CDU und Volt wollen zeigen, wie 90 Meter lange, oberirdische Bahnen die Innenstadt verändern würden. Und kommen damit wohl durch.
Politische Mehrheit in SichtStadt Köln soll 90-Meter-Bahnen probeweise durch die City fahren lassen
Auf der Bahnstrecke zwischen dem Neumarkt und dem Aachener Weiher sollen die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) den Einsatz von 90 Meter langen Bahnen testen. Den Testlauf fordern die Ratsfraktionen von CDU und Volt in einem gemeinsamen Antrag für die Sitzung des Verkehrsausschusses am 21. November. Die Fraktionen von SPD und FDP kündigten dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber an, dem Antrag zuzustimmen. Damit hat er im Ausschuss eine klare Mehrheit.
Hintergrund ist der bereits beschlossene Einsatz von 90-Meter-Bahnen auf der Ost-West-Achse von Bensberg bis Weiden West zur Steigerung der Kapazitäten. Entschieden ist bislang nicht, ob zwischen Heumarkt und Moltkestraße ein Tunnel für die Bahnen entstehen soll oder nicht. Offenbar will die CDU mit dem Testlauf beweisen, dass die langen Bahnen beim oberirdischen Einsatz zu Problemen führen.
KVB-Bahnen sollen in beide Fahrtrichtungen getestet werden
Wie genau der Testlauf ablaufen soll, lassen die Fraktionen in dem Antrag offen. Die Rede ist von einer „Dreifachtraktion“ der Bahnen – die 60-Meter-Bahnen, die aktuell im Einsatz sind, sollen also um ein Abteil auf 90 Meter verlängert werden. Falls möglich, soll die Stadt die Bahnen demnach in beide Richtungen in der künftig vorgesehenen, engen Taktung testen. „Die Ergebnisse sind zu dokumentieren und die Auswirkungen auf den gesamten innerstädtischen Verkehr darzustellen und auf normale Verkehrszeiten hochzurechnen“, heißt es weiter. Ob die Bahnen im regulären Fahrbetrieb oder als Sonderbahnen fahren sollen, ist nicht näher ausgeführt.
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In der Begründung heißt es, dass noch keine vergleichbare Situation gefunden werden konnte, in der 90 Meter lange Bahnen in einem dichten Takt durch Innenstädte fahren. „Zu einer Abwägung über die finale Variante gehört neben den Aspekten des Kostenvergleichs, der Bauzeiten und der Leistungsfähigkeit auch die Betrachtung der Auswirkungen auf die Innenstadt“, heißt es.
Stadt Köln: Prüfung des Antrags wird „einige Zeit in Anspruch nehmen“
Sowohl die Stadt als auch die KVB verweisen gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ darauf, dass der Antrag bislang noch nicht beschlossen sei. Nach dem Beschluss müsse der Antrag geprüft werden. Ein Stadtsprecher lässt durchblicken, dass die Prüfung nicht einfach werden dürfte: „Die Verwaltung muss erst umfangreiche Prüfungen vornehmen – was einige Zeit in Anspruch nehmen wird – und die Ergebnisse dann zunächst der Politik vorstellen“, hieß es für den Fall, dass der Antrag beschlossen wird. Unter anderem müsste wohl die Ampelschaltung für den Testlauf geändert werden.
Mit dem Antrag greifen CDU und Volt in der verfahrenen Diskussion um die Zukunft der Ost-West-Achse, bei der die Grünen einen Tunnel unbedingt vermeiden wollen, der Bündnispartner CDU ihn aber unbedingt umsetzen will, auf eine Idee zurück, die auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) vor rund einem Jahr ins Spiel gebracht hat. Nennen könnte man sie: den Realitätsschock. „Wenn die großen und langen Bahnen tatsächlich mal am Neumarkt stehen, traue ich den Grünen zu, ihre Meinung zu ändern“, sagte sie damals im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Kölner Grüne: „Solche Spielereien im öffentlichen Raum sind albern“
Bei den Grünen kommt die Idee eines Testlaufs naturgemäß nicht gut an. Ihr verkehrspolitischer Sprecher Lars Wahlen sagte, man habe selbst darüber nachgedacht, die Tiefe des möglichen Tunnels – er würde bis zu 35 Meter tief gebaut werden – mit einem Holzbau auf dem Neumarkt darstellen zu lassen. Um die Idee eines neuen Innenstadt-Tunnels als abwegig darzustellen. Aber: „Solche Spielereien im öffentlichen Raum sind albern.“ Er geht davon aus, dass die Bahnen nicht im regulären Betrieb eingesetzt werden können. „Dann fahren in der Innenstadt leere Bahnen durch die Gegend. Stadt und KVB haben sicherlich Besseres zu tun, als sich mit diesem Testlauf zu beschäftigen.“
Dass Volt die Idee unterstützt, kam durchaus überraschend. Denn Fraktion und Partei hatten zuletzt signalisiert, zu einer oberirdischen Lösung zu tendieren. Die SPD hält sich weiterhin komplett offen, welche der beiden Varianten sie letztlich unterstützen wird – eigentlich hätten die Sozialdemokraten am liebsten einen Tunnel unter dem Rhein bauen lassen.
Aus Sicht von Tunnel-Befürworter Christan Beese (FDP) ist die Abstimmung über den Testlauf „ein Fingerzeig dafür, wie es am Ende aussieht.“ Auch das dürften die Grünen anders sehen. Im Mai 2024 will die Verwaltung dem Stadtrat eine Vorlage mit beiden Varianten vorlegen. Ab dann könnte das Gremium in eine Richtung entscheiden. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Fraktionen im Mai zunächst noch Beratungsbedarf anmelden werden.