AboAbonnieren

Löschboot in KölnWie die Feuerwehr auf dem Rhein Leben rettet – Unterwegs mit der „Branddirektor Hans“

Lesezeit 4 Minuten
Bootsführer Jaques Elfgen steuert die „Branddirektor Hans“ auf die Hohenzollernbrücke zu.

Bootsführer Jaques Elfgen steuert die „Branddirektor Hans“ auf die Hohenzollernbrücke zu.

40 bis 50 Menschen rettet die Kölner Feuerwehr jedes Jahr zwischen Worringen und Godorf aus dem Rhein.

Kurz vor der Deutzer Brücke steuert Löschbootführer Jacques Elfgen die „Branddirektor Hans“ besonders behutsam über den Rhein. 50 Meter weiter schaufelt ein schwimmender Bagger Sand und Kies vom Grund des Flusses, um die Fahrrinne auf der „Deutzer Platte“ zu vertiefen. Jedes Mal, wenn ein Boot vorbeifährt und Wellen schlägt, geraten die Arbeiter auf dem Bagger ins Schaukeln. Und das muss ja nicht sein.

Aber die „Branddirektor Hans“ hat Zeit an diesem heißen, wolkenlosen Vormittag im Juli, es liegt gerade kein eiliger Einsatz an. Und selbst wenn es so wäre: Auf dem Rhein gibt es – anders als an Land – keine Sonderrechte für Feuerwehr und Polizei. Im Ernstfall hätte das Löschboot keine Vorfahrt. Es besitzt nicht mal eine Sirene, nur ein Blaulicht als Warnsignal – und eine Hupe wie jedes andere Schiff auch.

Köln: Die beiden Feuerwehr-Löschboote sind 62 und 40 Jahre alt

Über zwei Löschboote und zwei Rettungsboote verfügt die Kölner Berufsfeuerwehr, stationiert sind sie an der Mole an der Alfred-Schütte-Allee in Poll. Hier steht auch die Feuerlöschbootstation, die das ganze Jahr über zu jeder Zeit besetzt ist. Das große Löschboot „Hydra“, Baujahr 1962, ist seit geraumer Zeit kaputt, auch die „Branddirektor Hans“, Baujahr 1984, benannt nach Walter Hans, dem ersten Kölner Feuerwehrchef nach dem Zweiten Weltkrieg, hat immer wieder so ihre Macken, konnte aber bislang auch immer wieder repariert werden.

Alles zum Thema Feuerwehr Köln

Jan Gessing, stellvertretender Wachvorsteher der Feuerwache 10 und sein Chef Manfred Fiß vor der „Brandmeister Hans“ an der Mole in Poll.

Jan Gessing, stellvertretender Wachvorsteher der Feuerwache 10, und sein Chef Manfred Fiß vor der „Branddirektor Hans“ an der Mole in Poll.

An diesem Sommermorgen mitten auf dem Rhein, den Dom im Rücken, die Rodenkirchener Riviera voraus und umweht von einer angenehmen Brise, könnte der Laie meinen, die Arbeit auf einem Löschboot sei ein „laues Jöbchen“. Und dann sagt Feuerwehrsprecher Ulrich Laschet auch noch: „Die größte Gefahr heute ist ein Sonnenbrand.“ Aber Laschet scherzt nur. Auch die Einsatzzahlen und die Anlässe, zu denen die „Branddirektor Hans“ und das kleinere motorbetriebe Rettungsboot „Ursula“ ausrücken sowie die vielen Menschen- und Tierleben, die die Feuerwehrmänner rund um die Uhr auf dem Rhein retten, sprechen eine andere Sprache.

Rhein umfasst vier Prozent des Kölner Stadtgebiets

Zuständig ist die Mannschaft von Wachvorsteher Manfred Fiß, Chef der Feuerwache 10, und seinem Stellvertreter Jan Gessing für 41 Kilometer Rhein zwischen Godorf und Worringen. Eine halbe Stunde braucht das Löschboot von der einen zur anderen Stadtgrenze – wenn es schnell geht und die Wetterbedingungen optimal sind. Exakt 3,98 Meter beträgt der Rhein-Pegelstand in Köln heute. Perfekte Bedingungen für die Schifffahrt.

