Der Rückbau des alten Bauwerks wird spätestens im November abgeschlossen sein. 10.000 Tonnen Stahl müssen zerlegt, gestrahlt und recycelt werden.
Rückbau an A1Um 16.45 Uhr trennen sich Köln und Leverkusen – Alte Rheinbrücke zerlegt
Vier Monate hat Bernd Thauern mit seiner Mannschaft auf diesen Augenblick hingearbeitet und das Mittelteil der alten Leverkusener Rheinbrücke so gut es ging vom Ballast befreit. Jetzt steht der Ingenieur und Projektleiter des Stahlbaukonzerns SEH Engineering aus Hannover exakt auf der Mitte der 687,32 Meter langen stählernen Strombrücke und kontrolliert seine Mannschaft, die mit Schneidbrennern 20 Zentimeter breite Blechplatten und Stahlstücke aus der ehemaligen Fahrbahnplatte trennt.
„Das ist schon ein Meilenstein, für mich sogar ein historischer Moment“, sagt Thauern. „Immerhin trennen wir an dieser Stelle heute Köln und Leverkusen.“ Eine Verbindung, die knapp 60 Jahre Bestand hatte. Dass die beiden Städte ein paar Meter nördlich nach vielen Problemen mit mangelhaftem China-Stahl und zwei Jahren Verzögerung zur Freude aller Autofahrer endlich eine neue eingegangen sind, daran war er auch beteiligt.
„Ich habe zuvor noch keine Rheinbrücke gebaut, das ist mir erst zum Ende meines Berufslebens gelungen“, sagt er. „Jetzt demontiere ich noch die alte Bestandsbrücke, habe dann eine Rheinbrücke gebaut und eine abgerissen. Das können nicht viele von sich behaupten.“ Dass er trotz seiner 66 Jahre am liebsten noch den zweiten Neubauteil errichten würde, sieht man Bernd Thauern an. „Mal sehen“, sagt er. Zunächst müsse er diesen Job zu Ende bringen.
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Um 16.45 Uhr ist es so weit. Der letzte Trennschnitt erfolgt im Bauch der Brücke – einen Zentimeter schmal. Diese Verbindung gibt es nicht mehr. „Heute Abend werden wir hier alle zusammen ein paar Bierchen trinken“, sagt der Projektleiter. Ob es Pils oder Kölsch sein wird? Sein Blick lässt es erahnen. Bernd Thauern kommt aus Dortmund.
8000 Stahlportionen im Wert von 2,5 Millionen Euro
Auf der Leverkusener Seite lagern schon Stahlteile, die früher als Kragarme die Geh- und Radwege trugen und warten darauf, in der abgedichteten Strahlhalle von etlichen Schichten schadstoffhaltigen Korrosionsschutzes befreit zu werden. Sonst wären sie Sondermüll, teurer Sondermüll.
Portionsgerecht auf Containergröße in Stücke von fünf mal zweieinhalb Meter geschnitten sieht das schon anders aus. Jedes einzelne wiegt zwischen 300 Kilogramm und 1,5 Tonnen. Ende Januar soll die gesamte Strombrücke zurückgebaut sein und in 8000 Stahlportionen der Wiederverwertung zugeführt werden. Derzeitiger Marktwert: 2,5 Millionen Euro.
Bevor der Rückbau jedoch weitergehen kann, muss die Trennung zwischen den beiden Pylonen erfolgen, ein technischer Vorgang, den Thauern schon hundertfach erklären musste und das in sehr anschaulicher Weise gerne tut. „Im Grunde gehen wir nichts anders vor, als es beim Bau der Brücke vor 60 Jahren der Fall war“, sagt er. „Nur in umgekehrter Reihenfolge. Wir lassen die Pylone ab, schneiden die Brücke in der Mitte durch und bauen sie von dort aus an beide Rheinufer zurück.“
Immenser logistischer Aufwand: Allein 4000 Teile fallen auf Kölner Seite an
Klingt simpel, aber ein paar Kleinigkeiten gilt es dann doch noch zu beachten. Weil jede Brücke nur aus einem festen und ansonsten aus beweglichen Lagern besteht, damit sie Schwingungen aufnehmen kann, darf der letzte Trennschnitt erst erfolgen, wenn das bewegliche Lager, das in diesem Fall unter dem Pylon auf der Leverkusener Seite liegt, mit einer Hilfskonstruktion festgesetzt wird.
