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„Es ist sehr viel geschehen“Kölner Stadtplanungschefin spricht über nächste Schritte für Ebertplatz

Lesezeit 7 Minuten
Blick auf den Ebertplatz in Köln

Der Ebertplatz in Köln gilt schon seit Jahren als Drogen-Hotspot.

Umbauen, nicht umbauen – oder nur ein bisschen umbauen? Eva Herr hat auch die Pläne für den Kölner Ebertplatz verteidigt.

Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichten die Leiterin des Kölner Stadtplanungsamtes, Eva Herr, und Platzmanagerin Helle Habenicht, warum der Ebertplatz trotz großer Pläne und politischer Beschlüsse bis heute trotzdem nicht umgebaut ist – und welche konkreten Schritte jetzt bevorstehen

Vor 15 Jahren hat Albert Speer in seinem Masterplan für Köln angeregt, den Ebertplatz baulich aufzuwerten. Vor zehn Jahren setzte der damalige Baudezernent Franz-Josef Höing den Platz an die Spitze der Prioritätenliste in der Stadt. Trotzdem ist bis heute nichts geschehen. Warum nicht?

Eva Herr: Es ist sehr viel geschehen. Es gab ja lange Zeit einen klaren Konsens, dass der Ebertplatz eingeebnet werden muss und dass dann Vieles besser werden würde. Aber dadurch, dass wir seit 2018 die Zwischennutzung haben mit Gastronomie, Veranstaltungen und kulturellem Programm, ist der Platz für viele Menschen wieder attraktiv geworden. Und jetzt gibt es die Debatte: Sollte es vielleicht nicht so bleiben, wie es jetzt ist? Da ist das Meinungsbild gespalten, das ist auch für die Politik eine Herausforderung. Deshalb hat die Verwaltung den Auftrag, zwei Varianten parallel zu prüfen. Zur Ehrlichkeit gehört aber einzuräumen, dass sich die Situation auf dem Ebertplatz durch die Zwischennutzung zwar verbessert hat, wir die Probleme, die es dort wie auch in anderen neuralgischen Räumen in Köln gibt, aber nicht in Gänze lösen konnten.

Vor zehn Jahren war der Ebertplatz aber noch kein Drogenhotspot. Der hat sich erst entwickelt – weil städtebaulich nichts getan wurde?

Herr: Es wurde etwas getan, und das war so erfolgreich, dass die Frage, wie man langfristig mit dem Ebertplatz umgehen soll, jetzt gar nicht mehr so klar zu beantworten ist und wir jetzt eben diese beiden Varianten in den Blick nehmen. Die Drogenszene ist dazu gekommen. Aber in der Bevölkerung ist der Ebertplatz zu bestimmten Zeiten wieder total präsent, ein Ort, der angesteuert wird und wo sich der ganz normale Bürger gerne aufhält.

Porträtfoto von Eva Herr, Leiterin des Stadtplanungsamtes der Stadt Köln

Eva Herr, Leiterin der Stadtplanungsamtes der Stadt Köln

Zeitweise schon. Aber die Probleme, die die Drogen- und Obdachlosenszene mit sich bringt, und das mangelnde Sicherheitsgefühl auf dem Platz haben zuletzt wieder zugenommen.

Helle Habenicht: Man muss da zwei Themen differenzieren. Ziel der Zwischennutzung ist es, den Platz zu bespielen, unterschiedliche Bevölkerungsgruppen auf den Platz zu locken und darüber soziale Kontrolle zu generieren. Das hat 2018 sehr gut funktioniert, und das funktioniert auch in diesem Jahr noch sehr gut. Die Gastronomie war den ganzen Sommer über sehr gut besucht, und auch das Kunst- und Kulturprogramm wurden wieder gut angenommen. Die andere Seite der Medaille ist die Sicherheitsthematik.

Herr: Deswegen gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Stadt und Polizei, die auf dem Ebertplatz mehrfach täglich präsent sind.

Köln: Straftaten auf Ebertplatz häufen sich

Laut Polizeistatistik häufen sich zuletzt die Straf- und Gewalttaten. Und die KVB rät ihren Busfahrern neuerdings, auf dem Ebertplatz aus Sicherheitsgründen nicht mehr auf die Toilette zu gehen. Das hat es noch nie gegeben. Es verwundert ein wenig, wenn Sie sagen, der Platz habe sich zum Positiven verändert.

Herr: Es ist vollkommen klar, dass die aktuelle Situation mit den Straf- und Gewalttaten nicht akzeptabel ist und dass weiterer Handlungsbedarf besteht. Dennoch ist die Zwischennutzung ein positiver Impuls. Dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist und man zusätzlich arbeiten muss, dass die Polizei und die Ordnungsbehörden weiterhin präsent sein müssen, möglicherweise auch auf einem eingeebneten Ebertplatz, das steht auf einem anderen Blatt. Die Situation verändert sich dynamisch. Als der Ebertplatz noch kein Hotspot der Drogenszene war, war es der Hauptbahnhof.

Porträtfoto von Helle Habenicht, Platzmanagerin für den Ebertplatz

Helle Habenicht, Platzmanagerin für den Ebertplatz

Wäre der Ebertplatz 2015 schon umgebaut gewesen, hätte sich die Szene möglicherweise nicht dorthin verlagert.

Herr: Das ist eine steile These. Auch in anderen Großstädten haben wir diese sozialen Probleme in Innenstadtlagen. Aber die Entwicklungen auf dem Ebertplatz werden dennoch positiv gewertet.

Von wem?

