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Rocker unter VerdachtVerrat führte zum „Massaker“ in Kölner Kneipe – Streit unter den Anwälten

Lesezeit 3 Minuten
Eine Polizistin am Tatort in Nippes im Jahr 2015

Eine Polizistin am Tatort in Nippes im Jahr 2015

Ein regelrechtes Rollkommando hatte die Kneipe „No Name“ heimgesucht.

Der Revisionsprozess um die tödlichen Schüsse im Nippeser Lokal „No Name“ beschäftigte sich am Mittwoch im Landgericht mit dem Mann, der das Verbrechen erst ermöglicht hat. So hatte der 38-jährige Angeklagte die Mitglieder einer albanischen Einbrecherbande an Rocker der Kölner „Hells Angels“ verraten, die zuvor beklaut worden waren. Es folgte ein blutiger Vergeltungsschlag.

Köln: Angeklagter kannte Täter und Opfer gut

Der Beschuldigte war mit den Mitgliedern der Einbrecherbande ebenso gut bekannt, wie mit Angehörigen der „Hells Angels“. Als letztere nach einem Einbruch und dem Diebstahl von gefüllten Geldautomaten in deren Bar „Hangover“ auf der Bonner Straße eine Belohnung zur Ergreifung der Täter aussetzten, verriet der 38-Jährige deren Versteck, das zu der Zeit geschlossene „No Name“.

Der 38-jährige Angeklagte mit seinem Verteidiger Claus Eßer beim Prozessauftakt im Landgericht Köln

Der 38-jährige Angeklagte mit seinem Verteidiger Claus Eßer beim Prozessauftakt im Landgericht Köln

In dem Nippeser Lokal hatten die Rocker laut Anklage sofort das Feuer eröffnet. „Das, was dort geschah, war ein Massaker. Es gibt kein anderes Wort dafür“, so hatte der Richter in erster Instanz das Verbrechen bewertet und von einem Akt von Selbstjustiz gesprochen. Ein Mensch verblutete noch am Tatort im Bereich der Theke, weitere wurden von Projektilen getroffen und schwer verletzt.

Kölner Beschuldigter: „Dachte, die reden erstmal“

Zwar schwieg der „Verräter“ beim Prozessauftakt auf Anraten seiner Verteidiger Petra und Claus Eßer, bei der Polizei hatte er sich kurz nach der Tat im November 2015 aber ausführlich eingelassen. „Ich habe natürlich nicht damit gerechnet, dass die direkt schießen“, gab er zu Protokoll, „ich dachte, die reden erstmal mit denen“. Die Belohnung von 5000 Euro habe er auch nicht mehr haben wollen.

In einem ersten Prozess hatte das Landgericht den Mann wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge zu fünfeinhalb Jahren verurteilt. Laut Bundesgerichtshof, der das Urteil aufgehoben hatte, kommt aber durch den Verrat auch fahrlässige Tötung und somit eine mildere Bestrafung in Betracht. Auch ein zweiter Angeklagter, dem Beihilfe vorgeworfen wird, könnte ein milderes Urteil bekommen.

Kölner Anwälte streiten sich ums Mandat

Der Mitangeklagte (35) schweigt ebenfalls zu den Vorwürfen, meldete sich am Mittwoch aber in anderer Sache zu Wort. Er beklagte sich darüber, dass seine Anwälte sich in öffentlicher  Verhandlung um das Mandat als Pflichtverteidiger gestritten haben. „Ich verstehe jetzt nicht diese Egoprobleme, wir sitzen hier doch wegen was ganz anderem“, zeigte sich der Beschuldigte entsetzt.

Der 35-Jährige stellte klar, zukünftig vom erfahrenen Kölner Strafverteidiger Gottfried Reims verteidigt werden zu wollen. Als es im Vorfeld um eine mögliche Ablösung eines bisherigen Anwalts gegangen war, soll dieser Reims in einem Schriftsatz despektierlich als „betagten Kollegen" bezeichnet haben, der wohl etwas falsch verstanden habe. Der Prozess wird fortgesetzt. Gegen die mutmaßlichen Schützen wird nicht verhandelt. Sie waren nach der Tat in die Türkei geflohen.