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Verwirrung um Corona-RegelnFreie Künstler bangen in Köln um ihre Existenz

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Kölner Künstler setzen sich für weniger strenge Corona-Auflagen im Kulturbereich ein.

Köln – Die aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen bringen die freie Kulturszene zum Absturz und müssen entschärft werden. Davon ist die Initiative von Kölner Kulturschaffenden, die für Dienstag ins Bürgerzentrum Ehrenfeld eingeladen hatte, um öffentlich die Dramatik der Lage klarzumachen, überzeugt.

Unterstützt wird sie von zahlreichen Künstlern wie etwa Jürgen Becker und Wilfried Schmickler sowie Kulturstätten und -gruppen. Kritisiert wurde unter anderem die Regelung, wonach nur 20 Prozent der normalen Kapazität von Veranstaltungsorten mit Besuchern besetzt werden dürfen, wenn in einer Kommune die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz von 50 – Köln liegt mit einem aktuellen Inzidenzwert von 97,8 deutlich über dieser kritischen Grenze – überschritten wird.

Verwirrung um 20-Prozent-Auslastungsregel

Wobei es neben Kritik auch deutlich Verwirrung gegeben zu haben scheint – nicht nur bei Veranstaltern, sondern auch bei der Stadt selbst. Die Regelung war Teil der Corona-Schutzverordnung des Landes NRW vom 14. Oktober. In der aktualisierten Fassung vom vorigen Samstag ist davon allerdings keine Rede mehr. Dennoch hieß es im Amtsblatt der Stadt noch bis Dienstag, dass „die zulässige Zuschauer- bzw. Teilnehmerzahl zusätzlich auf ein Fünftel der normalen Kapazität des Veranstaltungsortes“ beschränkt werden muss.

Alles zum Thema Angela Merkel

Wie kommt es zu dieser Abweichung von der Corona-Schutzverordnung? Und warum wurde besagte Regel nicht bereits am Wochenende außer Kraft gesetzt? Das wird auch nach einer Anfrage bei der Stadt nicht deutlich. Fest steht aber, dass die Regelung ab sofort nun auch in Köln nicht mehr gilt. Am Dienstag habe es ein klärendes Gespräch mit dem Ministerium gegeben, so eine Sprecherin der Stadt. Die dazugehörige Allgemeinverfügung werde ab Mittwoch in Kraft treten.

Höchstteilnehmerzahl von 100 bei Veranstaltungen

In dieser ist auch festgelegt, dass bei Überschreitung eines Inzidenzwerts von 50 für Veranstaltungen prinzipiell die Höchstteilnehmerzahl von 100 gilt. Wenn spätestens drei Tage zuvor ein Hygieneschutzkonzept vorgelegt wird, sind in Innenräumen bis zu 250 Besucher und in Außenbereichen bis zu 500 Besucher möglich.

Doch auch gegen andere Regeln wenden sich die Initiatoren. So trage die Auflage, zwischen Sitzplätzen einen Abstand von 1,50 Metern einzuhalten, mit dazu bei, die wirtschaftliche Existenz kleinerer Bühnen zu gefährden – und dies, obwohl es in Köln und anderen Städten bisher keinen Infektionsausbruch gegeben habe, der auf eine Veranstaltung in einem Theater, Kino oder einer anderen Spielstätte zurückzuführen sei.

Künstler fordern „verlässliche Zahlen“

Es gehe nicht an, „dass jeden Tag eine neue Verordnung“ auf den Tisch komme und kurz darauf „zu Klump gehauen“ werde, sagte Becker und verlangte von den Politikern „verlässliche Zahlen“, mit denen sich längerfristig planen lasse. Von der Stadt forderte er, kleinen Bühnen für deren Aufführungen kostenlos große Räume wie etwa das Tanzbrunnentheater zur Verfügung zu stellen.

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Schmickler ergänzte, die Stadt oder das Land müssten Geld für bedrohte Spielstätten bereitstellen, damit diese bis zum nächsten Frühjahr überleben könnten; so schnell wie möglich brauche es eine „konkrete Zusage“.

Prinzipiell befürwortete er die Infektionsschutzmaßnahmen; sie dienten dazu, einem Lockdown mit Ausgangssperre vorzubeugen: „Wenn die Leute nicht mehr vor die Türe können, kommen sie auch nicht ins Theater.“ Scharf kritisierte er, in den Medien sei fälschlich und zum Schaden der Kulturszene kolportiert worden, Angela Merkel habe pauschal dazu aufgerufen, die Leute sollten „zuhause bleiben“; dabei habe sich die Bundeskanzlerin auf das Verlassen das Wohnorts, das Reisen bezogen.

Hauptspielzeit für Theater beginnt

Keiner wisse genau, was aktuell gelte, sagte Kabarettist Torsten Schlosser, der das Atelier-Theater mit leitet. Verheerend seien die Verschärfungen gerade jetzt, weil die Hauptspielzeit einsetze, in der die Theater sonst das Geld verdienten, das sie brauchten um „den nächsten Sommer zu überbrücken“. Die 20-Prozent-Bestimmung und die 1,5-Meter-Abstandsregel zusammengenommen, käme das Atelier-Theater auf eine Platzbelegung von bloß zehn Prozent, sagte er.

Rund 70 Prozent der üblichen Einnahmen habe das Artheater in Ehrenfeld, das Club und Ort für Konzerte und Theatervorstellungen ist, bisher verloren, sagte dessen Co-Geschäftsführer Bernd Rehse. Er mache weiter, um den „Kultur-Raum“ aufrechtzuerhalten, Künstlern eine Auftrittsmöglichkeit zu bieten und nicht die Infrastruktur für einen Neustart zu zerstören.

Corona-Vorschriften werden in allen Spielstätten umgesetzt

Der Kultur-Raum sei auch ein „Schutz-Raum für unser soziales Zusammenleben“, betonte er, denn in allen Spielstätten würden die Corona-Vorschriften genau umgesetzt, Infektionsketten seien rückverfolgbar, und das Publikum verhalte sich diszipliniert. Ohne Theater und andere Spielstätten würden sich Menschen „in ihre privaten Räume zurückziehen“, damit gehe die „Kontrollmöglichkeit“ verloren.

Auch Kabarettist Martin Zingsheim hob die Bedeutung der Kulturszene für das Leben einer Gesellschaft hervor. Den Künstlern drohe in diesen Zeiten neben dem Ruin der wirtschaftlichen Existenz eine „kreative Depression“: „Man schreibt gefühlt für die Mülltonne.“ Kultur sei ein „Lebensmittel“, hatte Journalistin Lydia Schneider-Benjamin zu Beginn ihrer Moderation gesagt; zum Schluss gab sie der Hoffnung Ausdruck, „dass der Wahnsinn bald ein Ende hat“.