Etwa 150 Einsätze kommen jedes Jahr für die Feuerwehr zusammen. Der Rhein umfasst immerhin vier Prozent des Kölner Stadtgebiets. Allein ungefähr hundertmal im Jahr erhalten die Retter die Meldung „Person im Rhein“. In etwa der Hälfte der Fälle können sie vor Ort nichts feststellen, weitere 40 bis 50 Menschen ziehen sie lebend aus dem Fluss. In der Regel werfen sie der Person im Wasser einen Rettungsring zu und ziehen sie mit einem Bootshaken auf das Rettungsboot.

Blick auf die Wasserpumpe an Deck des Löschbootes.

Bei idealen Bedingungen braucht das Löschboot eine halbe Stunde von der nördlichen zur südlichen Stadtgrenze Kölns.

Was das Baden im Rhein betrifft, hat Bootsführer Jacques Elfgen eine klare Meinung: nicht machen. Der Rhein sei eine Wasserstraße, vergleichbar mit einer Autobahn. „Sie gehen ja bei klarem Verstand auch nicht auf der A1 spazieren.“ Elfgen berichtet von Menschen, die schon hinterhergesprungen seien, weil ihr Handy in den Rhein gefallen war.

Bootsmaschinist und Feuerwehrmann Stefan Tietze prüft den Motor der „Branddirektor Hans“.

Bootsmaschinist und Feuerwehrmann Stefan Tietze prüft den Motor der „Branddirektor Hans“.

Hinzu kommen Einsätze wegen „technischer Hilfe“ – zum Beispiel wegen Jachtbesitzern, denen mitten auf dem Rhein der Sprit ausgegangen ist. Oder Wassersportlern, die ihre Boote oder Jetskis nicht beherrschen. „Das erleben wir vor allem im Frühjahr, sobald die ersten Sonnenstrahlen rauskommen“, sagt Fiß. „Manche benutzen dann zum ersten Mal ihre Geräte, die sie im Winter geschenkt bekommen haben.“

Die Kommunikationszentrale der 40 Jahre alten „Branddirektor Hans“.

Die Kommunikationszentrale der 40 Jahre alten „Branddirektor Hans“.

Köln: Retter ziehen Menschen und Tiere aus dem Rhein

Um Menschen behandeln zu können, die auf einem Schiff kollabiert sind oder einen Herzinfarkt erlitten haben, ist auf dem Löschboot dasselbe Equipment vorhanden wie in einem Rettungswagen. Aber auch zu durchschnittlich drei Havarien und ebenso vielen Schiffsbränden pro Jahr rücken die Retter in Köln aus. Dann kommt die zweimal 670 PS starke Wasserpumpe am Bug zum Einsatz. Mit einer Wurfweite von 60 bis 70 Metern und knapp 5000 Litern Wasser pro Minute ist sie deutlich leistungsstärker als die Pumpen auf den Löschfahrzeugen. Im Unterschied zu Wohnungen oder Kellern, aus denen das Löschwasser in aller Regel von alleine ablaufen kann, sammelt sich das Löschwasser von der „Branddirektor Hans“ in den Schiffsrümpfen und muss nach jedem Einsatz aufwendig wieder abgepumpt werden.

Nicht zuletzt ziehen die Retter immer mal wieder Schafe und Kühe aus dem Wasser, die vor allem auf den Weiden im Kölner Süden zu nahe ans Ufer geraten und vom Sog eines vorbeifahrenden Schiffes überrascht worden sind.

Auf den ersten Blick überraschend ist womöglich auch, dass Manfred Fiß und Jan Gessing privat kein Boot fahren, nicht mal im Urlaub – obwohl sie das nötige Patent besitzen. Doch auf den zweiten Blick ist das nachvollziehbar: Die Feuerwehrleute sind aus ihrem Berufsalltag Action gewohnt. Einfach nur segeln? Gessing grinst. „Wäre mir zu langweilig.“