- Rund 26.000 Kinder in Köln können in der Schule oder der Kita kostenlos zu Mittag essen. Seit der Corona-Krise gibt es dieses Angebot nicht mehr.
- Zwar gibt es Vorgaben des Bundes, die das Problem lösen soll, in Köln kommt das Essen aber trotzdem nicht bei den Kindern an.
- Die Stadt spricht von einer „schwierigen Gemengelage“. Das Amt für Schulentwicklung empfiehlt in einem Brief die Ausgabe von „Care-Paketen“, doch auch da sind offenbar noch nicht alle Fragen geklärt.
Köln – Rund 26.000 Kölner Kinder und Jugendliche bekommen in ihren Schulen und Kindertagesstätten ein kostenloses Mittagessen. Doch seit Schulen und Kitas geschlossen sind, ist diese Unterstützung für bedürftige Familien komplett weggefallen. Die Bundesregierung hat versprochen, dass die Kinder weiterhin ein Essen bekommen sollen – doch auch knapp drei Wochen nach dieser Zusage, warten die betroffenen Familien weiterhin auf diese Hilfe.
Elternvertreter kritisiert „Kindeswohlgefährdung“
„Das grenzt an Kindeswohlgefährdung“, kritisiert Andreas Albrecht von der Kölner Stadtschulpflegschaft. Die Kinder bräuchten ihr Mittagessen und die bedürftigen Familien diese Entlastung. „Finanzschwache Familien sind vom Corona-Lockdown doppelt betroffen“, so der Interessenvertreter der Kölner Eltern. Der Bundesregierung wirft er vor, praxisferne Bestimmungen erlassen zu haben. Die Stadt kritisiert er wegen fehlender Flexibilität und zu langer Entscheidungswege.
12,8 Millionen Euro fließen nach Angaben der Stadt aus dem so genannten Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes nach Köln, um die Kinder und Jugendlichen montags bis freitags mit einem kostenlosen Mittagessen zu versorgen – in normalen Zeiten eine nennenswerte Entlastung für Familien, die mit einem geringen Einkommen oder Arbeitslosengeld zurechtkommen müssen. Seit Schließung der Schulen und Kitas sind die Kinder zu Hause und müssen dort versorgt werden. Daran ändern auch die beschlossenen Lockerungen wenig, weil die Schüler nur an einzelnen Tagen zur Schule gehen und weiterhin strenge Auflagen und Verbote für die zusätzlichen Betreuungsangebote, Küchen und Mensen gelten.
Praxisferne Bestimmungen des Bundes
Die Stadt spricht von einer „schwierigen Gemengelage“, in der man die Vorgabe des Bundes umsetzen soll. Die Caterer dürften ihre Räume in den Schulen nicht nutzen, Schülerinnen und Schüler zuhause zu beliefern scheitere an Hygieneauflagen. Den Caterern mangele es zudem an der nötigen Logistik. Die Schulen dürften wegen des Datenschutzes keine Adressen an Caterer geben. Hinzu kommt, dass der Bund nicht mehr für das Essen bezahlen will als in der Vor-Corona-Zeit. Das heißt: Fürs Ausliefern oder Verpackungen ist kein zusätzliches Geld im Topf. Übliche Essenslieferdienste zu beauftragen ist verboten. Die Belieferung muss von einem Caterer erfolgen, der von „der zuständigen kommunalen Einrichtung anerkannt ist“.
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Ist das Corona-Programm des Bundesarbeitsministers nicht mehr als eine öffentlichkeitswirksame Verlautbarung, die in der Praxis nicht funktionieren kann? Der Bund weist die Kritik zurück und sieht die Länder in der Verantwortung. Auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nennt die Pressestelle des Arbeits- und Sozialministeriums nur ein Beispiel, wo die Umsetzung der Vorgaben schon gut funktioniere. Minister Hubertus Heil habe am Mittwoch im Bundestag auf Potsdam verwiesen, „wo mit viel Engagement“ die Versorgung der Kinder gelinge.
Gutscheine statt Essenslieferung?
Der Sozialverband „Der Paritätische“ hatte schon vor Wochen Kritik an den „lebensfernen“ Vorgaben des Bundes geübt und statt der Essenslieferungen mehr Geld für die betroffenen Familien gefordert. Der Vorschlag von Andreas Albrecht von der Kölner Stadtschulpflegschaft geht in eine ähnliche Richtung: Man solle den Familien Essensgutscheine zu Verfügung stellen, die in Restaurants und einigen Supermärkten eingelöst werden könnten. Man könnte bewährte Systeme nutzen. Die Stadt Köln hätte aber auch längst ein eigenes Gutscheinsystem entwickeln können. So hätte man auch dem lokalen Handel und der Gastronomie geholfen. Doch solche Konzepte schließen die Vorgaben des Bundes aus.
Die Stadt kündigt an, dass sie gemeinsam mit den Caterern der Schulen und Kitas sowie den Trägern der Übermittagsbetreuung ein Konzept auf die Beine stellen will, um die Kinder unter Beachtung der Infektionsschutz-Bestimmungen mit Essen zu versorgen. Das Amt für Schulentwicklung empfiehlt nun in einem Brief an die Träger der Ganztagsangebote in den Schulen fürs Erste die Ausgabe von „Care-Paketen“.
Die Kinder sollen an dem Wochentag, an dem sie zu Präsenzunterricht erscheinen, ein Essenspaket für alle übrigen Wochentage mitnehmen. An den Grund- und Förderschulen ist das seit Montag möglich, für die weiter führenden Schulen ab dem 26. Mai. Wie mit so einem Care-Paket, das fünf Tage vorhalten soll, sicher gestellt werden kann, dass die Kinder ein frisches, gutes Essen bekommen und nicht durch das Abholen stigmatisiert werden, ist offen.