Köln – Das Aktionsbündnis „Ring frei“ will die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung beenden und übt deutliche Kritik am zuständigen Verkehrsdezernat. „Das Tischtuch ist zerrissen“, sagt Hans-Günter Grawe, einer der Ehrenamtlichen.
Die Initiative setzt sich seit zwei Jahren dafür ein, die Ringe umzugestalten, um dort mehr Raum für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen. Dazu wurde ein Zehn-Punkte-Plan mit Forderungen aufgestellt, der auch von den Politikern in der Bezirksvertretung Innenstadt per Beschluss unterstützt wird.
„Ring frei“ will nicht an Workshop teilnehmen
Am kommenden Montag wird ein Workshop stattfinden, bei dem die Stadt und „Ring frei“ Ergebnisse ihrer Kooperation präsentieren sollten. „Wir werden daran nicht teilnehmen, weil die Stadt unsere Arbeit missachtet und nichts Konkretes umgesetzt wird“, sagt Sprecher Reinhold Goss. „Ring frei“ sei erst kurzfristig über den Termin in Kenntnis gesetzt worden.
Auf Nachfrage habe sich herausgestellt, dass lediglich eine Dokumentation der bisherigen Treffen zwischen den Ehrenamtlichen und den Mitarbeitern der Verwaltung vorgestellt werden soll. „Es gibt nach wie vor keinen verbindlichen Zeitplan und keine konkreten Lösungen, um den Zehn-Punkte-Plan umzusetzen“, so Goss. Es gehe einfach nicht voran, und man habe den Eindruck, dass bürgerschaftliche Engagement überhaupt nicht erwünscht sei.
Der Workshop sei zunächst für den Sommer 2016 geplant gewesen, dann auf Januar verschoben worden und anschließend noch einmal auf die Zeit nach Karneval. Jetzt sei plötzlich der 22. Mai bestimmt worden. Für ein Zwischentreffen im Januar sei ein Protokoll versprochen gewesen, das die Stadt bis heute aber nicht erstellt habe. „Nachfragen dazu werden nicht beantwortet, man fühlt sich einfach vorgeführt“, sagt Hans-Günter Grawe. Es handele sich mittlerweile um eine ewige Hinhaltegeschichte. Die Politik sei ebenfalls wenig hilfreich.
Projekt erhielt sogar internationale Beachtung
Dabei sollte „Ring frei“ ein Leuchtturmprojekt für den Radverkehr sein, mit internationaler Beachtung. „Es hat sich sogar eine Radverkehrsexpertin aus den USA für das Projekt interessiert und einen Impulsvortrag über baulich geschützte Radfahrstreifen gehalten“, sagt Christoph Schmidt vom ADFC, der ebenfalls an „Ring frei“ beteiligt ist. Es sei eher unüblich, aus Übersee besucht zu werden.
Die Stadt habe der Initiative aber zu verstehen gegeben, dass das auf den Ringen nicht realisierbar sei. „Es fehlt in dieser Stadt an Mut, es wird nichts ausprobiert“, kritisiert Carolin Ohlwein (ADFC). Zu den Forderungen der Initiative zählen eine sofortige Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht auf den Ringen, eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer, die Umwandlung einer vollständigen Fahrspur in einen Radweg auf der Straße, das Entfernen der bisherigen Radwege, um den Bürgersteig zu vergrößern, ein Wegfall der Parkplätze, um dort großzügige Ladezonen für den Lieferverkehr einzurichten sowie eine Optimierung der Ampelschaltung. „Wir haben die Vertreter der Stadt immer wieder gefragt, wie wir die Autos von den Ringen umleiten können, aber das war überhaupt nicht verhandelbar“, sagt Ohlwein.
Von der Verwaltung komme nicht das geringste Signal, in die konkrete Umsetzung gehen zu wollen. „Warum fängt man nicht wenigstens an, eine der Fahrspuren für die Radfahrer einzufärben“, fragt Grawe. Das koste weder viel Geld, noch sei es besonders aufwendig. Gleichzeitig wäre es ein erster Schritt.
„Wir erwarten jetzt von der Stadt einen durchgängigen Zeitplan auf Basis des Zehn-Punkte-Plans und die Einsetzung eines Projektverantwortlichen, sonst investieren wir unsere Energie lieber in andere Projekte“, sagt „Ring frei“-Sprecher Goss. Bislang fühle sich innerhalb der Stadtverwaltung niemand für die Umgestaltung der Ringe verantwortlich.
Stadt bedauert Absage von „Ring frei“
Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ teilt eine Sprecherin der Stadt mit, man bedauere die Absage von „Ring frei“ an dem Workshop sehr. Noch kürzlich habe es ein langes und konstruktives Gespräch mit dem Bündnis gegeben. Die Kritik sei aus Sicht der Verwaltung unverständlich.
Die beteiligten Ämter seien damit beschäftigt, den Auftrag der Politik umzusetzen. Drei Punkte des Zehn-Punkte-Plans befänden sich in der Umsetzung. Dazu gehörten die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht, Tempo 30 und die Optimierung der Lichtsignalanlagen für den Radverkehr. Der Workshop diene dazu, zu klären, wie mit dem Thema weiter umgegangen werden solle.
Köln belegt drittletzten Platz in Fahrrad-Studie
Das Klima für Radfahrer in Köln ist laut einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) durchwachsen. Unter den deutschen Städten mit mehr als 200000 Einwohnern belegt die Stadt mit einer Durchschnittsnote von 4,37 den 37. und damit drittletzten Rang. Nur Mönchengladbach und Wiesbaden sind schlechter platziert. Fahrradfreundlichste Stadt bleibt Münster (Note 3,07) vor Karlsruhe (3,09) und Freiburg im Breisgau (3,28). In Köln bemängelten die Teilnehmer unter anderem Ampelschaltungen und die Breite der Radwege. Lob gab es dagegen für das Vorhandensein von Leihrad-Systemen. Für den „Fahrradklima-Test“ hatte der ADFC im Herbst 2016 rund 120000 Radfahrer in 539 Städten unter anderem nach den Themen Sicherheit und Infrastruktur befragt. (dpa)