Wo ist es in Köln am schönsten? Wir haben Kölner Schriftsteller, Schauspieler und Stadtführer gefragt, welche Orte der Stadt sie am meisten lieben.
Hier gibt es die „Magie des Sommers“Prominente verraten ihre Lieblingsorte in Köln
Annette Frier lebt seit 50 Jahren in Köln, das Vringsveedel hat einen besonderen Platz in ihrem Herzen:
Ich radele wieder auf der MSommerloch? Von wegen! Seit Tagen grüble ich nun schon über meine Kölner Lieblingsorte, um im nachrichtenfreien Juli im Stadt-Anzeiger davon zu erzählen. Diese kleine Sommerferien-Hausaufgabe ist aufwändiger, als ich dachte. Mensch, Leute, ich lebe hier! Schlappe 50 Jahre! Wo fängt man da bitte schön an mit den Lieblingsorten? Aber noch schwieriger: Wo hör ich auf?
Aus Platz- und Zeitgründen lasse also die Aachener Straße und meine 100 Theater-, Büdchen- und „Roxy“-Geschichten einfach links liegen (man möge mir diesen Fauxpas verzeihen) und schreibe hier random, ohne Anspruch auf Vollständigkeit über meine lebenslange Affäre, das Vringsveedel.
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Falls Sie mich mal suchen sollten, in Köln, dann finden Sie mich mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwo dort in der Südstadt auf der Severinsmeile. Vermutlich sitze ich bei Nüssen und Bionade gerade im „Odeon“. Ja, Lieblingskino! Der Vorhang geht herrlich sinnlos auf und zu, die Werbung ist von sympathischem Inhalt und aushaltbarer Länge, nirgendwo sonst machen dreieinhalb Stunden Toni Erdmann oder der Überraschungsfilm dieses Jahres „Morgen ist auch noch ein Tag“ so viel Spaß.
Nach den Ferien bin ich dann wieder im Traditionslokal „Wirtz“ direkt gegenüber vom Klösterchen. Der legendäre Vegetarierteller à la Friedel verdankt seinen Namen übrigens meinem Schwager.
Zum Sommerkleid-Shoppen auf die Severinstraße
Weil aber Köln gerade seine drei heißen Abende des Jahres hat, sitze ich zurzeit eher an einem Tisch draußen im „Haus Müller“ unter der Eiche bei bestem Wein und fantastischer Küche. Ach so, in der Zwischenzeit habe ich noch ein Sommerkleid oder einen Hauch von Hose geshoppt bei „Keep Loving“ auf der Severinstraße oder bei „Pfiff“ im Hirschgässchen, liegt ja alles aufm Weg. Quasi.
Wenn ich dann immer noch nicht nach Hause will, schaue ich eventuell im „Schnörres“ rein. Vielleicht radle ich aber auch auf die andere Seite der Severinstorburg, in Richtung Alteburger Straße. Bei „Massimo“, im „Kaimax“ oder in der „Bagatelle“ sitzen sie jetzt garantiert auch, verzällen und rücken auf den engen Bürgersteigen Tische hin und her, sehr zum Leidwesen der geplagten, aber toleranten Nachbarschaft.
Na gut, auf ein allerletztes Kölsch ins „Filos“ auf der Merowinger Straße, und wenn die zu haben, setzen wir uns kurz aufs Bänkchen vorm „Schuhanzieher“ bei meiner Freundin Anke. Was weiß denn ich, was noch so kommt? Die Nacht ist noch jung in der Südstadt an heißen Abenden wie diesen.
Annette Frier, Schauspielerin, 50 Jahre
Navid Kermani radelt nachdenklich über die Marcel-Proust-Promenade:
So hässlich die Stadt seit dem Krieg ist, so vollkommen bleibt ihre Anlage, und aus der Kluft zwischen Idee und Wirklichkeit steigt die Wehmut als das eigentliche Lebensgefühl, dieses irre Pochen der Kölner darauf, dass ihre Stadt immer noch die schönste sei. Alles ist nah: am Fluss der zweitausendjährige Kern in der Form eines Halbkreises, wo alle wichtigen Einrichtungen fußläufig sind, Rathaus, Museen, Philharmonie, Theater, Einkaufsstraßen, die Denkmäler der Archäologie und Kirchen, die – wenigstens sie – das Versprechen bis heute einlösen, das Köln einmal war; um die mittelalterliche Mauer herum die Quartiere der Gründerzeit, in denen das Mondäne überall aufscheint, wo keine Bombe hinfiel, hier ein Straßenblock, dort eine einzelne Fassade zwischen zwei Mietskasernen und manchmal eine Allee mit einem ungeteerten Boulevard in der Mitte, auf dem Boule gespielt wird. Die Ausläufer der Wald- und Wiesenlandschaft, die auf dem ehemaligen Sperrgebiet westlich der Stadt erblüht ist, reicht mit Kanälen und künstlichen Seen tief ins Zentrum und über die Gürtel an sechs Enden beinah bis an den Fluss.
