Köln – Der Zwist um Kölns bekannteste Baulücke geht in eine neue Runde. Das Landgericht wird Anfang Januar darüber verhandeln, ob der streitbare Eigentümer des Grundstücks an der Richard-Wagner-Straße 710.000 Euro Strafe an die Stadt zahlen muss, weil er sich seit Jahren weigert, ein Haus zu bauen, das diesen Namen auch verdient. Der mittlerweile 82 Jahre alte Immobilien-Eigentümer Eberhard Stöppke hat seinerseits in einem Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker angekündigt, Schadenersatz von der Stadt einzufordern. Er hat eine Rechnung über 800.656 Euro beigelegt.
Die Frage, ob er mit 82 Jahren nicht endlich den Streit – etwa durch den Verkauf des Grundstücks – beenden wolle, findet Stöppke abwegig. Auch das Ergebnis des kommenden Gerichtsverfahrens sei ihm „völlig egal“. Er wolle alles zurückhaben, was ihm an Schaden entstanden sei. Und damit die Stadt erst gar nicht auf die Idee komme, dass sich die Lage mit seinem Tod ändere, kündigte er die Gründung einer Gesellschaft an, in die er die Immobilie einbringe, und die dann von seinen Erben in seinem Sinne verwaltet werde.
Eigentümer schrieb bereits 16 Strafanzeigen
Der Stuttgarter, der in den vergangenen Jahren mit skurrilen Protestaktionen für Wirbel sorgte, hat sich mittlerweile in ein recht eigenwilliges Weltbild verstrickt: Gerichte, Generalstaatsanwaltschaft, Politik und Verwaltung steckten alle unter einer Decke. Und er sei auf der Suche nach Bündnispartnern in seinem bislang einsamen Kampf gegen den „kriminellen Kölner Klüngel“. 16 Strafanzeigen habe er schon geschrieben, eine der letzten richtete sich gegen den Chef des Kölner Liegenschaftsamtes, Detlef Fritz. Dem warf er versuchte Erpressung vor. Fritz hatte Stöppke aufgefordert, die 710.000 Euro an Vertragsstrafe zu zahlen, weil er das Grundstück nicht so bebaue, wie das vertraglich festgelegt sei.
Der Streit zwischen Stöppke und der Stadt dauert mittlerweile viele Jahre. Er begann schon vor 2007, als der ehemalige Polizist das Grundstück mit der Hausnummer 6 kaufte. Da war er schon Besitzer der Nachbarhäuser. Eine Idee war, alle Immobilien gemeinsam zu entwickeln. Stöppke verpflichtete sich, das Grundstück mit einem Wohn- und Geschäftshaus in der Höhe der Nachbarhäuser zu bebauen. Fristen verstrichen, Stöppke musste hohe Strafen zahlen. Danach versuchte er, der Bauverpflichtung durch eine Art „Lufthaus“ nachzukommen – ein 13 Meter hohes Gebäude, das lediglich aus zwei kleinen Räumen im Erdgeschoss und einem ansonsten leeren Holzaufbau bestehen sollte.
Stadt legte Baustelle still
Die Stadt musste dem Spielchen zunächst zusehen, legte dann aber die Baustelle still, weil Auflagen nicht erfüllt waren und die Konstruktion nicht standsicher gewesen sein soll. Stöppke bezeichnet die „weitgehende Zerstörung seines Privatlebens und seiner Geschäftstätigkeit“ als Folge des „Kölner Klüngels“: Er verlangt Schadenersatz, die Rückzahlung seiner Strafen, die Übernahme von Kosten und entgangenen Zinsen. Man habe ihm „eine ordnungsgemäße Nutzung“ seines Grundstücks bis heute nicht ermöglicht. Die Stadt habe eine Straftat nach der anderen begangen, um ihm zu schaden.
Wenn Stöppke schreibt, klingt das so: „Weil der Kölner Klüngel nicht nur ein Offizialdelikt nach dem anderen selbst beging, sondern diese Offizialdelikte beging, um mich gemäß den angeblich von mir begangenen Offizialdelikten nach Möglichkeit strafrechtlich anklagen zu können und um dann zum Beispiel bei mir Strafzahlungen in fast unbegrenzter Höhe einziehen zu können, ist der Kölner Klüngel hoch kriminell.“
Stöppke soll hohes Kaufangebot ausgeschlagen haben
Wie es weitergeht, ist offen. Auf dem Grundstück parken Autos, manchmal befestigt Stöppke Protestplakate an den benachbarten Hauswänden. Für ein Foto an Ort und Stelle hatte der Immobilienbesitzer unlängst noch einmal seine alte Polizeiuniform angezogen.
Dass die Stadt durch ein weiteres Gerichtsurteil einer für diesen Ort angemessenen Bebauung näherkommt, ist eher unwahrscheinlich. Stöppke ist vermögend, verfügt nach eigenen Angaben über mehrere große Häuser. Er wird wohl Strafen bezahlen, aber dann weiterstreiten. Dem Vernehmen nach soll es Kaufinteressenten gegeben haben, die mehr als den Verkehrswert für das Grundstück gezahlt hätten. Stöppke soll das Geschäft ausgeschlagen haben.
Könnte ihm die Stadt das Grundstück einfach wegnehmen? Eine Enteignung „zum Wohle der Allgemeinheit“, wie es im Grundgesetz heißt, wäre erlaubt, wenn zum Beispiel dort dann von der Stadt eine Schule oder ein städtisches Seniorenheim gebaut werden würde. Bislang schreckt die Stadt offensichtlich vor einem solchen Instrument zurück.