„Das passiert nicht gleichzeitig, sondern in dem Moment, wenn die Brücke in der Strommitte geschnitten ist“, erklärt Thauern. „Vorab mussten wir die Seile um 20 Zentimeter entspannen, so dass sie leicht durchhängen. Das muss sein, damit sich die Brücke beim Schneiden nicht in eine vertikale Bewegung versetzt.“
Nach dem Trennschnitt werden die Pylone noch einmal um 1,80 Meter abgesenkt, „aber erst, nachdem wir die ersten 20 Meter auf jeder Seite zurückgebaut haben.“
Bis alle 10.000 Tonnen Stahl demontiert, gestrahlt und abtransportiert sind, wird es Oktober werden. Allein der logistische Aufwand ist immens, müssen die 4000 Teile, die auf der Kölner Seite anfallen, mit Lastwagen zur Strahlhalle nach Leverkusen transportiert werden.
Wenn es technisch machbar ist, werden die Stahlteile unter Schutzeinrichtungen schon von den Farbanstrichen befreit. Das gilt für die Spannseile der Pylone und für die Innenseiten der Brückenkästen und soll vor allem Zeitersparnis bringen. Weil der Rückbau der Brücke nur werktags aus Lärmschutz- und Sicherheitsgründen nur im Ein-Schicht-Betrieb erfolgen kann, würden die Strahlarbeiten zu lange dauern und das den Baubeginn des zweiten Neubauteils verzögern. Mit dem soll noch möglichst früh im Jahr 2025 begonnen werden.
Abbruch der Vorlandbrücke auf Kölner Seite hat im Mai begonnen
Mit dem Rückbau der 372 Meter langen alten Vorlandbrücke auf Kölner Seite wurde im Mai begonnen, einer von sechs Abschnitten ist bereits entfernt. Sie besteht aus Spannbeton und wird mit Betonscheren zerlegt. Bei den Unterbauten, die besonders massiv sind, kommt ein Meißel zum Einsatz. Voruntersuchungen haben ergeben, dass der Anteil an Schadstoffen gering ist. Lediglich in der Abdichtung des Überbaus, also unterhalb der Fahrbahn, sind zum Teil Schweißbahnen aus Bitumen verlegt und Fugenmaterial verarbeitet, das als Sondermüll entsorgt werden muss.
Bevor der Beton recycelt werden kann, wird er in einer Brecheranlage zerkleinert, die in Merkenich steht. Das ist nötig, um mit möglichst wenig Lkw-Fahrten auszukommen. Ein Teil des Betonmaterials von rund 9320 Kubikmetern soll auch per Schiff über den Rhein abtransportiert werden.
Nicht nur für Bernd Thauern ist der 17. Juni 2024 ein guter Tag. Und auch ein Tag für Geschichten. Als SEH Engineering als Teil des Baukonsortiums nach dem Skandal um den mangelhaften Stahl aus China und der Kündigung des ehemaligen Generalunternehmers Porr aus Österreich durch den Bauherrn – der damals noch Landesbetrieb Straßen NRW hieß – sicher war, den ersten Neubau termingerecht abliefern zu können, durften die Autofahrer ein überdimensionales Banner über dem Rhein bewundern. Mit der Aufschrift: „Wir können das“. „Wir stellen unser Licht nicht unter den Scheffel. Wenn wir gute Arbeit leisten, zeigen wir das auch“, sagt Thauern.