Und eine der breitesten Promenaden unter hundertjährigen Bäumen ist nach Marcel Proust benannt. Während ich weiter auf seiner Promenade radele, denke ich, dass das eine präzise Geste ist, eine besondere Ehre für die Literatur insgesamt sowie ein Triumph des Geistes, wenn der anmutigste unter den Wegen Kölns, der von einem ehemaligen Verteidigungswall zum anderen führt, nach einem französischen Dichter benannt ist, und zwar keinem Klassiker, vielmehr dem bedeutendsten Vertreter der Moderne, als Deutsche und Franzosen sich gegenüberlagen in Schützengräben. Es hätte ihm gefallen, er wäre gern durch dieses unbekannte, von Wiesen und Bäumen durchzogene Köln spaziert.
Navid Kermani, Schriftsteller und Orientalist, 56 JahreDen Auszug aus Kermanis Roman „Das Alphabet bis S“ (Hanser-Verlag) veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Nagmeh Alaei liebt den Flair des Rathenauplatzes:
Der Rathenauplatz ist meine urbane Oase. Im Biergarten dort finde ich – je nach Wetterlage – immer ein schattiges oder trockenes Plätzchen. Ich ziehe mich auch zum Arbeiten gern dorthin zurück und schlürfe meinen Kaffee, während der Laptop heiß läuft. Wobei die Erfahrung zeigt, dass ich nach zwanzig Minuten den Rechner oft schon wieder schließe, weil es doch viel mehr Spaß macht, die Menschen auf dem Platz zu beobachten. Und das ist für eine Schauspielerin ja auch irgendwie Arbeit. Menschenkunde sozusagen. Oft dauert es nicht lange und es purzelt ein „Ach Hi!“ in meine Richtung und dann bin ich schnell in einen Plausch verwickelt. Manchmal ist es so gemütlich, dass irgendwann vom Kaffee zum Kölsch gewechselt wird. Die „Magie des Sommers“ könnte man das nennen.
Apropos Magie: Neben dem Biergarten spielt ab und zu auch eine Band, letztens sang dazu eine Frau mit einer bezaubernden, leicht rauchigen Stimme französische Chansons. Sofort entfaltet dieser besondere Platz dann sein romantisches Flair: Lichterketten, lachende Kinder, klirrende Gläser und mein Blick schweift immer wieder in die sattgrünen Baumkronen und in den Himmel. Ich bin dann manchmal ganz woanders und doch am liebsten hier.
Hier gibt es Kölns bestes Eis am Stiel
Wer träumt muss bekanntlich auch essen. Und da ist es gut, dass es im Biergarten nicht nur Kuchen, Brezeln und Salate sondern auch das meiner Meinung nach leckerste Eis am Stiel Kölns gibt. Dazu garantiert ohne Zucker, Gluten und Laktose. Wer eine Erfrischung braucht und lieb fragt, dem serviert das Personal den Kaffee mit gelochtem Eiswürfel am Rührstäbchen.
Wer Bewegung braucht, versucht sich in einer Partie Boule. Mitmachen dürfen alle: Anfänger, Fortgeschrittene, Experten. Es wird geplaudert, gefachsimpelt, getanzt und wenn der Biergarten seine Fenster schließt, pilgert man eben zum Kiosk, ersteht dort ein Fläschchen „Discoschorle“ (Weinschorle), Flips oder eine bunte Tüte „mit viel Saures“ und betritt damit die „Ping-Pong-Disco“ an der Tischtennisplatte. Man könnte glauben, der Tag endet hier. Aber weit gefehlt, hier beginnt nun die Nacht.
