Der ehemalige Kölner CDU-Bezirkspolitiker Hans-Josef Bähner sollte seine Haftstrafe im offenen Vollzug verbüßen. In der JVA erlebte der 75-Jährige jedoch eine Überraschung.
Schussabgabe in Köln-PorzVerwirrung um Haftantritt von Ex-Politiker Bähner – Anwalt legt Beschwerde ein
Es herrscht Verwirrung um den Haftantritt des ehemaligen Kölner CDU-Politikers Hans-Josef Bähner. Das Landgericht hatte den 75-Jährigen im Januar 2022 wegen einer Schussabgabe auf einen jungen Mann und rassistischer Beleidigungen in Porz zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung im Dezember vergangenen Jahres, nachdem der Beschuldigte Revision eingelegt hatte. Die Strafe sollte Bähner im offenen Vollzug der JVA Remscheid verbüßen. Doch daraus wurde erstmal nichts.
Verteidiger legt Beschwerde beim Landgericht ein
Wie Bähners Verteidiger Mutlu Günal auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt, wurden Bähner die Annehmlichkeiten des offenen Vollzugs verwehrt. „Mein Mandant wurde weggesperrt und das ist ein Skandal“, sagt Günal. Verurteilte, die sich auf freiem Fuß befinden, kommen laut Vollstreckungsplan NRW immer in den „lockeren“ Vollzug. Mit Ausnahme von Sexualstraftätern.
Anwalt Günal hat Beschwerde beim zuständigen Landgericht Wuppertal eingelegt, das Verfahren läuft noch. Günal sieht einen unrechtmäßigen und „willkürlichen Verstoß gegen den Strafvollstreckungsplan NRW“. Die JVA Remscheid verfügt über einen offenen und einen geschlossenen Bereich. Zum Fall Bähner wollte sich der Anstaltsleiter Andreas Schüller auf Anfrage nicht äußern.
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Gefangene durchlaufen ein „qualifiziertes Zugangsverfahren“
Auch die Landesjustizvollzugsdirektion gibt „mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen“ keine Auskunft zum Fall Bähner. „Mit neu aufgenommenen Gefangenen wird möglichst am Tag der Aufnahme ein Zugangsgespräch geführt, in dem sie über ihre Rechte und Pflichten unterrichtet werden und ihre aktuelle Lebenssituation erörtert wird“, sagt Sprecher Maurits Steinebach.
Zudem werde unmittelbar nach Strafantritt im Rahmen des sogenannten „qualifizierten Zugangsverfahrens“ geprüft, ob bei den betreffenden Gefangenen tatsächlich eine Unterbringung im offenen Vollzug verantwortet werden kann. Steinebach: „Wird dies verneint, erfolgt unverzüglich die Verlegung in die nach dem Vollstreckungsplan zuständige Anstalt des geschlossenen Vollzuges.“
Für offenen Vollzug müssen mehrere Kriterien erfüllt sein
Für den offenen Vollzug müssten Gefangene diese Kriterien erfüllen: „Korrekte Führung unter geringerer Aufsicht als im geschlossenen Vollzug, Bereitschaft zur uneingeschränkten und loyalen Mitarbeit, Aufgeschlossenheit gegenüber den Resozialisierungsbemühungen und Bereitschaft und Fähigkeit zur freiwilligen Einordnung in die Gemeinschaft.“ Bei Bähner scheint es hier zu haken.
Während der Prüfung würden Gefangene im sogenannten „gesicherten Zugangsbereich“ der Anstalt des offenen Vollzuges untergebracht – was im jetzigen Fall auch für Bähner gelten könnte. „Mein Mandant erfüllt alle Kriterien des offenen Vollzuges“, sagt Anwalt Günal und kritisiert die JVA. In seiner langjährigen Tätigkeit als Strafverteidiger habe er ein solches Vorgehen noch nicht erlebt.
Im offenen Vollzug können sich Gefangene relativ frei auf dem Anstaltsgelände bewegen. Es gibt keine Umwehrungsmauern, Fenstergitter oder besonders gesicherte Türen. Eine ständige und unmittelbare Beaufsichtigung durch JVA-Bedienstete entfällt. Verlassen dürfen die Gefangenen das Gelände aber nur mit Sondergenehmigung, etwa zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit.
Verteidiger hatte im Verfahren Freispruch gefordert
Bähner fühlte sich bereits im gesamten Strafverfahren ungerecht behandelt. Der Ex-Politiker hatte sich im Dezember 2019 über eine Gruppe feiernder Männer echauffiert, die vor seinem Grundstück getrunken und Musik gehört hatten. Bähner hatte an seiner Gartenmauer mit einer nicht registrierten Pistole gefuchtelt. Dann fiel ein Schuss, ein 20-Jähriger wurde verletzt.
Der junge Mann hätte Bähner körperlich angegriffen, dabei habe sich der Schuss gelöst, hatte Verteidiger Günal beim Prozess argumentiert und Freispruch wegen Notwehr gefordert. Rassistische Beleidigungen seien nicht gefallen. „Viele Menschen werden sich bei Herrn Bähner noch entschuldigen müssen“, sagte Günal. Landgericht und Bundesgerichtshof sahen es genau andersherum.