterherzukommen. Und das, obwohl gerade die Gebiete, die laut AWB als von „internationaler Bedeutung“ eingestuft werden, also als eine Art ‚Visitenkarte für die Stadt‘ gelten, noch häufiger gereinigt werden als der Rest der Stadt. Dazu zählt nicht nur das Domumfeld, sondern auch der Rheinboulevard, das Rathausumfeld und die Ringe.
Erste Sofortmaßnahmen, die parallel zur Entwicklung des Masterplans Sauberkeit erste Verbesserungen bringen sollen, gibt es bereits, so die Stadt. Dazu zählt erstens eine Werbekampagne gegen wilden Müll (Littering) in der Stadt und auf Social Media im Frühjahr. Zweitens soll das Grün an den Straßen sauberer werden. Seit Juni wird ein Konzept entwickelt, mit dem der Müll von den Grünabschnitten eingesammelt werden soll, um das Schreddern von Müll zu verhindern. Drittens soll die Sauberkeit in den Bezirken verbessert werden, durch Zwischenleerung von Papierkörben und zusätzliche Reinigungen an Hotspots. Dazu läuft laut der Stadt aktuell bereits ein Pilotversuch in Porz, in Kalk und Mülheim soll es weitergehen. Auf den großen Maßnahmenkatalog, auf den Masterplan Sauberkeit, müssen die Kölnerinnen und Kölner allerdings weiter warten.