Nagmeh Alaei, Schauspielerin, 40 Jahre
Günter Leitner hat mit dem Neusser Platz einen Ort für ein ganzes Leben gefunden:
Immer wieder kann ich mich über den Platz vor der Agneskirche, den Neusser Platz, besonders freuen. Er gibt dem Agnesviertel, in dem ich seit Jahren lebe, eine urbane Mitte, Aufenthaltsqualität. Ganz still kann ich hier auf einer der Bänke besonders inneren Klang finden: Natur, Kirche und Menschen sind meine Dialogpartner.
Es ist ein Platz für einen ganzen Tag, für eine ganze Woche, für ein ganzes Leben.
Hier wird getauft, geheiratet und Verstorbener gedacht
Kinder werden hier in der Kirche getauft und gehen zur Kommunion, Hochzeiten werden hier gefeiert, Verstorbener wird gedacht. Ein Markt findet donnerstags genauso statt wie zur Marktzeit ein Gebet. Die Kirche setzt ihre Marken. Musik auf dem Platz will ihn zuweilen nachdenklich machen, andere feiern.
Alles wird überschaut vom Turm der Agneskirche, der oktogonal in mehrere Richtungen zeigt. Aus seinem Achteck höre ich den Ruf des „hab Acht“: dass alles heterogen bleibt, offen, welt-offen, auch für die, die aus aller Welt hier Gast sein möchten.
Ich träume dann von mehr Geschäften, die die Vielfalt aller ausdrücken, die hier sind, hier in meinem Revier, in meinem Kiez, in meinem Veedel.
Von hier geht es zu Romy Schneider oder Heinrich Böll
Das ist mein Lieblingsplatz in der Stadt, hier in diesem so lebendigen Viertel. Gerne beginne ich hier meine Rundgänge, die mich zu vielen und zu vielem führen: Romy Schneider, Monika Hauser, Heinrich Böll, Nikolaus Groß und auch zur Alten Feuerwache und zum Rosengarten.
Hier sitze ich gerne auf einer der vielen Bänke, die ich zusammen mit Kollegin Regina Börschel in der Bezirksvertretung BV 1 initiiert habe. Hier werde ich freitags um 15 Uhr zur Sterbestunde Christi still und fromm, wenn die Sterbeglocke von St. Agnes läutet und mich an die Wurzeln dieses Platzes erinnert.
Bei den Blumen rund um den Platz habe ich geholfen. Für den Lieblingsplatz tut man gerne etwas.
24 Stunden könnte ich hier sitzen, zwölf Monate, ein ganzes Leben.
Günter Leitner, Stadtführer
Ines Westernströer verspürt Sehnsucht nach dem Wilhelmplatz:
In Köln gibt es viele Orte, die ich sehr mag. Ich esse zum Beispiel wahnsinnig gern Pizza bei „Da Franco“ in Nippes oder trinke ein Glas Wein in der „alten Wettannahme“ in der Südstadt. Aber mein absoluter Lieblingsort befindet sich in meiner direkten Nachbarschaft: der Kaffeekiosk am Wilhelmplatz. Ein kleines Café, das sich mitten im Marktgeschehen fest etabliert hat zwischen Käsestand und „Tadsch Mahal“, wie die Nippeser den terrassenartigen Bau an der Schmalseite des Platzes ironisch nennen. Dort in der Sonne zu sitzen, mit einer Marktstulle und einem Cappuccino – das ist für mich das Schönste!
Die vielen Stände, die lauten Rufe der Verkäufer, die Gerüche und Farben, die verschiedenen Kulturen, die hier aufeinander treffen... Außerdem sieht man dort regelmäßig Bekannte, die seit Jahren Stammgäste sind.
In wenigen Wochen werde ich Köln schweren Herzens verlassen und nach Wien ziehen, um dort im Ensemble des Burgtheaters anzufangen. So sehr ich mich auf die neuen Aufgaben freue, diesen Ort werde ich vermissen. Wie überhaupt die Menschen hier in Köln, ihre Offenheit, ihre Leichtigkeit, ihre Direktheit. Frauke, Eddi und Marthe – euch natürlich ganz besonders! Macht’s gut!
Ines Marie Westernströer, Schauspielerin, 38 Jahre