Herr: Wir haben politische Aufträge, Zwischen- oder kulturelle Nutzungen auch an anderen Plätzen zu etablieren. Jüngstes Beispiel ist der Neumarkt, wo befristet eine kulturelle Nutzung durchgeführt wurde. Das ist sehr gut angekommen.

Viele Anwohner und große Teile der Bevölkerung werten die Entwicklungen auf dem Ebertplatz aber gar nicht positiv.

Herr: Die Anwohnerinitiativen haben sich zahlreich für den Bestandserhalt auf dem Ebertplatz eingesetzt, auch Architekten haben das getan aus baukulturellen Gesichtspunkten. Da wurde positiv eingeschätzt, dass wir zusammenarbeiten und uns gemeinsam an einen Prozess begeben und nicht zügig diesen alten Beschluss zur Platzeinebnung umsetzen.

Köln: Keine neue Toilettenanlage auf dem Ebertplatz geplant

Wie wäre es zum Beispiel mit einer hellen, sauberen Toilettenanlage auf dem Platz – auch vor dem Hintergrund, dass die Gastronomie dort stetig erweitert wird.

Habenicht: Das haben wir im Arbeitskreis Sicherheit und Soziales mehrfach diskutiert. Für eine fest installierte Toilette sind Tiefbauleistungen erforderlich, da ist man schnell bei mehr als 100.000 Euro, und dafür bräuchte es einen politischen Auftrag. Und es stellt sich die Frage: Wie ist die mittelfristige Perspektive für den Platz? Stellt man jetzt eine festinstallierte Toilette auf, wenn sich in wenigen Jahren da gestalterisch vielleicht etwas ändert?

Herr: Es gibt ja auch schon Toiletten da. Und: Eine Toilette ist eine Serviceleistung, aber ja auch keine Aufwertung des Stadtraums.

Wenn es dadurch weniger Wildpinkler auf dem Platz gäbe, wäre das schon eine Aufwertung.

Herr: Ja, aber es wäre eher ein Add-on. Öffentliche Toiletten sind auch extrem wartungsintensiv. Es gibt eine hohe Vandalismusquote.

Wir haben gelernt, die Öffentlichkeit mitzunehmen, um am Ende auch tragfähige politische Richtungsentscheidungen zu bekommen.
Eva Herr, Leiterin des Stadtplanungsamtes der Stadt Köln

Wie lange soll denn die Zwischennutzung auf dem Ebertplatz noch dauern?

Herr: Wir werden jetzt erstmal zwei Jahre die Varianten prüfen. Ende 2025 wollen wir eine Entscheidung herbeiführen. Bis dahin haben wir die Zwischennutzung beauftragt.

Also gibt es Ende 2025 eine Beschlussvorlage für den Stadtrat?

Herr: Ja.

Warum dauert es ganze zwei Jahre, um zu prüfen, ob der Platz so bleibt, wie er ist oder ob er eingeebnet werden soll?

Herr: Wir haben gelernt, die Öffentlichkeit mitzunehmen, um am Ende auch tragfähige politische Richtungsentscheidungen zu bekommen. In diesen zwei Jahren werden wir uns mit den Akteuren vor Ort und der Öffentlichkeit insgesamt anschauen, wie bauliche Varianten aussehen könnten. Welche Chancen gibt es vielleicht auch, liebgewonnene Dinge zu erhalten? Und wenn wir diese Varianten vergleichen und ein Stimmungsbild haben, dann fühlen wir uns gut aufgestellt, eine klare Empfehlung in die politischen Gremien zu geben. Auch die Politik wird ein hohes Interesse daran haben zu schauen: Wie kommt das an in der Bevölkerung?

Das klingt alles nicht nach schnell.

Herr: Aufgrund der unterschiedlichen Haltungen zum Eberplatz brauchen wir jetzt einfach ein bisschen Zeit, um uns nochmal zu sortieren.

Können Sie verstehen, dass es merkwürdig klingt, dass man nach 15 Jahren Diskussion jetzt noch weitere zwei Jahre braucht, um sich zu sortieren? Wie geht es denn 2026 weiter? Wann gibt es den ersten Spatenstich für eine mögliche Umgestaltung?

Herr: Ich verstehe, dass Sie gerne einen zeitlichen Horizont hätten, aber ich kann Ihnen den nicht geben. Das hat damit zu tun, dass wir solche extremen Veränderungen der Sichtweisen auf den Platz hatten, dass die nächsten beiden Jahre dazu dienen, uns zusammenzuraufen und eine Lösung zu entwickeln, die langfristig trag- und mehrheitsfähig ist. Der Ebertplatz ist auch für uns ein besonderes Projekt, das in keinster Weise Standard ist. Deswegen sind zeitliche Prognosen schwierig. Manchmal muss man nachjustieren. Wie man auch an anderen Standorten sehen kann, ist die städtebauliche Gestaltung nur eine Stellschraube, um die Situation in problematischen öffentlichen Räumen zu befrieden. Die Zusammenarbeit mit Polizei, Ordnungs-, Sozial und Gesundheitsamt ist an bestimmten Standorten essentiell, möglicherweise auch langfristig.

Was ist denn im kommenden Winter auf dem Ebertplatz geplant?

Habenicht: Das Winterprogramm geht von Ende November bis Ende Dezember. Es soll wieder drei synthetische Eisstockschießbahnen geben, dazu ein kulturelles Begleitprogramm, Ausstellungen, Konzerte, Angebote für Kinder und Familien und ein gastronomisches Angebot in der Platzmitte. Außerdem planen wir Beleuchtung und Baumschmuck sowie die zweite Ausgabe von Fries-TV – einem Projekt, das auf einem 50 Meter langen LED-Band Videokunst zeigt. Wir wollen ein schönes Ambiente auf dem Platz schaffen.