Nach emotionaler Urteilsverkündung„Begründung für Freispruch nicht überzeugend“
- Ein Mann gerät bei der CSD-Parade 2016 mit mehreren Polizisten aneinander. Dieser Vorfall könnte nun mehrere juristische Nachspiele haben.
- Gegen die Kölner Polizisten wird ermittelt. Der Demonstrant wurde freigesprochen. Doch nun reicht die Staatsanwaltschaft Revision gegen das Urteil ein.
- Polizeigewalt? So begründet Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer diesen Schritt.
Köln – Der Freispruch für einen CSD-Demonstranten, der 2016 am Rande des Christopher Street Day mit mehreren Polizisten aneinander geraten war, hat womöglich mehrere juristische Nachspiele. Die Staatsanwaltschaft hat Revision gegen das Urteil einer Berufungskammer des Kölner Landgerichts eingereicht.
„Die Staatsanwaltschaft fand die rechtliche Begründung nicht überzeugend“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. So halte es die Staatsanwaltschaft für fraglich, ob der Angeklagte nicht doch Widerstand gegen die Beamten geleistet habe. „Wir gehen nicht zwingend davon aus, dass wir vom gleichen Sachverhalt wie der Richter ausgehen.“
Der Vorsitzende Richter hielt schon die Fesselung des Angeklagten in einer Mc-Donalds-Filiale an der Marzellenstraße für nicht rechtmäßig. Die Ingewahrsamnahme in einer Zelle im Polizeipräsidium Kalk hielt er für ebenso rechtswidrig wie die Entnahme einer Blutprobe, ohne vorher Staatsanwalt oder Richter zu informieren. Außerdem ging der Richter von mehreren Körperverletzungen im Amt aus – in einem Fall könnte es sich dabei um schwere Körperverletzung handeln. Die Staatsanwaltschaft nahm das transparent und äußerst detailliert vorgetragene Urteil jetzt zum Anlass, Ermittlungen gegen mehrere Polizeibeamte aufzunehmen. „Wir sehen einen Anfangsverdacht“, sagte Bremer.
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Polizisten können härter bestraft werden als normale Bürger
Körperverletzung im Amt kann mit drei Monaten bis fünf Jahren Haft bestraft werden. Wenn ein Polizist unangemessener Weise Gewalt anwendet, sieht der Gesetzgeber eine schwerere Bestrafung vor als bei normalen Bürgern, da der Staat ein Gewaltmonopol ausübt. Eine Strafanzeige gegen einen Polizisten nach dem Vorfall war nicht weiterverfolgt worden.
Rechtlich kann der Anwalt des Angeklagten, Jürgen Sauren, die eingereichte Revision nachvollziehen. Gebe sie doch der Staatsanwaltschaft die Gelegenheit, die Urteilsbegründung im Detail nachzuvollziehen. Der Vorsitzende Richter hat nun zunächst sieben Wochen Zeit, die Begründung des Urteils zu den Akten zu geben. So dann bleiben der Staatsanwaltschaft vier Wochen, um das Urteil auf etwaige Rechtsfehler zu prüfen. Wenn keine juristischen Fehler gefunden werden, wird die Revision zurückgezogen – andernfalls wird der Fall danach vor dem Oberlandesgericht erneut geprüft.
Für die Ermittlungsverfahren gegen die Polizisten gibt es keinen zeitlichen Rahmen.